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SWR4 Abendgedanken RP

1000 Euro, soviel ist ein Mensch ungefähr wert. Wenn man den reinen Materialwert eines Körpers zusammenrechnet, also Sauerstoff und Kohlenstoff und ein paar andere chemische Bestandteile.
Es gibt aber auch andere Berechungen: Eine Niere bekommt man in Indien für cirka 300 Euro. Eine osteuropäische Frau, die zur Zwangsprostitution verkauft wird, kostet so um die  800 Euro, und ein Adoptivkind ist ungefähr 20 000 Euro wert. Was ist also ein Mensch wert? Der Buchautor Jörn Klare hat ein Gespräch von zwei Jugendlichen mitgehört, die darüber diskutiert haben „Für wie viel Geld lohnt es sich, jemand umzubringen?" Daraufhin hat er sich gefragt: „Was bin ich wert?" Und genau mit diesem Titel ein Buch geschrieben. Darin hat er verschiedene Berechnungen vorgestellt. Damit auch seine Leser darüber nachdenken, wie oft der Wert eines Menschen in Geld und Rechenmodellen ausgedrückt wird. Zum Beispiel, ab wann rentiert sich die Anschaffung einer Ampelanlage, wenn jeder Verkehrstote mit  1,2 Millionen Euro verbucht wird? Oder die Diskussionen im Gesundheitswesen: Lohnt es sich noch, einem Achtzigjährigen ein künstliches Hüftgelenk einzusetzen? Was bedeutet das Wort Humankapital? Kann man den Wert des Menschen in Geld auszudrücken? Im Neuen Testament, in der Bergpredigt gibt Jesus darauf eine ganz eindeutige Antwort: „Seht die Lilien auf dem Feld, sie sähen nicht, sie ernten nicht, und sind doch prächtig. Wenn Gott schon das Gras so wundervoll kleidet, wie viel mehr dann euch, ihr Menschen. Sorgt Euch nicht. Sammelt keine Schätze, die vergänglich sind!"
Für Gott liegt der wahre Schatz des Menschen nicht in seinem Materialwert. Was das heißen soll, wird mir sofort klar, wenn ich an die Menschen denke, die mir am Herzen liegen. Meine Kinder, meine Familie und meine Freunde sind unbezahlbar und  kostbar. Sie sind mir unendlich viel wert. Sie und ich, wir sind wertvoll. Jeder Mensch, egal ob in Afrika, oder Europa, egal ob 18 Jahre jung oder achtzig Jahre alt ist wertvoll. Ob stark und kräftig oder behindert. Jeder Mensch ist ein Schatz.

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SWR4 Abendgedanken RP

Manchmal finde ich nachts keine Ruhe und weiß noch nicht mal, was der Grund dafür ist.  Schäfchenzählen hilft nicht. Und heiße Milch mit Honig auch nicht immer. Aber, neben Baldrian und Kräutertees gibt es noch eine andere Einschlafhilfe, und das hat mich dann doch überrascht: Gute Freunde! Forscher haben nämlich herausgefunden, dass überwiegend die Menschen schlecht schlafen, die nur wenig soziale Kontakte im Privatleben oder auf der Arbeit haben. Die alles mit sich alleine ausmachen müssen. Nach dem ersten Erstaunen hat sich bei mir Widerspruch geregt: Alles bloß Statistik. Ich habe doch einige Freunde, und trotzdem schlafe ich manchmal schlecht. Ist also die Theorie falsch? Beim weiteren Nachdenken ist mir aufgefallen, dass ich dann keinen Schlaf finde, wenn ich irgendein Problem nicht loslassen kann. Die Gedanken kreisen im Kopf und finden keinen Ausweg. Zu spät, denke ich mir. Weil ich mir tagsüber einfach nicht die Zeit genommen habe, mit jemand darüber zu reden. Mit meiner Familie, Oder mit einer guten Freundin,. Dabei muss man nicht  sofort die  Lösung parat haben. Zum Beispiel bei Problemen auf der Arbeit, oder Streitigkeiten in der Familie. Gerade dann hilft ein Gespräch mit  guten Freunden. Die sehen alles unter einem anderen Blickwinkel, die dürfen mich auch kritisieren. Und sie bringen mich auch auf andere Gedanken. Meine Freunde zeigen mir: wir mögen Dich, so wie Du bist. Wo ist das Problem? Das Problem heißt Zeit. Eine Freundschaft entsteht nicht über Nacht. Dafür muss ich etwas investieren: Zeit und Offenheit. Wie wertvoll ein guter Freund ist, das weiß schon die Bibel. Im Alten Testament, bei Jesus Sirach heißt es: „Ein treuer Freund ist wie ein festes Zelt, wer einen solchen findet, hat einen Schatz gefunden." Eine richtige Freundschaft schenkt Geborgenheit. Und das Gefühl geliebt und angenommen zu sein. Mit guten Freunden bin ich Mensch. Heißt für mich: Pflege deine Freundschaften, investiere in diesen Schatz. Weil es mir gut tut - nicht nur beim Einschlafen!

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SWR4 Abendgedanken RP

Was hat Bier mit Beten zu tun? Viel. Das zeigt ein wissenschaftliches Experiment in Spanien: Fünfzig Nonnen durften hier im Dienst der Wissenschaft Bier trinken, um herauszufinden: Wie gesund ist gemäßigter Bierkonsum? Vielleicht haben es die meisten schon vermutet: Bier nicht massenhaft, sondern in Maßen getrunken, fördert den Stoffwechsel und senkt den Cholesterinspiegel. Aber warum gerade Nonnen für das Experiment? Die Wissenschaftler haben verantwortungsbewusste Menschen gesucht, die sich ausgewogen ernähren und vor allem einen geregelten Tagesablauf haben, sagte eine der die spanischen Nonnen. Also:  Bier und Beten können zusammengehören. Nicht umsonst werden in einigen Klöstern die besten Biere gebraut. Weil die Ordensleute schon sehr früh verstanden haben:  Körper und Geist gehören zusammen. Wenn ich mir eine Pause gönne, dann tue ich meinem Körper etwas Gutes. Bei einem Treffen mit Freunden, dazu zum Beispiel ein ordentlich gebrautes Bier, Käse oder Wurst vom Bauern aus der Region, ohne irgendwelche chemischen Zusätze. Oder ein knuspriges Brot. Wenn ich den Wert der Lebensmittel kenne und genieße, dann tue ich meinem Körper etwas Gutes. Und mindestens genauso gut tut es meinem Geist, wenn ich zur Ruhe komme. Dann kann ich über mich und das Leben nachdenken, Und ich kann Gott danken, dass er diese wunderbare Schöpfung geschaffen hat. Danken für fruchtbare Böden und alles, was uns ernährt. Trauben, Äpfel, Kartoffeln, Getreide, Hopfen und Malz. Das ist Beten. Und wenn ich  beim nächsten Fest  mit Freunden zusammensitze, dann danke ich Gott, dass es so etwas Herrliches gibt, wie Bier und Wein. Und ich denke an die spanischen Nonnen: Nicht das Bier allein macht gesund, sondern die richtige Mischung zwischen gesunder Ernährung und geregeltem Tagesablauf, also Beten und Arbeiten. Für Bier oder Wein gilt wie bei  allem im Leben: Das richtige Maß ist entscheidend. Weniger ist mehr!

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SWR4 Abendgedanken RP

Eigentlich hätten sie heute Bienen verschenken können, am Valentinstag. Denn der Heilige Valentin ist der Patron der Bienenzüchter und der Liebenden. Und er selbst hat angeblich Blumen aus seinem eigenen Klostergarten an Liebespaare und Trostsuchende verschenkt. Aber das ist nicht der Grund, warum der fromme Mönch seinen Kopf verloren hat. Der heilige Valentin wurde um 269 nach Christus enthauptet, weil er sich nicht von seinem Glauben abbringen ließ. Trotz kaiserlichem Verbot hat er Liebende nach christlichem Ritus verheiratet. Und er hat sich geweigert, das Standbild des Kaisers anzubeten.
Ich bin weder Bienenzüchterin, noch Floristin, und frisch verliebt bin ich auch nicht. Und trotzdem habe ich heute den Namenstag des Heiligen Valentin gefeiert. Seine Botschaft ist nämlich: Das wertvollste Geschenk ist die Liebe, die Zuneigung zu meinem Nächsten. Diese Zuneigung wirkt umso stärker, je mehr von meiner eigenen Person mit drin steckt. Valentin kauft keinen Blumenstrauß, sondern verschenkt die Blumen aus seinem eigenen Garten, er tröstet Menschen in Lebenskrisen, und steht mit seiner Überzeugung für den Glauben ein. Das soll nicht heißen, dass ich am Valentinstag für andere den Kopf hinhalten muss. Aber ich kann etwas von mir verschenken. Meinem Mann mal wieder Danke sagen. Für das Vertrauen und die Liebe, die dann weiter wächst, wenn die erste Verliebtheit verflogen ist. Ich kann auch mit jemand telefonieren, der mir lieb ist. Oder eine schöne Postkarte schreiben. Einfach so. Ich kann meine Zeit, mein Mitgefühl, meine Freundschaft investieren. Echte Zuneigung, in der ganz viel von meiner eigenen Person mit drin steckt. Gut, dafür brauche ich nicht unbedingt den Valentinstag, eigentlich kann ich das an jedem Tag im Jahr machen. Aber ich merke: die Heiligen und ihre Namenstage helfen mir, den Blick wieder auf das Wesentliche zu lenken. Und warum nicht einen Tag im Jahr reservieren für die Liebe und die Freundschaft? Oder auch nur einen Abend. Heute zum Beispiel.

