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SWR4 Abendgedanken

Warum sind die alten Advents- und Weihnachtslieder so populär? Sie werden jedes Jahr aufs Neue gespielt und gesungen. Ich meine, das  liegt an ihrer ganz besonderen Wirkung. Wenn ich sie höre, wird es mir wärmer ums Herz. Und dass geht sicher vielen Menschen so, denn diese Lieder erinnern mich an schöne Tage in der Kindheit. Sie sind vielen vertraut. Immer noch können viele die Melodien zumindest mitsingen, auch wenn sie sonst das ganze Jahr über nicht mehr zum Singen kommen. Und auch die Texte sind oft nach vielen Jahren noch präsent.

Einem jungen Fischer, der vor der Küste Alaskas schiffbrüchig geworden war, haben Weihnachtslieder vielleicht das Leben gerettet! 24 Stunden lang ist er auf einem Plastikbehälter getrieben, bis er gerettet worden ist. Das war eine Sensation! Auf die Frage, wie er es geschafft habe, so lange bei Bewusstsein zu bleiben und sich vor tödlicher Unterkühlung zu schützen, hat er geantwortet, dass er mit sich selbst geredet hat und - Weihnachtslieder gesungen hat, immer wieder! Damit hätte er sich motiviert nicht aufzugeben.

Die Texte der Advents- und Weihnachtslieder machen Hoffnung auf ein schöneres Leben. Viele dieser Lieder sind zu einer Zeit entstanden, in der es den Menschen nicht gut ging. Im 30jährigen Krieg beispielsweise. Da gab es klirrend kalte Winter und viele Menschen  mussten frieren und hungern.
Deshalb flehen die Texte der Adventslieder förmlich nach Gott, er soll ihnen helfen in ihrem Elend.  „Oh Heiland reiß die Himmel auf“, heißt es beispielsweise. Ihr Glaube, ließ die Menschen hoffen, dass Gott sie nicht vergessen wird, ihnen helfen wird. So heißt es im Lied  „Stille Nacht“ am Schluss „Christ der Retter ist da“.
Bis heute sind die Lieder aktuell. Für Menschen, die Not leiden, an Leib und Seele. In den vielen armen Ländern unserer Welt, in Ländern in denen Kriege die Menschen in Angst und Schrecken versetzen.

Die Texte der alten Lieder entsprechen zwar nicht unserem heutigen Sprachgebrauch, aber es gibt viele Menschen, denen die flehenden und hoffnungsvollen Lieder aus dem Herzen sprechen. Auch hier bei uns. An all diese Menschen werde ich denken, wenn ich in diesen Tagen Advents- und Weihnachtslieder höre. Und meine Gedanken sind dabei besonders auch bei den Familien, die durch die furchtbaren Terroranschläge in Paris ihre liebsten Menschen verloren haben. Die verzweifelt klagen und überhaupt nicht daran denken können, Weihnachten zu feiern.
Vor über 2000 Jahren ist Gott Mensch geworden um den Menschen Frieden auf Erden zu bringen. Warum tun Menschen einander so viel Leid an?
Gegen diese  Unmenschlichkeit müssen wir alle fest zusammenstehen. Wir dürfen die Hoffnung daran nicht verlieren, dass unsere Welt friedlicher werden kann!

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SWR4 Abendgedanken

Ohne Erinnerungen kann kein Mensch leben. Erinnerungen brauchen wir wie Nahrung, Liebe und Schlaf. Das klingt vielleicht etwas hoch gestochen, aber Erinnerungen helfen uns, das Leben hier und heute zu bewältigen. Je älter ich werde, desto öfter erinnere ich mich zurück an das, was ich früher erlebt habe und an Menschen, die ich scheinbar vergessen habe.
Diese Erinnerungen gehören nur mir, sie spiegeln mein Leben wider.

