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SWR4 Abendgedanken

Ohne meine Krankheit würde ich heute nicht so bewusst leben, hat mir eine Frau erzählt. Ich bin viel achtsamer geworden für die kleinen Dinge und dankbar für jeden neuen Tag.

Es berührt mich, wenn ich einen Menschen sagen höre: meine Krankheit hat mir viel abverlangt, aber sie hat mir auch viel gebracht. Das zeigt mir: Es gibt für manche auch eine helle Seite der Krankheit. Nicht nur die Schattenseite. Es kann sein, dass Menschen in den Tagen der Krankheit Erfahrungen machen, mit sich, mit anderen und mit Gott, von denen sie vorher keine Ahnung hatten. Die Krankheit wird ein Schlüssel zu einem Raum, der bisher verschlossen war.

Die Frau hat mir geschrieben:
Unser Leben ist anders, seit wir wissen, dass mein Mann Krebs hat. Jeder Tag ist ein Geschenk. Miteinander aufwachen. Gemeinsam Frühstücken. Wenn das Wetter es zulässt, machen wir einen kurzen Gang nach draußen.

Viel Kraft ist nicht mehr da. Wir gehen von Bank zu Bank. Die Abstände von der einen zur anderen kommen uns von Mal zu Mal länger vor. Wir fragen uns, wer denn diese schweren Holzbänke bewegt – und lachen. Natürlich wissen wir, dass nicht die Abstände größer werden, sondern die Kraft kleiner.
Fast jeden Tag gibt es noch einen freudigen Augenblick.

Wenn ich die Tasche  aus Meran trage, fragt mein Mann: Weißt du noch, wie wir die miteinander ausgesucht haben und ich meine letzten Lire zusammengekratzt habe für dieses  schöne Stück? Dann lachen wir. Ja, wir lachen.

Am schwersten sind die Tage, wenn er sich selbst aufgibt und keinen Mut hat. Dann kann er sagen: Das hat doch keinen Sinn, das lohnt nicht mehr. In solchen Augenblicken kommt auch meine Zuversicht ins Wanken.

Wie es weitergeht? hat die Frau geschrieben. Wir wissen es nicht. Aber dankbar nehmen wir jeden Tag, wie er uns geschenkt wird. Und manchmal staunen wir, wie gut es geht – trotz der Krankheit.

Ich weiß: so kann nicht jeder sagen. Die Briefschreiberin kann bestimmt auch nicht an jedem Tag so dankbar sein. Jeder Tag ist wieder anders, aber Gott geht mit – an allen Tagen. Es hilft, wenn ich darauf vertrauen kann.

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SWR4 Abendgedanken

Wenn genießen dann fair, sagt eine Frau. Sie beißt in die Schokolade und lacht. Ich kann ihr ansehen, dass sie es herrlich findet, wie das schmilzt und schmeckt. Nicht an Kalorien denken und kein schlechtes Gewissen haben, einfach reinbeißen und genießen.

Fair und genießen. Diese Kombination finde ich gut. So geht mein Genuss nicht auf Kosten der Menschen im Süden. Sie bauen Kaffee und  Kakao an. Die Ernte ist  Schwerstarbeit. Beim Orangenpflücken schleppen oft Kinder die schweren Säcke.  

Es nützt den Menschen im Süden aber wenig, wenn wir wegen dieser Ungerechtigkeiten ein schlechtes Gewissen bekommen und dann keine Schokolade oder keinen Orangensaft mehr kaufen. Den Kleinbauern im Süden ist damit nicht geholfen. Es bringt ihnen viel mehr, wenn wir uns beim Einkaufen für Waren aus gerechtem Handel entscheiden. In den Weltläden und bei manchen großen  Lebensmittelmärkten kann man Produkte aus fairem Handel bekommen: Kaffee, Reis und Kakao, Schokolade und Mangosaft – sogar Gummibärchen.

Der faire Handel achtet auf menschliche Arbeitsbedingungen und bezahlt gerechte Löhne. Deshalb ist gerechter Kaffee und faire Schokolade auch etwas teurer. Oft schließen sich die Kleinbauern im Süden zu kleinen Genossenschaften zusammen.  Sie bauen gemeinsam eine Schule oder richten eine Krankenstation ein. Andere schaffen sich zusammen einen Traktor an. So kommt der Erlös allen zugute. 