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SWR4 Abendgedanken RP

Teil 1: Maria, eine lebendige, eine leidenschaftliche Frau

Die Katholische Kirche feiert heute am 8. Dezember das Fest „der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria". Ein schwieriger Titel. Genau wie Maria selbst. Nicht mehr alle Frauen können mit Maria etwas anfangen: 

Natürlich Mutter Christi / Vorbild für die Menschen, jemand, der geglaubt hat / Wir haben in der Verwandtschaft so glühende Marienverehrer, ist überhaupt nicht meine Welt / Eigentlich so was Richtiges anfangen kann ich damit nicht / Ja, ist schon erstaunlich, eine starke Frau, ja doch.

 Eine starke Frau, kitschige und keusche Madonna oder goldene Himmelskönigin - Bilder gibt es viele von Maria. Die meisten wirken etwas lebensfremd. Umso erstaunlicher, dass eine junge Frau sich als Marienverehrerin bezeichnet. Juliane Weber ist Journalistin, und arbeitet zur Zeit für den deutschen Entwicklungsdienst in Ramallah, Palästina.

Sie zeigt ganz offen ihre Sympathie für Maria:

 Ich muss zugeben,  ich mag auch die ganz kitschigen Mariendarstellungen, es haben sich immer alle Kollegen lustig gemacht, ich hatte vom Sperrmüll so ne richtig kitschige Mariendarstellung mit so einem goldenen Rahmen in meinem Büro hängen.

 Aber es bleibt nicht bei der barocken, kitschigen Madonna. Juliane Weber hat viele Mariendarstellungen gesehen und auch fotografiert. Fasziniert haben sie hauptsächlich die lebensnahen Bildnisse von Maria:

 Aber was mich an diesen Darstellungen fasziniert hat, da gab es ein paar Mariendarstellungen, die unheimlich sinnlich waren, also das war überhaupt nicht diese entweiblichte oder zumindest entsexualisierte Darstellung, dort gabs Darstellungen, wo sie sehr sinnlich, mit einer gewissen Leidenschaft dargestellt war. Und das hat mir sehr gut gefallen.

 Und genau so stellt sich Juliane Weber die Mutter von Jesus vor: eine lebendige, leidenschaftliche Frau. Deshalb möchte sie unter all dem religiösen Kitsch die echte Frau wieder entdecken. In der biblischen Maria findet Juliane Weber einige Aspekte, die auch für ihr Leben interessant sein können:

 Maria ist ja immer so dargestellt als keusche Jungfrau, die irgendwie ihre eigenen Gefühle völlig zurückstellt, obwohl es im Evangelium ja einige Stellen gibt, wo klar wird, dass es für sie ne ganz schön große Last und ne ganz schön große Bürde war, diesen Heiland als Sohn zu haben, der ja für sie ganz Fleisch geworden, einfach ihr Kind war, wo sie auch irgendwo ein Bedürfnis hatte, den zu beschützen und ich finde, das wird manchmal so vernachlässigt, was das für diese Frau auch für eine Bürde gewesen sein muss, das mitzutragen und ihn auch gehen zu lassen.

 Maria als Frau aus Fleisch und Blut, so kann man die Gottesmutter auch sehen. Wie die heilige Maria Vorbild für das eigene Leben werden kann, das erfahren Sie nach der nächsten Musik.

Teil 2. Maria vom Sockel heben

Für die Christen ist der Advent mehr als nur eine stressige Zeit, voll gepackt mit Geschenke-Rausch und Plätzchenbacken. Der Advent ist die spirituelle Vorbereitung auf Weihnachten, das Warten auf den Erlöser. Wie kann ich als Christ dem Herrn den Weg bereiten? Angela Lang ist Geistliche Begleiterin im Bistum Mainz. Sie lenkt im Advent gern den Blick auf Maria:

 Also ein wunderbarer Einstieg ist oft das Magnificat, wo Maria in ihrer ganzen Bandbreite vorkommt: „Meine Seele preist die Größe des Herrn." Und dann betet sie hintereinander erst „Er hat auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut", wo man wieder so an dieses Bild von der kleinen Dienerin, wie die Frauen im Allgemeinen und Maria auch dargestellt wird, um im nächsten Satz zu sagen: „Siehe von nun an preisen mich selig alle Geschlechter." Jemand, die von der Größe ihrer Aufgabe und damit auch von dem Wert den sie vor Gott hat, dieses Selbstwertgefühl, wie wir heute sagen, finde ich, kommt da super zum Ausdruck.

 Deshalb kann Maria viele Menschen ansprechen: Sie kennt die Schattenseiten des Lebens und sie spürt den Wert, den sie vor Gott hat.

Angela Lang möchte Maria gerne von dem Sockel heben. Sie ist uns Menschen sehr nah:

 Einmal vielleicht ganz simpel:  Maria ist ein Mensch wie sie und ich. Und Maria ist eine Frau, die durch alle Höhen und Tiefen gegangen ist, und eine Frau, die nie die Hoffnung aufgegeben hat. Weil es wird uns auch noch nach Ostern von Maria an einer Stelle mindestens berichtet, sie wartet mit auf den Heiligen Geist. Maria ist diejenige, die die ganze Heilsgeschichte miterlebt hat, von der Empfängnis, über den Tod bis zur Auferstehung und zur Sendung des Geistes.

 Maria ist also so etwas wie der Prototyp. Sie als Mensch wirkt mit am Heilsgeschehen. Was Gott an ihr gezeigt hat, das soll für alle Menschen gelten: Wir werden erlöst von Fehlern, Schmerz und Tod. Aber: Dieser Weg ist nicht immer leicht. Jeder Mensch spürt seine eigenen Grenzen. Gerade in diesen Situationen kann Maria ermutigen:

 Und als der Engel diese ganzen tollen Dinge, von diesem Kind, was da geboren werden sollte sagte, da sagt sie ganz klar: „Moment mal, Stopp, wie denn? Ich hab ganz andere Pläne." Und das durfte sie! Der Engel sagte ihr, und der Satz ist Gold wert, „Heiliger Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten."

 Maria kann den Menschen Kraft und Selbstwertgefühl geben. Warum es sich lohnt, gerade jetzt in der Adventszeit Maria neu zu entdecken, das hören Sie nach der nächsten Musik.

 Teil 3. Maria ist der Prototyp, das Vorbild.

Gerade jetzt im Advent lohnt es sich, Maria neu zu entdecken und von ihr zu lernen. Angela Lang, geistliche Begleiterin zitiert einen Satz des Dichters Angelus Silesius:

 Wäre Jesus tausend mal in Bethlehem geboren und nicht in dir, du wärst doch ewiglich verloren.

 Das bedeutet: Der ganze Rummel um Weihnachten, Lichterglanz und rührselige Stimmung, da alles ist nicht viel wert, wenn wir die Botschaft von Weihnachten nicht Wirklichkeit werden lassen: Gott macht einen neuen Anfang für diese Welt, mit einem kleinen, schwachen Kind. Die Hoffnung und das Leben, das fängt ganz klein an, kann aber alles verändern, wenn wir daran glauben. Deshalb ist die Weihnachtsgeschichte kein kitschiges Märchen: Gott kommt als Mensch in unsere Welt, und die entscheidende Rolle dabei spielt Maria. Das heutige Fest „der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau" ist der erste Baustein in der Heilsgeschichte. Maria ist frei von Schuld, von Anfang an. Die Realität ist eigentlich eine Andere: Die Menschen sind verstrickt in Abhängigkeiten, Zwänge und Schuld. Oft werden seelische Verletzungen über Generationen weitergegeben. Und wir beuten die Natur und unsere Mitmenschen in ärmeren Ländern aus.