Aus heutiger Sicht sehe ich einiges in anderem Licht. Das hilft mir, mich zu versöhnen mit Zeiten, die nicht so gut für mich gelaufen sind. Oder mit einem Menschen, der mir das Leben (manchmal) schwer gemacht hat.
Eindrucksvoll beschreibt das der Schriftsteller Botho Strauss in seinem Buch „Herkunft“: Während er die elterliche Wohnung auflöst, erinnert er sich an seine Kindheit und damit an seine Eltern. Mich hat berührt, wie viel Verständnis er bei seinen Gedanken für seinen verstorbenen Vater aufbringt, zu dem er zeitlebens ein eher schwieriges Verhältnis gehabt hat. Er sieht seinen Vater jetzt mit ganz anderen Augen, eben mit seiner eigenen Lebenserfahrung. Und er hat jetzt für so manches Verständnis, das ihn als Heranwachsender an seinem Vater gestört hat. Versöhnlich und liebevoll kann er nun auf ihre gemeinsame Lebenszeit zurückblicken. ..

Meistens tut es gut, sich so intensiv erinnern zu können. An das Verhältnis zu meinen Eltern, an die Menschen, die mich im Laufe des Lebens beeinflusst haben. Über vieles nachzudenken, es zu verarbeiten oder Frieden zu schließen.
Es gibt aber auch Menschen, die haben an ihren Erinnerungen ganz schön zu kauen. Manches belastet sie.

Psychologen haben herausgefunden, dass uns unsere Erinnerungen bewusst oder unbewusst dabei beeinflussen, was wir heute tun. Und sie raten uns, uns viel mehr mit den schönen Dingen, die wir erlebt haben, zu beschäftigen.
Wenn wir beim Besuch unserer fast 90 jährigen Tante auf früher zu sprechen kommen, ihr Fragen stellen, dann setzt sie sich kerzengerade auf und ihre Augen strahlen, wenn sie erzählt. Dann vergisst sie zu klagen. Diese Momente genießt sie offensichtlich sehr. Auch wenn sie sagt, was nützen die Erinnerungen, das Aktuelle muss bewältigt werden. Ja, schon, habe ich neulich zu ihr gesagt, aber trösten sie dich nicht und bauen sie dich nicht immer wieder auf? Das hat sie zugegeben.
Für Christen steht die Erinnerung an Jesus Christus im Mittelpunkt ihres Glaubens. Seit mehr als 2000 Jahren wird sie überliefert. Und die Erinnerung daran, dass Jesus gesagt hat, dass er bei den Menschen sein wird und mit ihnen ist, wie immer ihr Leben verlaufen wird. Das lässt viele Menschen in aller Welt hoffen und gibt ihnen Zuversicht für das, was ihnen das Leben noch bringen mag.
Daran erinnere ich mich gern.

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SWR4 Abendgedanken

Die Adventszeit hat letzten Sonntag begonnen, die erste Kerze brennt am Adventskranz. So ist es Brauch. Und jetzt soll es an jedem folgenden Sonntag ein bisschen heller werden bis dann am Heiligen Abend ein glänzendes Fest gefeiert wird. Weihnachten – ein christliches Fest, das auch von Nichtchristen so gern gefeiert wird, weil es in der dunklen Jahreszeit ein so strahlender Höhepunkt ist. Weihnachten ist ein Fest der großen Gefühle, es spricht von der Freude und will die Familien näher zusammen führen.

Seit dem 12. Jahrhundert gibt es für Christen zuvor die vierwöchige Adventszeit, die Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Diese Zeit ist als ruhige, besinnliche Zeit gedacht. Advent heißt übersetzt Ankunft. Man bereitet sich auf die Ankunft des Gottessohnes bei den Menschen vor.  Es ist gut, sich dann mit Dingen zu  beschäftigen, die sonst das ganze Jahr über zu kurz kommen: sich in besinnlicher Runde zusammen setzen, mal zu einem Adventskonzert gehen. Menschen besuchen, denen man damit eine große Freude macht. Überhaupt geht es in dieser Zeit darum, Menschen zu helfen, denen es nicht gut geht. Sich vielleicht zu  engagieren bei der Vorbereitung des Krippenspiels. Oder in einem Chor oder Orchester..