Beim fairen Handel kommt es nicht darauf an, Gewinn zu erzielen und diesen dann aus Mitleid zu spenden. Es geht darum, die Menschen für ihre harte Arbeit fair und gerecht zu bezahlen und sie so als Menschen mit Würde zu behandeln. Eine Frau vom Weltladen sagt: Es ist wichtig, dass wir die Menschen im Süden als unsere Mitmenschen sehen und ihnen als Partner auf Augenhöhe begegnen.

Das passt ganz gut zu dem, was Jesus die Liebe zum Nächsten nennt. Diese Nächsten leben 6000 km entfernt. Sie haben wie wir ein Recht zu essen, zu trinken und zu wohnen. Sie wollen ihre Kinder in die Schule schicken, und wenn sie Zahnschmerzen haben zum Zahnarzt gehen. Wer Waren aus gerechtem Handel kauft, unterstützt das. Immer mehr Familien und Kantinen, Büros und Kirchengemeinden machen mit. Denn: Wenn genießen, dann fair.

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SWR4 Abendgedanken

Die Ohren kann man nicht verschließen. Die Augen kann man zumachen oder den Mund. Ohren sind immer offen.
Aber ich kann meine Ohren trainieren, dass sie achtsam werden. Dann nehme ich nicht nur die lauten Geräusche und die aufdringlichen Töne wahr. Dabei kann ich die Erfahrung machen: Gerade die leisen Töne tun einem gut.
Vor ein paar Tagen habe ich erlebt, wie das ist:

Ich war Laufen. Der Weg führte durch den Wald. Alles war wunderbar grün. Auf dem Waldboden haben kleine gelbe und weiße Blumen geblüht. Die Vögel haben gesungen. Es war ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Aber auch an einem solchen Tag durchdringt der Lärm der Autobahn den Wald.  

Und dann auf einmal hatte ich das Gefühl, als würde einer am Knopf drehen und die Vogelstimmen aufdrehen. So laut, so lebendig. Fast aufgeregt haben sie gesungen und gezwitschert. Für einen Augenblick hatte ich den Eindruck, als ob einer die Autobahn leise und die Vogelstimmen laut gestellt hätte.

Ich konnte nicht anders als anhalten und lauschen. Einfach dastehen und mir dieses Konzert gefallen lassen. Die Autobahn war vergessen. Nur die Vögel waren da.

Nach zwei Minuten war alles vorbei. Da hat sich wieder die gewohnte Mischung eingestellt, die ich von diesem Waldweg kenne. Der Lärm der Autobahn und auf diesem Hintergrund die Vögel. Da habe ich mich gefragt: Was höre ich? Wofür habe ich Augen und Ohren?

Die Autobahn war ja nicht für einen Augenblick gesperrt und die Laster sind auch nicht ohne Motor gerollt. Aber die Vogelstimmen waren eben auch da. Für einen Moment war ich ganz Ohr für sie. Ihr Singen hat den Lärm der Straße und den Lärm der Sorgen und inneren Debatten übertönt. Die Vogelstimmen waren für mich in diesem Augenblick im Vordergrund.

In diesem Augenblick habe ich mich gefühlt, als ob mir jemand ein tröstliches Lied singt, das sagt: Noch gibt es Vögel, der Wald ist grün und das Moos auf den Stämmen leuchtet wie grünes Glas. Da habe ich mich gefreut, ein Teil dieser Schöpfung zu sein. Und ich habe gespürt: Es ist wichtig, auch auf die leisen Töne zu hören. Auf die besonders.

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SWR4 Abendgedanken

Herrschen oder dienen? Wie soll ich mich anderen gegenüber verhalten?  Bei Jesus gibt es da keinen Zweifel.

Er hat sich eindeutig fürs Dienen ausgesprochen. Zu seinen Freunden hat er gesagt: Wer ganz oben stehen will, der soll den anderen dienen, und wer der erste sein will, der oder die soll sich um die anderen kümmern. ( Mk 10,43+44)

Wie könnte das aussehen? Im Betrieb, in der Schule, im Krankenhaus und in der Familie? Kaum auszudenken, was passieren würde, wenn Menschen auch nur einen Tag lang mit diesem neuen Stil arbeiten. Wenn alle, die in leitender Position sind, nicht zuerst über die anderen bestimmen und für sie entscheiden, sondern zuerst den anderen dienen wollten. 