Aber Gott will die Welt erlösen. Eine Umkehr zum Guten ist möglich. Dafür hat Gott Maria auserwählt. Durch sie als Mensch, als Frau, kommt die Rettung für diese Welt. Deshalb will das heutige Fest nicht in erster Linie unsere menschlichen Schwächen betonen, nach dem Motto: Die Menschheit ist schlecht, alle sind Sünder. Sondern das Fest heute will betonen, wie wir sein können: Erlöste Menschen, frei von Zwängen und Schuld.Maria ist der Prototyp. Das Vorbild. Sie ist Gott nahe, weil sie an ihn geglaubt hat, und die Hoffnung nicht aufgegeben hat. Maria kann uns zum wahren Sinn von Weihnachten führen, findet Angela Lang:

 Und wenn ich mir das im Advent von Maria, die guter Hoffnung mit Jesus durch diesen Advent geht, und ihn uns dann an Weihnachten zur Welt bringt, wenn ich mir diesen Satz von ihr sagen lasse, fände ich das eine herausfordernde und trotzdem ermutigende Wegbegleitung.

 Wäre Jesus tausend mal in Bethlehem geboren und nicht in dir, du wärst doch ewiglich verloren. Diesen Satz meint Angela Lang. Ein Satz, der nicht nur durch den Advent begleiten kann.

Ihnen noch einen guten Abend und eine hoffentlich weiterhin gute Adventszeit. Am Mikrofon war Andrea Emmel

 

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SWR4 Abendgedanken RP

Teil 1: Schüler entdecken das neue Dom-Kinderbuch

Alte Kirchen sind langweilig. So denken viele Kinder. Das muss aber nicht sein. Besonders der Mainzer Dom steckt voller spannender Geschichten. Da gibt es jede Menge interessante Statuen und Details zu entdecken. Löwen, Drachen und Skelette zum Beispiel. Damit möglichst viele Kinder ihre Vorurteile überwinden und richtig Lust bekommen, den Mainzer Dom kennen zu lernen, gibt es jetzt ein neues Buch: „Martin und Lena. Eine Entdeckungsreise im Mainzer Dom." Bevor das Buch nächste Woche offiziell vorgestellt wird, wurde es schon mal von der härtesten Jury der Welt auf Herz und Nieren geprüft: Von den Kindern selbst. Wie das Buch bei ihnen ankommt, das hat die Grundschullehrerin Margit Grom in der 4. Klasse der Mainzer Martinusgrundschule getestet:

 Schaut mal, Ich habe Euch ein neues Buch mitgebracht, schaut mal auf den Buchdeckel, was könnt Ihr da erkennen? Was seht ihr da? Fabian? Da sind zwei Kinder drauf. Leon? Und ein sehr bunter Schmetterling.

 Das Titelbild kommt schon mal ganz gut an bei den Kindern. Die Mischung zwischen Foto und Zeichnung wirkt spannend. Spannend ist auch der Inhalt des Buches: Martin und Lena, zwei Kinder besuchen den Mainzer Dom. Die kleinen Leser können sich gut in den beiden Hauptpersonen wiederfinden. Ein bunter Schmetterling lockt die Kinder an verschiedene Orte des Domes, da tauchen Menschen auf und verschwinden wieder und so machen sich Martin und Lena auf eine geheimnisvolle Entdeckungsreise durch den Dom. Phantasie und eine Prise Übersinnliches, statt trockener geschichtlicher Fakten, das hat den neunjährigen Pascal in seinen Bann gezogen:

 Ich find's richtig toll, weil es da auch um unseren Dom geht in Mainz, und der ist halt eine große Attraktion bei uns. Und ich find´s auch sehr spannend mit diesem geheimnisvollen Schmetterling und diesen Leuten, die immer auf einmal verschwinden, das ist viel spannender, weil es da so Rätsel gibt.

 Aber es geht nicht nur um Abenteuer und Rätsel in dem Buch. Während Martin und Lena durch den Dom gehen, entdecken sie natürlich Orte und Zeichen, die für den christlichen Glauben wichtig sind. Was ist eine Krypta, ein Altar oder ein Rosenkranzgebet? Einfach und verständlich werden die Grundbegriffe, die zu einem Dom gehören, an den passenden Stellen erklärt. Johannes hat das System gleich verstanden:

 Ich find das halt schön, wenn schwierige Sachen wie Ambo, manche Kinder wissen halt nicht, was das ist. Und da sind dann halt immer so Kästchen, die sind dann entweder rot, grün, angemalt und da steht dann die Erklärung drin und was es bedeutet.

 Aber gläubig machen, das kann das Buch nicht. Über Beten zu lesen, das kam bei Maurice nicht so gut an:

 Was ich langweilig fand, war ja eher so die Gebete da immer.

 Gar nicht langweilig finden die Kinder das tausend Jahre alte Gotteshaus. Nachdem die Viertklässler das Buch gelesen haben, haben alle richtig Lust, den Dom mit eigenen Augen zu sehen. Anne weiß schon ganz genau, was sie sich angucken will:

 Ich will ganz dolle zum Kreuzgang und da gucken und im Garten bei den Gräbern..

 Auch Pascal hat das neue Domkinderbuch richtig neugierig gemacht. Er will unbedingt rein in den Dom:

 Um diese Kapelle auch zu sehen, um alles zu sehen, weil es so schön anscheinend ist.

 Also hat sich die Klasse aufgemacht, um wie Martin und Lena den Mainzer Dom zu erkunden. Was sie dabei entdeckt haben, das erfahren Sie nach der nächsten Musik.

 Teil 2. Mit Kinder im Mainzer Dom

 SWR 4 Blickpunkt, heute zum neuen Kinderbuch über den Mainzer Dom. Wer einen Reiseführer kauft, der will auch verreisen. So geht es auch den Viertklässlern der Mainzer Martinus-Grundschule. Gedanklich haben sie sich schon auf Entdeckungsreise durch das alte Gotteshaus begeben. Jetzt wollen sie das auch in echt tun. Ganz gebannt stehen sie zusammen mit der Leiterin der Projektarbeit am Mainzer Dom, Felicitas Janson, vor dem großen Portal.

 Bist Du mutig und hebst Du mal den Ring an? Der ist leicht. Und wie sieht's unten drunter aus? Hältst du mal bitte fest, sonst beißt der zu. Sieht aus wie Gold, und Bronze glänzte wie Gold. Also hatten wir hier ein großes goldenes Portal, das ist schon was ganz Besonderes.

 Die Kinder stehen vor dem großen Bronze-Portal und staunen. Jetzt können sie prüfen, ob das, was im Domkinderbuch beschrieben war, auch in Wirklichkeit so ist. Aber alle Kinder sagen: das ist ja noch viel schöner als im Buch. Auch Jessica ist überwältigt:

 Besonders hat mir das Taufbecken gefallen, es war halt riesig das Taufbecken, so hab ich mir gar nicht vorgestellt.

 Also hat das Buch seine Aufgabe voll erfüllt. Es hat Lust gemacht, das Gotteshaus mit eigenen Augen zu sehen. Jessica ist ehrlich: Ohne das Buch wäre sie wahrscheinlich an den meisten Schätzen vorbeigelaufen:

 Ja, es hilft mir schon ein bisschen, weil ich dann mehr auf die Sachen achte.

 Während die meisten Touristen ein wenig hilflos durch den Dom streifen, sind die Viertklässler jetzt echt im Vorteil. Sie verstehen, wie der Dom aufgebaut ist. Als Vanessa vor der Marienkapelle steht, erinnert sie sich, was sie vorher gelesen hat:

 Die haben ja im Buch auch geschrieben, wo die Katharina gebetet hat. Und die Katharina hat dann erzählt, dass es mehrere so Seitenkapellen gibt. Jede Seitenkapelle hat eine Figur. Zum Beispiel die Maria hat eine und der Jesus hat eine eigene. Wie so eine Wohnung.

 Selbst den Schmetterling können die Kinder entdecken. Bei Sonnenschein zeichnen die bunten Fenster Lichtreflexe in den Dom. Die Kinder kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. Ihre Lehrerin Margit Grom ist froh, dass sie ihren Kindern den Mainzer Dom so lebendig näher bringen kann:

 Gerade diese verschiedenen Erklärungen, die verschiedenen Farben, wie die Kinder sich wieder finden konnten und was erklärt bekommen haben, das war sehr interessant.