Leider ist  heute in großen Teilen der Gesellschaft von der Adventszeit, wie sie eigentlich gedacht ist, nichts mehr zu spüren. Oft werden schon im November alle weihnachtlichen Register gezogen, besonders in den Großstädten. Märkte und Straßen erstrahlen in hellem Licht, das Jesuskind liegt bereits in der Krippe und Weihnachtslieder erklingen schon sechs Wochen vor dem Termin. Kein Wunder, nach so einer langen Vorweihnachtszeit, hat mancher an Weihnachten genug. Schade eigentlich! Für viele Menschen ist der Advent eine „ausgefallene Jahreszeit“. Vielen geht das Gespür verloren, dass Feste eine bestimmte Zeit haben und eine bestimmte Vorbereitungszeit brauchen.
Und diese Vorbereitungszeit ist eben etwas anderes, nur so kann das Weihnachtsfest der echte Höhepunkt werden.

Wenn der Advent ausfällt, wenn die Zeit vor Weihnachten ihren Sinn und ihre Besinnlichkeit verliert, dann geht auch dem Weihnachtsfest etwas verloren.

Ich möchte das nicht und nehme mir einmal mehr vor, mich nicht von dem Vorweihnachtsrummel, der Hektik hier in Stuttgart anstecken zu lassen. Ich nehme mir Zeit für besondere Dinge und ich setze mich in eine Kirche um zur Besinnung zu kommen. Mir in Ruhe zu überlegen, was ist jetzt wichtig für mich und was nicht. 

Ich wünsche Ihnen eine schöne Adventszeit!

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SWR4 Abendgedanken

2013 hat der Inselstaat Tuvalu für alle seine Bürger Asyl in Neuseeland und in Australien beantragt. Weil der Meeresspiegel kontinuierlich steigt und  zu befürchten ist, dass der Inselstaat untergeht. Das ist nur ein Beispiel, wie sich der Klimawandel unserer Erde auf die Lebensbedingungen auswirkt. Wie es für Menschen nahezu unmöglich wird, in ihrer Heimat zu überleben. Überschwemmungen, Dürren, Bodenerosionen und eben ein steigender Meeresspiegel lassen sie zu Klimaflüchtlingen werden.
Meistens trifft es die Ärmsten, die Menschen, die noch nie viel zum Leben hatten. Die schon immer in Gegenden mit extremen klimatischen Bedingungen gelebt haben.
In den Industriestaaten, wo das meiste CO2 ausgestoßen wird, was unser Klima so folgenschwer verändert,  merken die Menschen davon noch nichts. Zumindest beeinträchtigt es sie nicht. Was für eine große Ungerechtigkeit!
Papst Franziskus spricht in seinem Schreiben „Laudato si“ von einer ökologischen Schuld der Reichen gegenüber den Armen. Diese Schuld muss ausgeglichen werden, sagt Franziskus. Die ärmeren Länder müssen vor den Folgen des Klimawandels  geschützt werden. Und ihnen muss bei ihrer Entwicklung geholfen werden, damit sie die Armut bekämpfen können und dabei umweltfreundlich und nachhaltig vorgehen können.
Papst Franziskus betont, dass das Klima unserer Erde ein gemeinschaftliches Gut ist. Und er fordert, die Erdatmosphäre unter den Schutz der Gemeinschaft  aller Völker der Erde zu stellen. Eine unabhängige Weltbehörde soll über unser Klima wachen. Eine wirklich tolle Idee! Aber ist so eine unabhängige Behörde realistisch, die das Gemeinwohl über die besonderen Interessen der einzelnen Länder stellt? In naher Zukunft? Denn es muss dringend gehandelt werden, das ist den Teilnehmern am 21. Weltklimagipfel sehr bewusst.  
 