Wenn sie sich Zeit nehmen und zuhören,  was einer alleinerziehenden Mutter Sorgen macht.
Wenn sie ihren Patientinnen und den Angehörigen auf Augenhöhe begegnen und die Therapie so erklären, dass diese es verstehen können.
Wenn sie bei Entscheidungen zuerst die Folgen für die anderen im Blick haben und nicht die Verordnungen und Bestimmungen.

Jesu selbst hat von sich gesagt, dass der Sinn seines Lebens darin liegt, anderen zu dienen. So hat er gelebt. Er hat die Leute nicht weggeschickt, sondern dafür gesorgt, dass sie zu essen bekamen.  Er ist zu denen gegangen, die keiner mochte. Zuletzt ist er für seine Sache gestorben und hat nicht seine eigene Haut gerettet.

Dienen liegt heute nicht im Trend. Dienen kommt in der Schule nicht vor und Eltern bringen es ihren Kindern nicht bei. Dabei braucht unsere Gesellschaft genau dies, finde ich: Menschen, die sich anderen zuwenden und für andere da sind. Menschen, die nicht ihr Ansehen und ihren Vorteil an die erste Stelle setzen. Natürlich weiß ich, dass das Wort dienen oft  missbraucht wurde. Zu allen Zeiten haben Menschen ihre Macht vergrößert, indem sie andere für sich arbeiten ließen, die keine andere Wahl hatten. Oft waren es Frauen, die dienen mussten und andere bedienen. 

Ich bin froh über jeden und jede, die dafür sorgen, dass andere mit ihrem Leben zurechtkommen. Sie folgen einem Weg, den Jesus gegangen ist. Dieser Weg, so heißt es, wird die Welt verändern. 

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SWR4 Abendgedanken

Hat bei Ihnen schon einmal ein Engel übernachtet?
Ich glaube, das ist nicht ausgeschlossen. Denn Gottes Engel brauchen keine Flügel. Es können Menschen sein, wie Sie und ich.
Ich finde, auch Gäste können solche Engel sein. Die Bibel erzählt, wie Abraham und Sarah das erlebt haben.

Zu denen kamen drei Männer, und erst später ahnten die Gastgeber, dass es Boten Gottes waren, die sie aufgenommen hatten.
Gastfreundschaft ist ein Mosaikstein der menschlichen Kultur. Die Bibel, das Religionsbuch der Christen, empfiehlt: Vergesst die Gastfreundschaft nicht, denn auf diese Weise haben schon manche Engel als Gäste aufgenommen. (Heb 13,2)

Wer Gäste einlädt, in sein Haus, an seinen Tisch, der teilt was er hat und wie er lebt. Er schenkt Zeit und bekommt Zeit geschenkt. Ideen und Erfahrungen werden  ausgetauscht und bereichern den Alltag.

Natürlich überzieht sich ein Bett nicht von selbst. Und kochen und vor allem abspülen – na ja. Aber ich finde, ein anregender Besuch ist diese Mühe wert. Gäste bringen etwas Neues, etwas Belebendes in meine vier Wände.

Nun werden manche vielleicht einwenden, dass sie nicht kochen können oder dass sie kein Gästezimmer haben. Eine Freundin hat das auch gedacht. Aber dann kam es ganz anders.

Als sie vom Land in die Stadt gezogen ist, konnte sie sich keine 3-Zimmer-Wohnung mehr leisten. 2 Zimmer, Küche, Bad mussten genügen. Das Gästezimmer fiel der Veränderung zum Opfer.

Sie war nicht glücklich darüber und sagte: ohne Gästezimmer fehlt etwas in meinem Leben. Ich möchte gern zum Bleiben einladen können. Wenn es zu spät geworden ist zum Zurückfahren oder wenn meine Schulfreundin in meine Gegend kommt.

Und dann hatte sie eine Idee. Am Samstag darauf sind wir losgezogen und haben ein Gästebett gekauft, eines das man zusammenklappen kann und das nicht viel Platz braucht. Dazu einen kleinen Beistelltisch, der als Nachttisch dienen kann.