 Das Buch kommt an, bei den Kindern, bei den Lehrern und bestimmt auch in den Pfarreien, die ihre Bischofskirche zum Beispiel den Kommunionkindern bekannt machen wollen. Aber wie schreibt man so ein Buch? Das hören sie nach der nächsten Musik.

 Teil 3. Im Gespräch mit der Autorin Theresia Bongarth

 SWR 4 Blickpunkt Kirche, heute zum dem neuen Kinderbuch über den Mainzer Dom: „Martin und Lena." Für die meisten Mainzer ist der Dom das Herz der Stadt, viele Menschen kommen in das Gotteshaus zum Beten. Auf manche wirkt er aber wie ein Museum, ehrwürdig, und ein wenig fremd. Und Kinder - die finden alte Kirchen doch sowieso langweilig. Das muss nicht sein. Deshalb hat Theresia Bongarth ein Kinderbuch über den Mainzer Dom geschrieben. Eine Entdeckungsreise.

Frau Bongarth, warum braucht es einen Domführer für Kinder?

 Ich denke einmal, weil es bisher keinen Domführer für Kinder gibt, so wie der konzipiert ist. Und auf der anderen Seite, um Kindern einfach zu sagen: Kommt mal in den Mainzer Dom und entdeckt ganz Neues.

 Frau Bongarth, was haben sie selbst neu entdeckt, als sie das Buch geschrieben haben?

 Ich kenne den Mainzer Dom schon sehr lange, aber ich hab die Atmosphäre für mich neu entdeckt. Ich bin in den Dom gegangen, und hab ganz spontan eine Domführung mitgemacht und hab die Lichter auf mich wirken lassen, die Kerzenlichter, ich hab das Licht, das durch diese wunderschönen Fenster von außen kommt, auf mich wirken lassen. Ich hab Dinge entdeckt, die ich noch nie vorher im Dom gesehen hatte.

 Es gibt Besonderheiten, in Ihrem Buch erklären Sie aber auch ganz allgemein: was ist ein Altar, ein Taufbecken, oder wie wird ein Rosenkranz gebetet. Brauchen die Kinder das?

 Ich find's eigentlich ganz wichtig. Ich hab's erlebt, wenn ich mit meinen Patenkindern oder mit meinen Neffen im Dom war, dass die manchmal gar nicht mehr wissen, was das eigentlich ist, ein Rosenkranz, was ein Gebet bedeutet, und ich musste daran denken, gerade als das Thema Gebet kam, dass meine Oma beispielsweise noch jeden Tag den Rosenkranz gebetet hat. Und ich find das eigentlich etwas sehr Schönes, etwas sehr Beruhigendes, wenn man halt betet, und ich finde Kinder sollten da auch herangeführt werden.

 Ist das Buch nur etwas für Kinder?

 Nein, auf gar keinen Fall. Ich denke, es ist auch eine gute Idee für Großeltern oder Eltern, sich das Buch zu kaufen und mit diesem Buch und den Enkelkindern, oder Kindern in den Dom zu gehen und einfach den Weg nach zu gehen und halt mit den Kindern darüber zu reden, über Altar, über Gebet, über Rosenkranz, über das, was sie sehen.

 Wenn Sie mit jemand in den Mainzer Dom gehen, der das Gotteshaus nicht kennt, was würden sie demjenigen unbedingt zeigen wollen?

 

Die Ostkrypta und auch die Gotthardtkapelle, die auch ganz besonders ist für mich persönlich. Die Gestaltung der Gotthardtkapelle und vor allen Dingen das Kreuz. Wenn man vor diesem Kreuz in der Gotthardtkapelle steht, dann hat man den Eindruck, als würde Jesus, die Figur, einen angucken, egal, wo man steht. Man hat immer das Gefühl, Gott, also Jesus schaut an.

 

Mit offenen Augen durch den Dom gehen. Und die alten Symbole und Bilder wieder verstehen, das ist ein Ziel des neuen Dom-Kinderbuches. Kinder und Erwachsene, Eltern wie Großeltern können sich mit dem Buch auf eine Entdeckungsreise durch das tausend Jahre alte Gotteshaus begeben und spüren: Jede Generation, die am Dom gebaut und gestaltet hat, wollte eins ausdrücken: Gott ist bei den Menschen. Im Dom können die Menschen Gott nahe kommen.

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SWR4 Abendgedanken RP

Ostern, da wimmelt es überall von Osterhasen, bunt bemalten Eiern und Lämmchen. Diese Symbole haben ihren Ursprung in der christlichen Religion. Aber es gibt noch viel mehr Zeichen. Die nächsten drei Tage, von Gründonnerstag bis zur Osternacht feiert die katholische Kirche mit einer Fülle von Symbolen und Ritualen. Welche das sind, darum geht es heute im Blickpunkt Kirche.

 

Teil 1: Gründonnerstag

SWR 4 der Blickpunkt Kirche widmet sich heute den drei wichtigsten Tagen der Osterzeit. Von Gründonnerstag bis zur Osternacht, vom letzten Abendmahl über das Kreuz bis zur Auferstehung. Diesen Weg Jesu feiern ab morgen die Christen in aller Welt. Schon seit vielen Jahrhunderten werden diese heiligen Tage mit den gleichen Symbolen und Riten gefeiert. Morgen am Gründonnerstag beginnt die Katholische Kirche mit zwei wichtigen Zeichen: Zum einen das Letzte Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern gehalten hat. „Tut dies zu meinem Gedächtnis" sagt Jesus nach diesem Mahl. Das andere Zeichen ist die Fußwaschung. Jesus hat Sklavenarbeit gemacht und seinen Jüngern vor dem Mahl die Füße gesäubert. Im Mainzer Dom wird der Bischof selbst zwölf Männern die Füße waschen. Darin sieht Kardinal Lehmann ein ganz lebendiges Zeichen der Nächstenliebe:

Und Jesus zeigt aber durch die Fußwaschung, dass er gekommen ist, um wirklich auch an den Rand aller Verlorenheiten zu gehen, um hinabzusteigen in die Niederungen des Lebens, dass er auch gekommen ist, den Schmutz der Welt wegzuwaschen, dass er keine Karriere nach oben, sondern nach unten kennt. Und diese Fußwaschung wird von Jesus ganz konkret gemacht, weil er sagt: Jetzt habt ihr ein Beispiel.

Für den Mainzer Bischof ist die Fußwaschung kein Show-Effekt, kein Oberammergauer Passionsspiel. Er möchte selbst dienen. Deshalb geht er schon mal an hohen Feiertagen ins Gefängnis, besucht Obdachlosenunterkünfte und engagiert sich gegen Kinderarmut. Sein Terminkalender ist voll, viele Menschen möchten ihm begegnen. Kardinal Lehmann sieht die Fußwaschung als Auftrag an die Christen und wie er als Bischof leben soll: 

Insofern ist es ein Symbol gerade auch für die Caritas der Kirche. Und ich denke, dass vieles, was man als Bischof in der Kirche ein ganzes Jahr lang tut, sieht vielleicht von einigen hervorgehobenen Augenblicken besonders triumphal aus, aber in der Wirklichkeit des Alltags ist sehr vieles ganz konkreter Dienst, wo man sich auch in den Niederungen aufhält.

Am Gründonnerstag beginnt der Leidensweg von Jesus. Und dieser Weg hat für Kardinal Lehmann mit dem wahren Leben zu tun. Jesus ist den Menschen ganz nahe, er lässt sie sogar in Schmerz und Tod nicht allein. Aber am Ende steht die Auferstehung. Das Leben ist stärker als der Tod. Die Osterfreude kann Kraft für den Alltag geben:

 Ich freu mich an Ostern, wenn diejenigen, die da sind und die Ostern feiern einfach dann wieder mit Zuversicht ins Leben gehen, wenn die Woche wieder anfängt.

 Aber der morgige Gründonnerstag ist erst der Anfang des Weges durch die drei Ostertage. Wie es weitergeht, das steckt schon im Namen: Grün meint nicht die Farbe, auch nicht die Grüne Soße, die morgen gern gegessen wird, sondern Grün kommt von Greinen, also Weinen. Ab Gründonnerstag Abend wird es still in den Kirchen. Keine Glocken läuten, keine Orgel spielt. Warum diese Traurigkeit notwendig ist, das hören sie nach der nächsten Musik.