Das Klima gehört uns allen, sagt Papst Franziskus, deshalb kann mir das Klima in weit entfernten Gegenden der Erde nicht gleichgültig sein. Es liegt auch an mir, wie es  geschützt werden kann. An meinen Lebensstil: Ob ich verantwortlich einkaufe, also möglichst umweltfreundliche Produkte, die fair produziert werden. Ob ich versuche Energie nicht unnötig zu verbrauchen. Was kann ich lassen oder wenigstens reduzieren. Muss ich mir immer Neues kaufen, kann ich so manches nach einer Reparatur nicht weiter verwenden? Muss ich jedes Stück mit dem Auto fahren, wann brauch ich es überhaupt? Wie gehe ich mit Lebensmitteln um, was esse ich?
Wenn viele, sehr viele  Menschen verantwortungsbewusster an „ihr Klima“ denken im täglichen Leben, dann muss auch nicht ständig die Produktion gesteigert werden. Dann müssen die Regenwäldern nicht massenhaft abgeholzt werden, dann reicht irgendwann regenerative Energie aus.
Dann lässt sich unser Klima vielleicht doch noch retten. 

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SWR4 Abendgedanken

Am Montag geht die Schule wieder los. Für viele beginnt nach den Ferien, nach dem Sommerurlaub etwas Neues. Ein neuer Job vielleicht, eine Ausbildung oder die Zeit in einer neuen Schule. Da sind die letzten freien  Tage oft schon nicht mehr so ganz unbeschwert. Es gibt so einiges vorzubereiten, zu organisieren: Wie werden die Kinder betreut sein beispielsweise. Oder wie komme ich an diesen neuen Ort, der künftig für mich von Bedeutung sein wird. Und den ersten Tagen dort sieht man schon mit sehr gemischten Gefühlen entgegen.
Einerseits freut man sich, ist gespannt und neugierig auf das, was einen erwartet. Neue Menschen werde ich kennenlernen. Menschen, die bisher ähnlich wie ich gelebt haben, aber auch solche, die ganz andere Lebenserfahrungen haben. Die in manchen Dingen anders als ich denken. Die anderes wissen als ich. Ich freue mich auf diese Begegnungen, weil sie mich bereichern können und meinem Leben sogar eine neue Richtung geben können. Manchem Gewohnten bin ich, wenn ich ehrlich bin, auch einfach entwachsen. Und es gibt auch einiges, was ich ganz gern endlich hinter mir lasse: Dinge, die mir schwer gefallen sind, die ich nicht vermissen werde. Vielleicht das schwierige Verhältnis zu einem Menschen. 

Aber auf der anderen Seite kann Wehmut aufkommen. Nicht selten weiß man eine Zeit erst richtig zu schätzen, wenn sie zu Ende gegangen  ist. Menschen hat man lieb gewonnen und sie sind einem wichtig gewesen.
So viel Vertrautes lässt man hinter sich. Natürlich geht es einem genau so, wenn das Neue das Ende des Berufslebens bedeutet. Es sind so viele kleine und größere Abschiede, die einem in der Summe das Leben schon ganz schön schwer machen können.  
Aber unser Leben ist nun mal Veränderung vom Anfang bis zum Ende. 
Durch Veränderungen entwickeln wir uns, körperlich und geistig. Und gelangen so von einem Lebensabschnitt zum anderen. Dabei ist jeder Lebensabschnitt eine neue Herausforderung, weil ich eine vertraute Umgebung verlasse, Neues lernen muss.
Doch um wirklich für Neues offen sein zu können, muss ich Vergangenes loslassen können. Auch wenn es weh tut.Dabei hilft es mir, wenn ich den Abschiedsschmerz auch wirklich zulasse. Und dann in Ruhe zurückschaue auf das Vergangene. Vieles habe ich erlebt, das mir viel bedeutet hat, mir Freude gemacht hat. Dafür bin ich dankbar.  
Und ich muss mich davor hüten, mich gleich zurückzuwünschen, wenn's am Anfang schwierig ist, wenn sich manches noch etwas fremd anfühlt.
Nur dann bin ich wirklich frei für neue Aufgaben und Begegnungen.
In jeden neuen Lebensabschnitt nehme ich mich selbst mit, meine ganze Persönlichkeit, mein Wissen und meine Erfahrungen. Das finde ich beruhigend und spannend zugleich.