Wie schön, hat meine Freundin gesagt, dass ich wieder sagen kann: Du kannst gerne bleiben. Oder meine Schwester einladen: Wenn du Zeit hast, komm doch für ein Wochenende zu mir. Es ist ein gutes Gefühl, Platz zu haben für einen Gast. Es könnte ja ein Engel sein.

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SWR4 Abendgedanken

Stille ist ein Schatz. Und Schätze muss man hüten.
Es gibt viele Traditionen, die den Wert und die Kostbarkeit der Stille für uns Menschen rühmen. Sie loben die Stille als Ort der Kraft und als Raum, um Gott zu begegnen. Auch das Christentum und sein Religionsbuch, die Bibel, sind eine Quelle für diese Weisheit.

Von Jesus wird erzählt, dass er sich immer wieder an einsame Orte zurückgezogen hat. Er wollte in der Stille Kraft schöpfen (Mk 6). Auch er brauchte Zeiten der Ruhe. Nach so viel Reden, Trösten und Fragen beantworten hat er sich zurückgezogen an einen stillen Ort. Dort hat er geschwiegen und gebetet. In der Stille konnte er mit Gott, den er zärtlich Papa nannte, in Kontakt kommen. Er konnte mit ihm reden, zu ihm beten oder einfach nur da sein und neu  spüren: was auch kommen mag, Gott, mein Vater, ist bei mir.

Nun werden manche sagen: damals zur Zeit Jesu, da war alles anders. Kein Flugzeug, keine Bagger auf der Baustelle, keine Bohrmaschine im Werkzeugkasten des Nachbarn.
Das stimmt. Es ist nicht einfach, heute Stille zu finden.
Morgens schon macht der Mixer für das smoothy ein lautes Geräusch.Beim Einkaufen läuft Musik wie eine Dauerberieselung. Von morgens bis abends sind wir eingetaucht in einen Ozean von Lärm. Manches Mal kommt es mir vor, als gäbe es eine Scheu, mit sich selbst alleine zu sein ganz ohne Geräusche.

Aber ich merke immer wieder: Der Rückzug in die Stille ist wichtig. Endlich kann ich über den Tag nachdenken, eine Entscheidung vorbereiten, für eine Freundin beten, mit Gott in Kontakt kommen – all das braucht Stille.

Auch wenn Stille nicht so einfach da ist, kann ich doch etwas dafür tun. Ich kann mir ein paar Minuten nehmen an einem ruhigen Ort. Jeden Tag. Das muss ja nicht lange sein. Einfach mal den Einschaltknopf nicht sofort drücken, wenn ich ins Zimmer komme. Einen Augenblick verweilen und auf das Ticken der Uhr hören. Die erinnert mich, dass alles seine Zeit hat – auch die Stille.

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SWR4 Abendgedanken

Auf die Einstellung kommt es an. Das gilt auch für das Thema Flüchtlinge.
Manche sehen in diesen Menschen zuerst eine Last. Andere haben Angst vor ihnen.  

Wie wäre es, wenn wir die fremden Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, zuerst einmal als Menschen wahrnehmen? Menschen, die wie wir das Bedürfnis haben, an einem sicheren Ort zu leben. Mütter und Väter, die wie wir ihre Kinder lieben und sie vor dem Krieg retten wollen.

Wie aber kommen wir zu einer Einstellung, die mitfühlt und zuerst das wahrnimmt, was verbindet anstatt was trennt? Das macht die Begegnung.
Eine Frau hat das erlebt und mir erzählt wie das war. Irgendwie hat die Bitte sie erreicht, bei einer der syrischen Familien vorbeizuschauen. Was würde sie erwarten? Werden sie sich verständigen können?

Dann steht sie vor der Tür. Sie klingelt. Ein Mädchen öffnet. Gleich danach erscheint die Mutter in der Tür. Sie kennen die Besucherin nicht, aber sie wird herein gebeten. Die Wohnung ist geräumig, die Einrichtung praktisch. Viele kleine Blumentöpfe fallen auf, lauter Alpenveilchen. Ob die jemand besorgt hat als Willkommensgruß? 