 

Teil 2: Karfreitag

SWR 4 der Blickpunkt Kirche, heute mit den heiligen Tagen rund ums Osterfest. Das Wort „Kar" stammt vom althochdeutschen „Chara" und bedeutet „Traurig". Karfreitag und Karsamstag sind Trauertage. Seit Jahrhunderten wird der Karfreitag in den Katholischen Kirchen gleich gefeiert. Deshalb beginnt der Gottesdienst mit einem fast altmodischen Ritual. Der Pfarrer der Mainzer Dompfarrei Franz-Rudolf Weinert ist Experte für die Feier von Gottesdiensten. Er weiß: Es wirkt eindrücklich, wenn der Priester mit den Messdienern durch die absolut stille Kirche einzieht -

und sich dann vor dem Altar niederwirft. Das kommt nur einmal im Jahr vor und das ist ein Zeichen der Demut, aber auch der Dankbarkeit gegenüber dem, was Gott für uns getan hat.

Keine Orgel, kein Weihrauch, der Karfreitag wird auf das Wesentliche reduziert. Und das ist das Kreuz. Jesus und sein Leiden stehen im Vordergrund. Im Gottesdienst wird dann die Passionsgeschichte vorgelesen. Es geht aber nicht um ein Schauspiel. Jesus ist am Kreuz gestorben, weil er allen leidenden Menschen nahe sein wollte. Deshalb werden danach die großen Fürbitten vorgetragen. Die Gemeinde betet für alle Menschen in Not, für die Erdbebenopfer in Haiti, für Opfer der Anschläge in Moskau, für alle, die missbraucht wurden, in kirchlichen, oder staatlichen Einrichtungen, und für jeden einzelnen, der krank und einsam ist. Wer die Schattenseiten des Lebens kennt, kann spüren, dass in diesem Gottesdienst die Trauer und das Leid ernst genommen werden. Jesus ist bei allen, die leiden. Deshalb, sagt Franz-Rudolf Weinert, wird das Kreuz verehrt:

Die Gläubigen kommen, machen eine Kniebeuge, werfen sich nieder vor dem Kreuz, küssen das Kreuz, oder was ein neuerer Brauch ist, sie bringen eine Blume mit und legen sie vor dem Kreuz nieder, als Ausdruck ihres Dankes und ihrer Wertschätzung gegenüber Jesus Christus.

Quälend langsam ist diese Verehrung. Selbst für den Gottesdienstexperten Franz Rudolf Weinert ist der Karfreitag keine leichte Übung.

 Dass ich auch als Priester in Anführungszeichen froh bin, wenn die Karfreitagsliturgie auch zu Ende ist. Sie hat etwas Schweres.

 Aber die Blumen zeigen die Richtung an. Es geht zum Leben. Jesus bleibt nicht im Grab. Das Kreuz, der Karfreitag wird zum Zeichen des Lebens, betont Franz Rudolf Weinert:

 Dieser Tag muss durchschritten, aber auch gefeiert werden. Wir feiern ja kein Passionsspiel und betrauern nur das bittere Leiden. Wir feiern das heilbringende Leiden Jesu Christi. Wir feiern schon am Karfreitag anfanghaft den Sieg Jesu Christi über die Mächte des Todes und der Sünde.

 Vom Tod zum Leben, das feiern die Christen in der Osternacht. Wie das Kontrastprogramm zum bedrückenden Karfreitag gefeiert wird, das hören Sie nach der nächsten Musik.

 

 Teil 3: Die Osternacht

Sie hören SWR 4 Blickpunkt Kirche, heute über die heiligen Tagen vor dem Osterfest. Der Karsamstag ist ein Tag der absoluten Stille. Das Entscheidende passiert in der Nacht. Umso eindrücklicher ist das Zeichen, mit dem die Osternacht beginnt:

Wir beginnen vor der Kirche, die Jugendlichen bereiten ein Feuer vor, das sog. Osterfeuer und es wird die Osterkerze gesegnet und mit dieser gesegneten Kerze ziehen dann wir alle in die stockdunkle Kirche ein. Und dann ist eben diese eine Flamme das einzige Licht, das in der Kirche leuchtet, bis dann eben dieses Licht verteilt wird und dann die Kirche ganz mit Kerzenlicht erleuchtet ist.

So beginnt in allen katholischen Gemeinden die Osternacht. Auch in Mainz-Hechtsheim bei Pfarrer Michael Bartmann. Das Feuer und die Osterkerze zeigen deutlich: es geht von der Dunkelheit zum Licht. Vom Tod zum Leben. Das wird nicht nur mit Worten gepredigt, sondern auch mit vielen Zeichen verdeutlicht. Das Ostergeschehen wird sinnlich erfahrbar:

Wenn das Licht sich verbreitet, wenn es wirklich so wie ein Lauffeuer durch die Kirche geht und ich steh dann am Altar und hab dann den Blick in die Kirche hinein und diese vielen, vielen Lichter, die aus diesem Licht gekommen sind, das ist beeindruckend. Das hat auch etwas mit Gänsehaut, mit Gefühl zu tun, das kann man nicht immer in Worte bringen.

Aber nicht nur für die Augen wird etwas geboten, es gibt auch etwas für die Ohren. Nachdem zwei Tage lang die Glocken und die Orgel stumm waren, kommen die Töne und die Freude mit Macht zurück:

Und dann plötzlich unter Glockengeläute und die Ministranten schellen und die Sakristeiglocke wird geschellt, also es ist so richtig laut, kommt dann diese Stimmung da rein.

 Die ganze Feier der Osternacht ist voller sinnlicher Zeichen. Licht und fröhliche Gesänge. Und es gibt auch etwas zum Anfassen. Der Pfarrer weiht das Osterwasser mit dem das ganze Jahr über Kinder getauft werden. Wasser ist rein und frisch, es bedeutet Leben. Wer getauft wird, der wird leben. Daran sollen sich alle Christen in der Osternacht erinnern. Und deshalb lässt Pfarrer Michael Bartmann Schalen mit frischem Osterwasser aufstellen, damit die Gottesdienstbesucher ihr Gesicht damit erfrischen können. Ein Zeichen für die Taufe, die immer noch wirkt:

 Wenn Sie verheiratet sind, haben sie einmal Ja gesagt und trotzdem muss sich dieses „Ja" im Alltag immer wiederholen und dazu braucht es Zeichen. Sie können nicht zur Frau sagen: Du weißt doch, dass ich dich liebe. Und es braucht auch im Glauben das Zeichen.

 Mit der Feier der Osternacht zeigen die Christen ganz deutlich, dass Gott alles Leid und alle Schwere von ihnen nimmt. Gott will, dass die Menschen leben. Die Stimmung ist gelöst, viele Gemeinden treffen sich danach noch zu einem Osterfrühstück. Die Freude soll im Alltag weitergehen. In der biblischen Ostergeschichte gibt es deshalb den Emmausgang. Jesus begleitet seine Jünger. Deshalb gehen viele Christen am Ostermontag spazieren. Pfarrer Michel Bartmann hat einen besonderen Spaziergang am Ostermontag in der Kirche erlebt:

 Und es war sehr warm und die Türen waren offen. Irgendwann dachte ich, warum lachen die Leute, du hast nix Lustiges gesagt, kann doch gar net sein. Und auf einmal wusste ich warum. Ich sah durch den Mittelgang ganz gerade auf mich zukommen: meinen Hund. Irgendjemand muss die Haustür nicht zugemacht haben, der hat mein Stimme gehört und lief dann schnurstracks durch den Mittelgang auf mich zu. Ich hab nur, ich war so perplex, gesagt: Du musst wieder heimgehen, aber das hat er natürlich nicht verstanden. Gott sei Dank war jemand da, der ihn heimbringen konnte.

 Das war der SWR4 Blickpunkt Kirche zur Feier der heiligen Tage an Ostern. Am Mikrophon war Andrea Emmel

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SWR4 Abendgedanken RP

Teil 1 Erfahrungen Autofasten

Musik: ja mir san mim Radl do....

Das können in den nächsten vier Wochen tausend Menschen im Südwesten Deutschlands, besonders in Rheinland-Pfalz von sich behaupten: Sie sind mit dem Rad, mit dem Bus oder zu Fuß unterwegs, weil sie vier Wochen lang aufs Auto verzichten, vollkommen freiwillig. Sie beteiligen sich nämlich an der Aktion Autofasten. Sogar Dietmar Giebelmann, der Verwaltungschef des Bistums Mainz, lässt in der Fastenzeit öfter mal das Auto stehen.

Ich mach die Erfahrung, dass im Lauf eines Jahres, das Auto immer mehr zu Selbstverständlichkeit wird, dass ich auch anfange, in Mainz Auto zu fahren, zum Schluss vom Ordinariat nach Hause fahre, weil die Aktentasche zu schwer ist, Natürlich kann ich nicht ganz auf das Auto verzichten. Wenn ich Sonntags morgens um neun in Oberhessen firme, komme ich da gar nicht anders hin. Aber zu überlegen, wie kannst Du damit verantwortungsvoll umgehen und wie kannst Du dort, wo du es reduzieren kannst, es auch lassen. Ich fange bei mir selber damit an.