 Und wenn Sie in diesen Tagen etwas Neues beginnen, dann wünsche ich Ihnen alles Gute dazu!

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SWR4 Abendgedanken

Manchmal trifft man einen Menschen, redet und redet und am Ende hat man das Gefühl aneinander vorbeigeredet zu haben. Das ist schon manchmal ärgerlich. Besonders, wenn man dann merkt, da bin ich missverstanden worden. Unser Gespräch hat etwas ausgelöst, das ich gerade so nicht gewollt habe. Vielleicht haben Sie das auch schon erlebt, privat oder im Beruf.

Dafür gibt es ein Wort, das nicht im Duden steht, aber ich finde es sehr treffend. „vergegnet“ – heißt es. Der Religionsphilosoph Martin Buber hat dieses Wort erfunden und es soll ausdrücken, dass Menschen in einem Gespräch nicht zu einander gefunden haben, sich gedanklich nicht wirklich begegnet sind. Sondern einander „vergegnet“ sind.

So habe ich mich neulich nach einem langen Telefonat gefühlt: Ein guter Freund rief mich an und erzählte mir ohne Punkt und Komma von sich. Wohlgemerkt ohne sich im Geringsten dafür zu interessieren, ob es mir jetzt passt. Ich habe ja auch eine ganze Weile interessiert zugehört, aber irgendwann habe ich dann versucht, auch mal was von mir zu erzählen, aber meine Chance war sehr gering. Immer fiel ihm wieder was ein. Schade, ich hatte mich eigentlich über den Anruf gefreut und einiges im Hinterkopf, was ich gerne mit ihm besprochen hätte. Schließlich habe ich dann resigniert nur noch zugehört. 
Es gibt Situationen, da höre ich gern konzentriert zu und nehme mich zurück. Wenn ich merke, hier will mir jemand etwas anvertrauen. Hier erwartet jemand Hilfe oder ihm liegt an meiner Meinung. Dann merke ich auch, dass der andere an mir als Person interessiert ist. Das zu spüren, ist eine wichtige Voraussetzung für ein Gespräch, bei dem man sich begegnet, finde ich. Und es ist gut Fragen zu stellen, dann kann ich sicher sein, dass ich den anderen richtig verstanden habe. Damit drücke ich aus, du ich möchte das wirklich wissen.
Martin Buber meint, dass man sich die Wahrheit sagen und nichts zurückhalten soll, wenn ein Gespräch zur echten Begegnung werden soll. Man soll sich nicht anders geben als man ist und unbedingt vermeiden, irgendeinen Schein wahren zu wollen. Das sind hohe Ansprüche und ich glaube nicht, dass man immer allen gerecht werden kann.

Über das „vergegnete“ Gespräch mit dem Freund, habe ich mich geärgert, es aber dann auch bald wieder vergessen. Weil es mir dann doch nicht so wichtig gewesen ist.  So ein Gespräch  kann mich gelegentlich aber auch richtig traurig machen: Wenn mir der Mensch, mit dem ich reden wollte, sehr am Herzen liegt und das, was ich besprechen wollte. Wenn ich schon erwartet habe, dass er mich nach etwas fragt, auch das Bedürfnis hat, bestimmte Dinge mit mir zu besprechen. Dann werde ich das beim nächsten Mal sicher anklingen lassen, wenn nötig mit etwas Nachdruck. Vielleicht wird unsere nächste Begegnung dann besser, eine wirkliche Begegnung.