Dann sitzen sie zusammen und versuchen mit wenigen Worten auf Englisch eine Brücke zu bauen. Die Jugendlichen gehen in die Schule, der Kleinste in den Kindergarten.  Maria, die zwölfjährige Tochter, zeigt ihr Heft. Die Frau fragt, ob sie diese Schrift schon in ihrer Heimat  geschrieben hat. Nein, sagt sie, zuhause hat sie nur arabische Buchstaben gelernt. Die Frau staunt, wie leserlich das Mädchen nach vier Wochen die Vokabeln notiert hat.

Maria bringt Kaffee aus der Küche. Sie bietet ihn an. Dabei ersetzt ihr Lächeln die Frage: Möchten Sie einen Kaffee trinken? Ja, sie möchte. Kekse? Nein danke. Lange Pausen entstehen in ihrem wortarmen Gespräch, aber sie findet es kein bisschen peinlich. Sie lachen miteinander. Als die Frau geht, begleiten alle sie zur Tür. Ja, sie kommt wieder. Fast hätte sie vergessen, dass sie das erste Mal hier gewesen ist. Sie haben sich nicht gekannt, aber sie sind einander begegnet. Einfach von Mensch zu Mensch.

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SWR4 Abendgedanken

In jedem Leben wächst etwas. Aber manches verkümmert auch. Jesus hat davon in  einer Geschichte erzählt:

Ein Bauer ging aufs Feld um zu säen. Er hat den Samen  ausgestreut und die Samenkörner fielen überall hin. Ein Teil des Samens ist auf den Weg gefallen und wurde dort schnell aufgepickt von den Vögeln.
Manches fiel auf felsigen Boden, da hat es die Sonne austrocknet.  
Auch am Rand fiel einiges hin, dort wo die Dornen wuchsen. Sie erstickten die aufgehende Frucht.
Und wo die Saat jedoch auf guten Boden fällt, da geht sie auf und bringt Frucht.

Jesus hat diese Geschichte so erzählt, dass seine Zuhörer gemerkt haben: Das ist nicht nur eine Bauernweisheit. Das ist eine Geschichte von  meinem Leben. Das geht mich etwas an.

Ich horche in die Geschichte hinein und ich erkenne: da ist guter Same ausgestreut worden. Menschen haben mich geliebt und für mich gesorgt. Menschen haben für mich gebetet. Menschen haben mir ihr Vertrauen geschenkt. Gott sei Dank.
Aber es gibt auch Dornen auf dem Acker meines Lebens, die ersticken den neuen Anfang. Und Stellen wie ein hart getrampelter Weg. Da fressen meine Bedenken und mein Zögern alles weg, was geschehen könnte. Auch felsige Stellen gibt es. Da vertrocknet alles und nichts kann sich entfalten und aufblühen.

Wo die Saat auf guten Boden fällt, da kann vielfältige Frucht wachsen. Die zeigt sich in einem  weiten Herzen für die anderen und im Vertrauen, das Menschen zu mir haben. Sie erzählen mir und geben mir Anteil, an dem was in ihrem Leben gelungen ist und an dem was sie als Last empfinden. Die Frucht kann auch der Einsatz sein für ein menschliches Miteinander. Zum Beispiel der Sonntagstreff in Karlsruhe. Da laden Bürgerinnen und Bürger bedürftige Männer und Frauen im Gemeindehaus zum Mittagessen ein. Sie kochen und backen, sie bedienen und spülen. Und sie reden mit ihren Gästen. Diese genießen das Essen und die Zuwendung.

So erlebe ich: gute Saat auf gutem Boden bringt Gutes hervor. Ich muss es selbst nicht machen. Ein anderer sät es in den Lebensacker. Es bringt Frucht und macht satt. Ich stelle mir vor, der Sämann freut sich.

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SWR4 Abendgedanken

‚Das lassen wir hier,‘ sagt die Oma zu ihrem Enkelkind, das unbedingt die Schaufel aus dem Sandkasten mit nach Hause nehmen will. Die gehört aber einem anderen Kind. Es braucht ein wenig Zureden und dann gehen die beiden ohne die Schaufel nach Hause.
Das lassen wir hier. Als ich diesen Satz gehört habe, ist mir ein anderer Gedanke gekommen.
Das lassen wir hier. Das könnte noch in einem anderen Sinn ein guter Satz für mich werden. Eine Art Zureden zu mir selbst, im Sinne von: Nimm das nicht mit nach Hause. Sammle nicht alles ein, um es mit zu tragen in die nächsten Tage oder Wochen. Damit machst du es dir nur unnötig schwer.