Ein voller Terminkalender ist oft nur mit dem Auto zu schaffen. Aber auch Einkäufe für die Familie, der Weg zur Arbeit und Kindertransport zur Musikschule oder zum Turnen, dafür nutzen viele Familien ihre Autos. Die Mainzerin Susanne Rapp schafft das meiste davon auch ohne Auto. Ihre Devise: Alles eine Frage der Ausrüstung:

Also, wir haben einen Kinderfahrradanhänger und einen Kindersitz fürs Fahrrad und Wasserkästen. Und ich muss wirklich sagen, der passt perfekt in meinen kleinen Kinderwagen und ich geh mit dem leeren Kasten in die Stadt und mit dem vollen hoch.

Natürlich geht vieles nur, weil die Verkehrverbindungen in der Stadt sehr gut sind. Aber Familie Rapp lässt ihr Auto nicht nur in der Fastenzeit stehen:

Wir haben im letzten Jahr alle unsre Urlaubsreisen mit dem Zug gemacht und da kann man was erleben, vor allem wenn man dann Kind, Fahrradanhänger, zwei Fahrräder und Gepäck mitnimmt. Das hat uns dann schon mal Nerven gekostet.

Warum um Himmels willen macht sie das? Warum verzichten gemeinsam mit ihr jetzt in der Fastenzeit tausend Menschen auf ihre Blechkarosse? Das hören Sie nach der nächsten Musik:


Teil 2 Motivation Autofasten

SWR 4 Blickpunkt Kirche heute mit einem besonderen Verzicht - dem Autofasten. Schon zum dreizehnten Mal laden die beiden christlichen Kirchen dazu ein. Warum lassen tausend Menschen in den nächsten vier Wochen ihre Autos stehen und nehmen stattdessen die Bahn, fahren mit dem Rad oder laufen. Susanne Rapp denkt dabei an die Zukunft:

Und wir schauen natürlich auch so ein bisschen, so mit diesem Fußabdruck, den man auf der Erde hinterlässt: Was ist wirklich Luxus und wo brauchen wirs unbedingt und wo können wir auch ein bisschen was dazu beisteuern, dass eben einfach auch umgedacht wird und dass die Ressourcen mehr geschont werden?

Susanne Rapp möchte die Erde schützen. Denn der zunehmende Verkehr belastet die Umwelt. Wer hundert Kilometer mit dem Auto fährt bläst ungefähr 15 Kilo Kohlendioxid in die Luft. Dazu kommt noch der riesige Gütertransport mit Lastwagen. Da werden Waren hunderte Kilometer durch Europa gefahren. Auch der Flugverkehr nimmt zu. Für zehn Euro kann man zum Einkaufen nach Mailand fliegen. So schön das ist – damit werden aber auch die Schätze der Erde verbraucht. Viele Christen wollen aber Gottes wunderbare Schöpfung bewahren. Sie fordern ein Umdenken.
Allerdings – die Organisatoren der Aktion Autofasten heben nicht den moralischen Zeigefinger: Jeder, der mitmacht, kann selbst entscheiden, wie oft er das Auto stehen lässt. Wer auf dem Land wohnt oder beruflich auf das Auto angewiesen ist, der kann Fahrgemeinschaften gründen, oder in der Freizeit die Blechkarosse stehen lassen. Alois Bauer, Referent für Gerechtigkeit und Frieden im Bistum Mainz weiß, dass der Verzicht aufs Auto auch ein großer Gewinn sein kann:

Nutzen sie mal wieder die eigenen Füße, nehmen sie das Fahrrad aus dem Keller, oder fahren Sie Bus und Bahn, und sie werden interessante Erfahrungen machen. Sie werden Leute kennen lernen, sie können während der Fahrt Zeitung lesen, sie können entspannen, müssen nicht täglich im Stau stehen, und sie tragen auch aktiv etwas bei zum Klimaschutz.

Wer Autofastet tut also doppelt Gutes: die eigene Gesundheit wird gestärkt und die Umwelt geschont. Deshalb liegt die Aktion Autofasten dem Verwaltungschef der Diözese Mainz, Dietmar Giebelmann, auch so am Herzen. Er will mit gutem Beispiel vorangehen:

Ich denke, es geht uns darum, dass wir ganz bewusst mit dem Auto umgehen. Ich selber mach die Erfahrung: Es ist gut, einmal im Jahr in dieser Aktion Autofasten innezuhalten und nachzudenken, was mach ich eigentlich. Also: Dass ich selber versuche, das Autofasten nicht nur zu eröffnen, sondern zu überlegen, wie kann ich mich daran beteiligen?

Deshalb geht Dietmar Giebelmann so oft es geht zu Fuß. Dabei tut der Verzicht auf das Auto nicht nur dem Körper gut. Dazu mehr nach der nächsten Musik:


Teil 3 Autofasten – spirituell

Fasten hat mittlerweile einen guten Ruf. Fasten hilft, überflüssige Pfunde loszuwerden, den Körper zu reinigen und wieder fit zu machen. Aber viele Religionen kennen auch einen weiteren positiven Aspekt des Fastens: Wer für gewisse Zeit auf gewohnte Dinge verzichtet, zum Beispiel Alkohol, Fleisch oder Süßigkeiten, der tut auch seiner Seele etwas Gutes. Eine Einsicht, die viele Jahrhunderte auf dem Buckel hat. So eröffnet Klaus Volker Schütz, der evangelische Propst von Rheinhessen, ganz bewusst die Aktion Autofasten mit einem Zitat von Johannes Chrysostomus. Der Theologe hatte schon im 4. Jahrhundert, die spirituelle Bedeutung des Fastens erkannt:

Das Fasten ist die Speise der Seele. Wie die körperlich Speise stärkt, so macht das Fasten die Seele kräftiger und verschafft ihr beweglichere Flügel, hebt sie empor und lässt sie über himmlische Dinge nachdenken.

Fasten kann also den Körper und die Seele leichter machen. Wer auf gewohnte Dinge verzichtet, der spürt vielleicht erst mal eine Leere, eventuell sogar körperliche Entzugserscheinungen, aber danach kann der Kopf und die Seele frei werden. Wer auf das Auto verzichtet und deshalb öfter läuft und mit dem Fahrrad fährt, der spürt: Der Kreislauf wird angekurbelt, der Lebensrhythmus wird weniger hektisch, es bleibt mehr Zeit übrig. Deshalb hat das Autofasten auch eine spirituelle Dimension, findet der Mainzer Generalvikar Dietmar Giebelmann:

Also, ich denke, das Fasten gehört vom Wesen her zu allen Religionen dazu. Die einen verzichten in der Fastenzeit eher auf Süßigkeiten oder auf Bonbons oder auf Zigaretten, oder aufs Ausgehen; machen irgendetwas, was ihnen sonst selbstverständlich ist und das einfach, damit wir den Kopf mal wieder frei bekommen. Und so ist auch das Autofasten eine Möglichkeit, sich ganz bewusst auf das hin zu orientieren, was uns wichtig ist im Leben.

Das beschreiben ganz viele Menschen, die fasten. Sie empfinden den Verzicht nicht als Selbstbestrafung, im Gegenteil: Ihre Sinne werden geschärft. Sie riechen stärker, die einzelnen Nahrungsmittel schmecken intensiver. Und die Autofaster beschreiben alle, dass sie viel deutlicher die Natur, Wetter, Vogelgezwitscher und ihre Mitmenschen wahrnehmen. Für Susanne Rapp ist Fasten deshalb ein wichtiger Bestandteil ihres Glaubens:

Ja, also ich bin selber Christ, ich denke, was es schon mit einem macht, dass man sich an kleinen Dingen wieder stärker freut: Wenn der Bus pünktlich kommt, dass man so dankbar wird, wenn das alles funktioniert, die Anschlüsse, oder auch, wenn man im Zug Hilfe erfährt, wenn das Kind bisschen rumläuft und ein anderer Reisender mit dem Kind in Kontakt kommt, und das nett macht. Sich auch ein Stück weit verletzlich zu machen und sich zu öffnen für Kontakte mit anderen Menschen, die man ja nicht hat, wenn man im Auto sitzt, alles zu ist und man eben durch die Lande fährt.