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SWR4 Abendgedanken

„Es ist besser wenig zu brauchen als viel zu haben“ – sagt der heilige Augustinus. Wenn ich mir seine Biographie so anschaue, dann denke ich, der Mann musste es wissen. Er hat in seinem Leben so einiges erlebt und durchgemacht. Vom sorglosen Lebemann, der nichts von christlicher Lebensweise wissen wollte, entwickelte er sich zum großartigen Prediger des christlichen Glaubens.
„Es ist besser wenig zu brauchen als viel zu haben“ – dieser Spruch des heiligen Augustinus beschäftigt mich: Was brauche ich eigentlich um so zu leben, dass ich sagen kann, mir geht’s gut, ich bin zufrieden? 
Viele Menschen wissen gar nicht mehr, was sie wirklich brauchen. Bei diesem Riesenangebot und der vielen Werbung, ist es für viele schwierig abzuwägen. Man sagt ja auch, das Angebot bestimmt die Nachfrage. Manchmal wird ein Bedarf geweckt, der eigentlich gar nicht vorhanden ist. Viele sind überfordert und können nicht mehr unterscheiden, was wichtig für sie ist und was nun überhaupt nicht. So kommt man letztendlich nicht zur Ruhe, weil es immer wieder Neues gibt, von dem man glaubt, es unbedingt zu brauchen. Oder man meint, wenn man dies oder jenes besitzt wird das Leben schöner. Das kann ja durchaus so sein. Aber es zeigt sich ja auch, dass Menschen, die sehr viel Geld haben, nicht unbedingt ein ruhiges, zufriedenes Leben haben. Es macht dann nicht glücklich, wenn man immer noch mehr will. Es gibt Menschen, die leben in der ständigen Angst eine günstige Gelegenheit zu verpassen, eine lohnende Geldanlage oder ein Supergeschäft. Dann kann man nur für kurze Zeit zufrieden sein. Über bestimmte Dinge freut man ich nicht mehr, weil sie selbstverständlich sind. Dann erfüllt sich der Spruch des heiligen Augustinus, dass es besser ist, wenig zu brauchen als viel zu haben. 

Oder anders ausgedrückt „weniger ist mehr“, wenn ich in meinen Ansprüchen bescheidener bin, mich an einfachen Dingen freuen kann, einem einfachen Essen, an einem Spaziergang im Wald. Wenn ich mich mit dem zufrieden geben kann, was ich bereits habe. Dann lebe ich ruhiger und aufmerksamer.
Ich vermute dass viele Menschen sich insgeheim nach einem einfacheren Leben sehnen, einem überschaubareren. Aber wie stellt man es an, seine Lebensgewohnheiten zu ändern? Das ist sicher nicht so leicht in unserer Zeit der unzähligen Möglichkeiten. Aber ich kann es ja in kleinen Schritten versuchen: Bewusst mal innehalten, bevor ich etwas kaufe. Brauch ich das denn wirklich? Und lieber mal dem mehr Aufmerksamkeit schenken, was ich schon solange habe und nie richtig verwendet habe. Oder, wenn ich darauf achte, mal wirklich nur die Menge Lebensmittel einzukaufen, die ich wirklich verwenden kann.

Es gibt viele Möglichkeiten zu erleben, dass weniger mehr sein kann, wenn man aufmerksam ist.

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SWR4 Abendgedanken

„Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen“ – das hat Mahatma Gandhi gesagt. Und dieser Satz gefällt mir. Auch weil mir sehr hohe Geschwindigkeiten Angst machen. Mein Mann kennt meinen ängstlichen Blick auf den Tacho, wenn er auf einer freien Strecke mal richtig beschleunigt.  
Ich finde, alles hat seine Grenzen. Ist es wirklich wichtig immer schneller unterwegs zu sein? Welchen Nutzen hat das und vor allem für wen? Wenn zum Beispiel die Fahrzeit eines Schnellzuges von einem Ort zum anderen um einige Minuten verkürzt werden soll? Wird dafür nicht unverhältnismäßig in die Natur eingegriffen? Welchen Einfluss hat das auf unsere Umwelt? Diese Fragen beschäftigen mich. 
Leider habe ich den Eindruck, dass alles immer enger getaktet ist. Kaum jemand hat noch Geduld. Das habe ich neulich gedacht: Eine Kollegin hat geschimpft, weil ihr die Anmeldung am zentralen Drucker zu lange dauert. Da konnte ich nur mit dem Kopf schütteln. Wir standen nebeneinander und hätten in der Zeit  doch schnell ein paar nette Worte wechseln können. Hatte sie es wirklich so eilig?  Vieles bleibt auf der Strecke, wenn man meint alles ganz schnell erledigen zu müssen. Schnell und viel. Und mit den Gedanken immer schon einen Schritt voraus. Kein Wunder, dass ich nicht mehr alles wahrnehmen kann. Manches rauscht vorbei wie bei einer Fahrt mit dem ICE.