Ich habe mir angewöhnt, die Dinge möglichst an ihrem Ort zu lassen. Das heißt, an Ort und Stelle darüber zu sprechen und die Sache zu regeln, solange die Möglichkeit dazu besteht. Daran erinnert mich auch ein Satz aus der Bibel, der sagt, dass wir das, was uns ärgert oder kränkt, nicht mit in den nächsten Tag nehmen sollen. Noch bevor die Sonne untergeht sollen wir die Angelegenheit in Ordnung bringen. Sie also dort lassen, wo sie hingehört.

So ist es besser, nach einem Vortrag gleich nachzufragen, wenn ich etwas nicht verstanden habe – anstatt mich daheim zu ärgern, dass ich meine Fragen nicht an Ort und Stelle geklärt habe.
Wenn ich bei meiner Schwester zu Besuch bin, frage ich sie manches Mal beim Abschied, ob nach unseren langen Debatten alles in Ordnung ist zwischen uns. Dann muss ich hinterher nicht zum Telefonhörer greifen und fragen, ob ich meine Meinung nicht zu deutlich gesagt und sie dabei verletzt habe.

Das lass ich hier. Ich versuche, die Dinge nicht aufzuschieben und sie nicht mitzunehmen. Sonst gehen meine Gedanken immer wieder zurück zu dem, was gewesen ist. Das schluckt richtig viel Energie, und die brauche ich für den Alltag und für meine Arbeit. Daher ist es mir wichtig, Missverständnisse und Fragen so zeitnah wie möglich in Ordnung zu bringen. So kann ich die Dinge dort lassen, an dem Tag und dem Ort, wo sie hingehören. Die Schaufel in den Sandkasten und die Klärung ans Ende eines Gesprächs.

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SWR4 Abendgedanken

Größer ist nicht immer besser und immer mehr ist oft zu viel. Da hat sich ein Mann aufgeregt und gesagt: Alle rennen hin, wenn ein neues, noch größeres Geschäft eröffnet wird. Viele denken, das sei besser als das vorige, nur weil es größer ist oder weil neu draufsteht. Ich habe das auch schon beobachtet und ich glaube: Dieser Trend ist der Tod für die kleinen Geschäfte, für die kleinen Freibäder, für die kleinen Cafés. Warum finden wir etwas dann schön, wenn es tausend andere Menschen auch schön finden, warum kaufen wir dort, wo alle kaufen und fahren sonntags dorthin, wo alle wandern gehen?

Ich weiß es nicht. Für mich kommt es darauf an, dass ich selbst herausfinde, was zu mir passt und was gut ist für mich und meine Familie. Ich stelle mir schon die Frage, wie viel Zeit und Energie ich für eine Sache einsetzen will. Dabei mache ich die Erfahrung, dass ich in kleineren Geschäften eine Menge Zeit spare. Ich muss nicht einen unhandlichen Einkaufswagen durch eine riesige Turnhalle mit Lebensmitteln schieben. Ich kann zügig auswählen, was ich brauche, und bald stehe ich an der Kasse und bin wieder draußen. Häufig ist die kleinere Variante für mich die bessere Lösung.

‚Prüft alles und das Gute behaltet,‘ so heißt es in der Bibel im Brief an die Gemeinde in Thessaloniki. Ich finde, das gilt auch für solche alltäglichen Fragen. Es geht darum, auch in ganz praktischen Dingen des Alltags von der christlichen Freiheit Gebrauch zu machen. Die lehrt mich, zu fragen, ob der angepriesene Vorteil für mich wirklich einer ist.

Prüft alles! Es geht nicht darum, Neues pauschal abzulehnen. Aber es geht darum, sich für das Gute zu entscheiden. Der biblische Vers rüttelt wach. Er macht Mut, nicht einfach das zu tun, was alle tun. Er traut mir ein eigenes Urteil zu und auch die Entschlossenheit in die Tat umzusetzen, was ich für mich als richtig erkannt habe. Diesen Freiraum der persönlichen Entscheidung will ich nicht ungenutzt lassen. Auf diese Weise kann jeder und jede mitbestimmen, wohin sich unsere Gesellschaft entwickelt.

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