Autofasten ist gut für Leib und Seele und für die Schöpfung. Oder wie es der belgische Ordensmann Phil Bosmans ausgedrückt hat: „Fasten heißt lernen, genügsam zu sein; sich weigern, in Materie zu ersticken; sich von allem Überflüssigen lächelnd zu verabschieden.“ https://www.kirche-im-swr.de/?m=7817
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SWR4 Abendgedanken RP

Schutzengel – daran glauben viele Menschen. Der Mainzer Dom hat eigentlich auch einen Schutzengel, aus Stein. Aber der fehlt seit zwei Jahren, weil er restauriert wird. Warum brauchen Menschen einen guten Engel? Und wie können wir uns den vorstellen?


Teil 1. Engelvorstellungen

Die tauchen meistens im Advent auf. Und in der Kirche natürlich. Aber auch im Alltag glauben viele Menschen an Engel. Wie stellen sich zum Beispiel die Mainzer solche Himmelsboten vor?

Ja, ich glaube an Engel, weil ich auch selbst Erlebnisse hatte, unterstützt wurde, also ich sehen sie als Unterstützer. / Ich weiß es nicht, es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, also ich glaub nur das, was ich sehe. / Hin und wieder ja, zu spüren zu erlebe, ja, als eine Form von Energie, die uns umgibt, als eine positive Energie. / Nein, glaub ich nicht. / Oh ja, jeder Mensch hat ja irgendwo einen Schutzengel, wenn man dann an nichts mehr glaubt. Der geht durch Zeit und Raum, ich vergleiche ihn mit den Toten, die auf uns aufpassen.

Eine, die es wissen muss, ist Äbtissin Schwester Elisabeth Kralemann. Die Ordensfrau leitet das Benediktinerinnen-Kloster Engelthal in der hessischen Wetterau. Der Legende nach haben Bauern in diesem Tal tanzende und musizierende Engel gesehen und deshalb wurde dort ein Kloster gegründet. Schon allein deshalb ist sie den Engeln ganz nah. Aber die himmlischen Boten kommen nicht nur im Kloster vor. Schwester Elisabeth wundert sich überhaupt nicht, dass Engel heute total in Mode sind:

Die Menschen sind unterwegs, große Mobilität ist da. Da kann ich mir vorstellen, dass Menschen Schutz suchen, sich an Engel wenden, die für sie Heimat, Geborgenheit und Schutz ausdrücken.

Heimat und Geborgenheit ist für viele Menschen gleichbedeutend mit ihren familiären Wurzeln. Eltern und Großeltern haben die Kinder behütet und eine Orientierung für den Lebensweg gegeben. Wenn die Familienangehörigen schon verstorben sind, erhoffen sich viele eine ähnliche, dann himmlische Fürsorge. Aber – wer im Himmel ist, wird damit nicht automatisch zum Engel, erklärt Schwester Elisabeth:

Ich denke schon, dass man zu den Verstorbenen auch eine Beziehung haben kann. Ich denke, dass man seine Lieben wiedertreffen wird, aber das will ich nicht mit den Engeln in Verbindung bringen.

Wie sehn sie denn nun aus - die Engel? Golden, pausbäckig, mit Flügeln? Wie können wir uns die Himmelsboten vorstellen? Das hören Sie nach der nächsten Musik.


Teil 2. Glaube an Engel

Die sind zurzeit schwer in Mode. Aber wie kann man sich Engel vorstellen, ohne weltfremd und spinnert zu wirken? Schwester Elisabeth Kralemann, die Äbtissin von Kloster Engelthal orientiert sich in ihrem Glauben an den Überlieferungen der Bibel:

Für mich sind vor allem die Engel aus der Bibel wichtig. Ich finde es wichtig, dass sie schon im Alten Testament vorkommen und den Menschen den Weg weisen, als Boten, oder im Neune Testament als Mittler zwischen Gott und den Menschen, die uns immer wieder auf die göttlichen Spuren in unserem Leben hinweisen.

Die Engel in der Bibel sind also die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Von Flügeln und goldenen Löckchen ist keine Rede. Deshalb haben die Engel für Schwester Elisabeth auch überhaupt nichts Kitschiges oder Vergeistigtes:

Ich stell sie mir nicht so vor mit dem Goldreif und mit Flügeln. So muss man sich Engel ja nicht vorstellen, sondern ich stell mir vor, dass uns Engel zugeordnet sind, als unsichtbare Wesen. Für mich ist das eigentlich etwas ganz Nüchternes und Realistisches, dass ich denke, die Engel sind auch zu unserem Schutz gesandt. Also, ich hör keine Stimmen, aber vielleicht wenn man vor einer Entscheidung steht, und man betet dann auch darum, das man dann wieder weiß, wie man weitergehen kann.

Ganz bodenständig, so sieht die benediktinische Ordensschwester die Himmelsboten. Sie ist sich sicher, dass jeder Mensch die Gegenwart von Engeln spüren kann. Jeder kann entdecken, dass Gott an seiner Seite ist. Diese Nähe Gottes zeigt sich manchmal in der Zuneigung anderer Menschen. Jeder Mensch kann ein Engel sein. Sind die Nonnen vom Kloster Engelthal automatisch auch Engel?

Das würde ich nicht sagen. Wir sind genauso Menschen wie andere auch. Natürlich bemühen wir uns auch für Menschen, die zu uns kommen offen zu sein. Es gibt ja immer wieder so Situationen, wo Menschen zum Helfer werden können, trösten, mit Rat zur Seite stehen. Und in diesem Sinne kann jeder Mensch auch für den Andern zum Engel, zum Schutzengel werden.

Engel müssen nicht Männer mit Flügeln sein. Sie können als besonders zugewandte Mitmenschen erscheinen, oder als innere Orientierung.
Menschen brauchen diese Schutzengel. Warum der Mainzer Dom einen Schutzengel braucht und warum der so wertvoll ist, das hören sie nach der nächsten Musik.


Teil 3. Engel aus Stein

Heute zum Thema Engel für den Dom – Engel für die Menschen. Seit zwei Jahren fehlt die mittelalterliche Engelfigur, die vom Dach des Mainzer Domes auf den Marktplatz herunterblickt. Das Original ist stark verwittert, eigentlich kann man nur noch erahnen, wie er mal ausgesehen hat.
Der Steinmetz Frank Scherf aus der Mainzer Dombauhütte arbeitet an einer neuen Engelfigur, die dem siebenhundert Jahre alten Original sehr nahe kommen soll. Aber wie kann das gehen? Es gibt schließlich keine Fotos aus der Zeit. Also muss sich der Steinmetz an dem orientieren, was er am Original noch vorfindet:

Also es sind hier am Gewand zum Beispiel, gewisse Falten da, und da kann man ja ableiten oder draus schließen, dass die dann auch so ausgesehen haben könnten.

Leider sind nur wenige Teile erhalten. Das Gesicht fehlt fast vollständig, auch die rechte Hand. Und was könnte der Engel in der Hand gehabt haben? Wie haben wahrscheinlich die Flügel, wie das Haar ausgesehen? Dafür muss der Steinmetz Frank Scherf auf Engeldarstellungen aus der gleichen Epoche zurückgreifen. Gemeinsam mit dem Domkonservator Hans Jürgen Kotzur entwickelt er einen Engel, wie er im 13. Jahrhundert ausgesehen haben könnte. Aber der wird nicht sofort in Sandstein gemeißelt. Zuerst wird ein Modell hergestellt, das sieht so aus, als würden große Jungs mit Knete basteln.

Das ist Plastilin, das ist so eine plastische Masse, damit wird halt erst mal die Form rekonstruiert, weil halt so unvollständig die Figur erhalten ist. Das ist jetzt der Versuch die Form zu rekonstruieren, und wenn das gemacht ist, dann kann man noch mal einen Abdruck machen, und dann wird die Figur aus Stein gemacht.

Ganz schön kompliziert: Zuerst ein Modell mit Knete, dann wird eine Form mit Silikon gegossen, und wie beim Backen zuhause wird die Form mit flüssigem Gips gefüllt. Erst von diesem Gipsmodell ausgehend wird dann die Figur in Stein gehauen. Unzählige Arbeitsstunden, der pure Luxus. Warum wird so viel Aufhebens um eine Figur gemacht, die dann 45 Meter hoch über dem Marktplatz steht? Steinmetz Jörg Walter erklärt, warum dieser Engel so wertvoll ist:

Es ist die einzige freistehende und komplette Darstellung eines Engels, die wir am Dom haben. Zumal also das für die damalige Zeit, spätromanisch, Anfang 13. Jahrhundert, sowieso sehr ungewöhnlich ist, so einen Engel in der Form zu haben. Meistens stehen die vor irgendwelchen Säulen oder vor geschlossenen Wänden, freistehend in dieser Form, fast überhaupt nicht.