Papst Franziskus hat dazu in seinem Schreiben „Laudato si“ auch etwas gesagt. Es heißt darin sinngemäß, dass viele Menschen in sich eine tiefe Unausgeglichenheit spüren. Die bewegt sie dazu, alles in Höchstgeschwindigkeit zu erledigen. Nur damit sie sich beschäftigt fühlen. Diese ständige Hast, hindert sie daran, ihre Umwelt richtig wahrzunehmen.
Wenn technische Neuerungen einseitig betrachtet werden, es ausschließlich auf hohe Leistungsfähigkeit ankommt, bereichern sie unser Leben doch nicht wirklich. Wir müssen vielmehr darauf schauen, wie sie in der Wechselwirkung mit unserer Umwelt funktionieren. Wie kann hoher CO2 Ausstoß vermieden werden zum Beispiel. Wie können Lebensräume geschützt werden.
Franziskus gibt zu bedenken, dass wir uns mehr Zeit nehmen müssen: Nur so können wir über unseren Lebensstil und unsere Ideale nachdenken. Und überlegen, wie wir wieder besser im Einklang mit der Schöpfung leben können. Eben nicht durchs Leben hetzen und alles in immer kürzerer Zeit erledigen wollen. Sondern Tempo herausnehmen, dann kann ich bewusster leben und besser Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden.

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SWR4 Abendgedanken

Träume sind ein Schatz. Wir sollen ihnen viel mehr Beachtung schenken. Sagt eine Psychologin, die sich intensiv damit beschäftigt hat, wie Menschen träumen. Träume können uns so viel über uns sagen, in ihnen begegnen wir uns im Schlaf quasi selbst. Wenn wir diesen Schatz richtig bergen, kann er unseren Alltag bereichern.
Ich beschäftige mich schon hin und wieder mit meinen Träumen und manchmal kann ich nur staunen, was sich darin so alles abspielt: Ganz unterschiedliche Erlebnisse, Orte und Zeiten verschmelzen oft miteinander. Plötzlich tauchen Menschen auf, an die ich überhaupt nicht mehr gedacht habe.
Auch wenn da so einiges durcheinander geht, manche Bilder nicht eindeutig sind, ich kann spüren, dass sie zu mir gehören. Hin und wieder werde ich durch einen Traum an etwas erinnert: An ein Ereignis, einen Menschen oder an eine Idee, die ich früher mal hatte. Das ist wunderbar, dass Träume so funktionieren. Und es bereichert mein Leben. So zu träumen tut mir gut, es sind meine Gedanken in der Tiefe meiner Seele, auch wenn sie mir manchmal gar nicht bewusst sind.

Aber dann gibt es noch die Träume, die mir Angst machen und mich verwirren, Alpträume. Die kommen mir so fremd vor. So ein gequirlter Unsinn! Woher kommen diese dunklen Gedanken? Und ich möchte sie am liebsten gleich vergessen und verdrängen. Nach so einer Nacht fühle ich mich überhaupt nicht erholt. Die Traumexpertin gibt zu bedenken, dass ich während eines Alptraums die Dinge verarbeite, die mich unbewusst belasten. Auch Alpträume sagen etwas über mich. Ich muss dazu aber die Bilder und Inhalte außer Acht lassen. Und ich soll versuchen, mich nur an bestimmte Gefühle oder die Atmosphäre im Traum zu erinnern. Vielleicht fällt mir dann ein, wo ich solche oder ähnliche Gefühle im wirklichen Leben habe. Womöglich weiß ich dort noch gar nicht, wie sie mich belasten. Das kann mir im Alltag schon helfen. 

Auch in der Bibel kommen Träume vor. Oft wird in ihnen jemand vor einer Gefahr gewarnt. Und dort sind die Menschen immer gut beraten gewesen, auf sie zu hören. So Josef zum Beispiel, der im Traum aufgefordert worden ist, mit Maria und dem Kind nach Ägypten zu fliehen, weil König Herodes das Kind töten wollte. Josef hat den Traum ernst genommen und so der Familie das Leben gerettet. 

Träume haben die Menschen schon immer fasziniert. Auch wenn es viele wissenschaftliche Forschungen gibt, sie werden wohl immer etwas Geheimnisvolles behalten. Gerade deshalb liegt für Menschen, die an Gott glauben, der Gedanke nahe, dass er im Spiel ist. Dass er zu seinen Geschöpfen im Schlaf eine Verbindung aufbauen kann. Ihnen so neue Lebenskraft gibt. Und ihnen durch Träume neue Ideen zukommen lassen kann.

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SWR4 Abendgedanken

„Ich danke Gott jeden Tag für meine musikalische Begabung“ – hat Klaus Doldinger gesagt. Er ist der Komponist zahlreicher  bekannter Filmmusiken. Die Erkennungsmelodie vom „Tatort“ stammt von ihm und vielleicht haben Sie seine Musik zum Film „Das Boot“ noch  im Ohr. Er ist selbst auch ein guter Saxophonist und mit seiner Band „Passport“ immer noch - inzwischen 79Jahre alt - gut unterwegs. Musik ist sein Leben, sie hält ihn jung. Und es gefällt ihm, dass er mit seiner Musik so viele Menschen erreichen kann.

Nun hat nicht jeder Mensch so eine besondere musikalische Begabung,  für die er dankbar sein kann. Aber dass es die Musik überhaupt gibt, dass sie unser Leben bereichert, schöner macht – das ist schon großartig.
Musik begleitet unser Leben – die schönen Augenblicke und auch schwere, traurige Stunden. Es gibt wohl kaum einen Menschen, der sich ein Leben ohne Musik vorstellen kann. Wobei natürlich jeder so seine Vorlieben hat: Der eine hört gern klassische Musik, andere sind eher für Schlager, Pop, Rock oder Jazz zu haben. Und nicht wenige begeistern sich für Blasmusik, wie jetzt wieder beim SWR 4 Blechduell in Baden-Württemberg zu erleben.

Dass Musik wunderbar entspannen kann und auch befreiend wirkt, müssen die Menschen schon sehr früh erkannt haben, denn es sind Musikinstrumente aus der Eiszeit gefunden worden. Auch in biblischen Geschichten ist viel von Musik zur Ehre Gottes zu hören. Aber auch von Klageliedern, die die Menschen an Gott gerichtet haben. Das mag ihnen geholfen haben, mit ihren Nöten umzugehen.
Und das ist heute noch so, wenn wir unsere Gefühle nicht in Worte fassen können. Wenn wir traurig oder erschüttert sind. Dann kann vielleicht die Musik das Unsagbare sagen. Dann kann sie helfen, dass wir innerlich zur Ruhe kommen. 

Dass Menschen große Freude beim Musizieren empfinden und besonders dann, wenn mehrere zusammen spielen - das sieht man ihnen an. Gemeinsam für bestimmte Musik zu schwärmen verbindet Menschen, die sonst ganz verschieden sind. 

Deshalb  ist es eine tolle Idee durch die Musik Menschen zusammen zu bringen, die weit voneinander entfernt sind – Menschen unterschiedlicher Weltanschauung, unterschiedlichen Glaubens, sogar Menschen, die in Ländern leben, die sich politisch nicht einigen können, sich feindlich gegenüber stehen. Im West-Eastern Divan Orchester, von Daniel Barenboim gegründet, spielen junge Musiker aus Israel, Palästina und anderen arabischen Staaten zusammen und gehen auf Tourneen in die ganze Welt. Sie hoffen, dass Menschen wenn sie gemeinsam Musik hören, sich auch gegenseitig besser zuhören können, wenn sie auf anderen Ebenen möglicherweise verschiedener Ansicht sind. Dass sie sich um Verständigung bemühen und sich respektieren.
Weil die Musik ihnen schon Brücken gebaut hat.

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