Er ist also etwas ganz Besonderes, sozusagen der Mainzer Schutzengel auf dem Dach des Domes. Er will vor allem eines deutlich machen: Gott geht mit uns durch die Zeit. Er ist bei uns. https://www.kirche-im-swr.de/?m=6851
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SWR4 Abendgedanken RP

Teil 1. Domführung für Kinder

SWR4 Blickpunkt Kirche heute über das große Kinderfest zum Mainzer Domjubiläum. Mehr als zweitausend Kinder aus dem ganzen Bistum kamen am letzten Sonntag nach Mainz. Sie feierten den tausendsten Geburtstag ihrer Bischofskirche. Rund um den Dom gab es einen Gottesdienst, im Anschluss konnten die Kinder Fahnen bemalen, Anstecker drucken und eine Dommünze prägen. Aber auch im Dom war alles voller Leben. Statt besinnlicher Ruhe herrschte im ehrwürdigen Gotteshaus ein buntes und lebendiges Gewusel. Kein Wunder: Hunderte Kinder und ihre erwachsenen Begleiter nahmen an einer Kinderdomführung teil.
Die Kinder blicken ganz begeistert nach vorne, denn im Altarbereich stehen neben dem Domdekan Heinz Heckwolf noch der grüner Drache Tabaluga und Arktos, der Schneemann, zwei Figuren, die alle Kinder aus dem Kinderfernsehen kennen.

Jetzt endlich sind die Beiden, hier im Dom gibt es ein ganz großes Instrument, und jetzt wolln wir mal ganz still sein und mal hören, wie dies Orgel spielt, 8000 pfeifen ganz kleine und ganz große gibt es hier im Dom, ihr zwei hört schon zu.

Das sind viele spannende Informationen für die Kinder und ihre Eltern. Und sogar das Selbstverständlichste, nämlich der Namen des Mainzer Domes, bietet noch Überraschungen. Tausend Jahre ist er alt, und immer noch für Überraschungen gut. Dass sich selbst Kinder für ihre Bischofskirche begeistern können, das erfahren sie nach der nächsten Musik.


Teil 2. Die Motivation der „Hausherren“

Sie hören den SWR4 Blickpunkt Kirche, heute mit dem Kinderfest zum Domjubiläum. Wer einen runden Geburtstag feiert, feiert meistens ein großes Fest. Mit allen Menschen, die einem wichtig sind und am Herzen liegen. Deshalb hat das Bistum Mainz den tausendjährigen Weihetag des Domes am letzten Sonntag mit zweitausend Kommunionkindern aus der ganzen Diözese gefeiert. Aus Rheinland-Pfalz kamen die Kinder von Worms bis Bingen.
Für den Mainzer Bischof Kardinal Lehmann ist das Kinderfest ganz wichtig. Denn die Kirche will den Blick eben nicht nur tausend Jahre rückwärts richten.:

Ich finde es ein gutes Zusammentreffen, dass der 1000 Jahre alte Dom auch Kinder anspricht, und dass gerade, wenn wir so ein ehrwürdiges Alter feiern, wir die Jüngsten, die auch in die Zukunft reichen mit dabei haben, gerade eine alte Kirche braucht Zukunft, braucht die Jugend.

Denn der Mainzer Dom ist kein Museum. Seine Steine und seine Gestalt sind vielmehr ein lebendiges Glaubenzeugnis. Jede Epoche hat ihre Spuren und ihren Glauben hinterlassen. Hier wohnt Gott unter den Menschen. Und die Kommunionkinder begreifen sehr schnell, dass der Dom ein besonderer, ein heiliger Ort ist, weiß der Hausherr, Domdekan Heinz Heckwolf:

Auf jeden Fall kann man ihnen klarmachen, dass an diesem Ort schon seit tausend Jahren gebetet wird, noch wichtiger war heute morgen die Gemeinschaft zu erleben, die Gottesdienstgemeinschaft, wird dadurch gestärkt, die Gemeinschaft der Gläubigen im Bistum, und das am Dom und das war gut.

Der alte Dom kann also so etwas wie ein verlässliches Fundament im Leben der Kinder sein. Aber die Kirche kann auch von der Lebendigkeit und der Spontaneität der Kinder profitieren. Das hat der Heinz Heckwolf schon bei mehreren Domführungen erlebt:

Ich bin immer wieder überrascht, wie viel die Kinder sehen, und sie haben mir auch schon manches im Dom gezeigt, was ich gar nicht so wahrgenommen habe, zum Beispiel das eine Bischofsgestalt in der Marienkapelle, auf seiner Bischofsmütze die Darstellung des Heiligen Martin hat, da muss man also schon sehr interessiert sein und sehr aufmerksam sein, um das zu entdecken, die Engel entdecken sie immer, manche haben auch schon die Engel gezählt, bei 200 haben sie aufgehört, Kinder sehen halt vieles.

Für die Gastgeber, also das Bistum Mainz war das Kinderfest ein großer Erfolg. Aber wie hat es den Gästen gefallen, den Kommunionkindern und ihren Eltern? Das hören sie nach der nächsten Musik.


Teil 3. Die Erlebnisse der „Geburtstagsgäste“

SWR4 Blickpunkt Kirche heute über das große Kinderfest zum Mainzer Domjubiläum. Am vergangenen Sonntag war im und um dem Dom herum alles anders. Über zweitausend Kinder bevölkerten den Dom und seine Plätze. Als der Hausherr, Domdekan Heinz Heckwolf die Kinder durch den Dom führen wollte, musste er sich selbst erst mal einen Weg durch die vielen Kinder bahnen. Natürlich konnte er viele spannende Dinge über den Dom erzählen. So eine Domführung finden Kinder spannend, meint der dreizehnjährige Jonatan:

Mir hat gefallen, dass er das auch für Kinder erklärt hat, der Dekan, und das ist einfach schön hier im Dom.

Die Kinder haben ein Gespür dafür, dass der Dom mehr ist, als ein Haufen alter Steine. Rahel zum Beispiel ist ganz begeistert über die Fähigkeiten der früheren Künstler:

Mir gefällt da hinten, da dieser Bereich, da sind ganz viele alte Gemälde, die man jetzt nicht mehr so einfach hin bekommt.

Und Emma haben es besonders die Fenster angetan.

Mir gefallen die Fenster gut, weil die sind total bunt gemalt und die leuchten so.

Alles im Mainzer Dom ist riesig und beeindruckend. Die Kinder staunen, als der Domdekan ihnen erzählt, dass die Orgel aus achttausend Pfeifen besteht. Gleichzeitig ermuntert er sie, genau hinzuschauen. Wer wissen will, wer der Schutzpatron des Domes ist, muss nur den Altarraum anschauen. Hier entdecken die Kinder schnell die Figur des Heiligen Martin. Wenn die Kinder selbst etwas entdecken können, wenn sie spannende Geschichten über den Dom hören, dann wird der Kirchenbau für sie lebendig und faszinierend. Das beobachtet auch Daniela Kreckel:

Ich denke, die hören dann auch zu, dass der Dom auf Pfählen steht – spannende Dinge, die man so eigentlich nicht erfahren kann.

Das war natürlich ein Grund, warum die Eltern mit ihren Kindern am letzten Sonntag so zahlreich nach Mainz gekommen sind. Die Kinder können erfahren: der Mainzer Dom ist das Herz der Stadt. Sie spüren, dass der Dom vielen Menschen wertvoll ist. Das überträgt sich auch auf den Glauben, findet Hans Peter Zirfaß:

Und das Lebendige überträgt sich dann natürlich auch auf die Kirche an sich, Kinder im Gottesdienst sollten eins der Zentren sein, da sollte man sich wirklich drum bemühen und das Ganze muss lebendig sein.. Einfach nur ein Gottesdienst zelebrieren, wie er seit hundert Jahren gemacht wird, ist schön, aber die Kinder brauche da einen anderen Ansporn, damit sie auch für sich selbst etwas rausfinden.

Das Kinderfest rund um den Mainzer Dom zeigt den Kindern, dass sie der Kirche wichtig sind. Sie sind die Zukunft des Glaubens. Alle, die dabei waren, haben genau gespürt, dass sie nicht allein sind. Für Hans Peter Zirfaß hat sich der Besuch auf jeden Fall gelohnt:

Ja, zum einen, den Kindern zu zeigen, dass Kirche nicht nur in der eigenen Pfarrei stattfindet, sondern dass das eine riesen Bewegung ist, und das ist natürlich ein idealer Anlass, dann auf einem so großen Platz mit so vielen Menschen gemeinsam Glauben zu leben. https://www.kirche-im-swr.de/?m=6376
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