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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP


NÄHER! „7 Wochen ohne Scheu“. So lautet der Slogan zur diesjährigen Fastenaktion der Evangelischen Kirche in den Wochen vor Ostern: NÄHER! „7 Wochen ohne Scheu“.
Ein Lockruf! Auf der Begleitbroschüre zur Aktion lächelt mir eine junge Frau entgegen.
Kess schaut sie hinter einer halb geöffneten Tür hervor. Und daneben dann dieser Slogan: NÄHER! 7 Wochen ohne Scheu!. Wow, geht es mir durch den Kopf, meint sie etwa mich?
7 Wochen Nähe ohne Scheu. Mit ihr...

In der Broschüre steht weiter: Die Fasten-Aktion will Raum schaffen, Ihnen Worte und Bilder mit auf den Weg geben, für ein Streitgespräch, einen Krankenbesuch oder eine überfällige Liebeserklärung. Aha. Streitgespräch, Krankenbesuch, längst überfällige Liebeserklärung.
Mhm. Alles nicht so ganz einfach. Ich mag nicht gern streiten. Und wie oft denke ich bei Krankenbesuchen: Jetzt bloß die richtigen Worte finden!

Noch etwas weiter in der Broschüre heißt es: »Näher!«, lautet unser Lockruf, mit dem wir Sie einladen, Robinson’sche Einsamkeiten aufzugeben, und - wenn man dann von seiner Robinson-Insel runter gekommen ist- soll man: Bündnisse aushandeln, Überraschungsbesuche machen, eingeschlafene Kontakte aufwecken und einander die Freundschaft erklären.
Boah! Eine Menge Holz.
Aber gut: Will ich nicht seit vier Jahren diesem kernigen Berufsschullehrer aus Dresden einen Brief schreiben!? Wie gut mir die Gespräche getan haben, damals im Urlaub auf Lanzarote?
Und dieser seit Jahren versprochene Besuch bei der Witwe eines verstorbenen Klassenkameraden..
Schäme mich fast, da anzurufen.
Am Schluss der Broschüre kommt bei mir richtig das Blut in Wallung: Da steht nämlich:
Wagen Sie sich aus der Deckung und richtig nah dran, kosten Sie beides aus: die Gänsehaut des Genusses wie der Gefahr. Erkunden Sie die eigenen Grenzen wie auch die Ihrer Nächsten,
ignorieren Sie sie nicht, aber prüfen Sie eine Verlegung: hin zu mehr Berührung, mehr Begegnung, mehr Zusammen.
Ob die, die das geschrieben haben, wissen, was sie da lostreten? Mehr Berührung, mehr Begegnung, mehr Zusammen...
Wo das wohl endet...? Die Wochen vor Ostern könnten aufregend werden.
Ach ja: Was machen SIE eigentlich bis Ostern??

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7733
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP


Seit letzten Sonntag ist er weg: Der wunderschöne Weihnachtsbaum in unserer Kirche.
An seiner Stelle ist jetzt wieder der Taufstein zu sehen. Ist auch eindrucksvoll. Aber nicht so strahlend wie der Weihnachtsbaum.
Jetzt fehlt was. Da ist was weg, was rund und schön war.

Vielleicht geht es manchem von Ihnen ähnlich.
Nach Karneval SOLL bei vielen auch was weg, was rund und schön war.
Diese körperlichen Pfunde. Die uns so rund und schön gemacht haben.
Die SOLLEN nun weg. Fasten ist für viele von uns angesagt.
Und das klingt erst mal nach: Verzicht. Kein Glas Wein mehr zum essen
oder auch zwischendurch, kein Schokoriegel noch kurz vorm schlafen gehen...

Vielleicht fragen sie sich jetzt aber auch:
Soll ich mich denn dem Schlankheitswahn der Modezeitschriften wirklich ergeben?
Oder kann ich sagen: Mein Bauch ist rund, na und? Ich bin auch rund gesund!

Also, was mich betrifft: Ich will es einfach mal anders machen. Aus dem Käfig lieb gewonnener Gewohnheiten raus gehen. Das kitzelt mich doch. Ich will mit meinen 60 Jahren kein Schlappi-Pappi sein, der sich nichts mehr an Veränderungen zutraut. Wär doch gelacht.
Und ich kann ja auch nach 7 Wochen wieder damit aufhören....

Es sollte aber schon spannend sein, das Fasten. Und ein wenig Spaß machen auch.

Also, ich werde mit den Schokoriegeln anfangen: Jeden Abend werde ich einen vor mich hinlegen und sagen: Nein, nein, nein, du verführst mich nicht! Hach, wenn ich daran denke, dass nach sieben Wochen 49 Schokoriegel vor mir liegen ! Ich werde sie dann anschauen und sagen: was machen wir jetzt miteinander, ihr und ich? Trennen wir uns für immer?

7 Wochen mich nicht verführen lassen. Weil da doch was weg soll.
Weil angenehme Gewohnheiten mich nicht total beherrschen sollen.
Ich bin gespannt was das aus mir macht.

Vielleicht werde ich etwas weniger rund. Aber dafür geistig angereichert, aufgefüllt…
Könnte dann meinen Schokoriegeln zublinzeln, ganz entspannt,
und sagen - frei nach Curd Jürgens-
Schaut mich an: 60 Jahre - und doch ein bisschen weise.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7732
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP


Wie kann man eigentlich mit Gott reden?
Komische Frage, hätte meine Großmutter gesagt. Ich rede jeden Tag mit ihm.
Ist ganz einfach. Wie Kuchen backen:
Du suchst deine Sachen für den Teig zusammen: also Mehl Butter, Zucker und so weiter, dann knetest du den Teig, lässt ihn dann gehen, und wartest ab.

So habe ich als Kind von Großmutter gelernt mit Gott zu reden.

Natürlich wollte ich genauer wissen was das heißt:
seine Sachen zusammen suchen wie für den Teig.
Na, antwortete sie, deine Gedanken sammeln, die dich gerade beschäftigen.
Und das kneten?
Du nimmst nicht alle Gedanken, sagte Großmutter.
Wird zu viel Durcheinander. Auch für Gott.
Nur zwei, drei Dinge, die dich bewegen.
Und die sprichst du dir vor wie man ein Gebet spricht.
Wie das Vater Unser ? Ja, so ähnlich.
Gut. Und dann, wie lange muss ich denn warten, meine Gedanken „gehen lassen“?
Mhm, manchmal nur fünf Minuten, sagte Großmutter.
Was, nur fünf Minuten ?
Ja. Du sprichst dein Gebet und spürst wie alles um dich herum versinkt.
Nur die Worte sind wichtig.
„Vater Unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde Dein Name.“
Und dann breitet sich in dir eine Ruhe aus, wie wenn ein Teig aufgeht. Lecker.

So habe ich gelernt mit Gott zu reden. Mache ich bis heute.
Mit hat das oft geholfen: mich zu sammeln.
Und es hat mir die Augen geöffnet. Für die Menschen um mich herum.

Für den Tag heute hört sich mein reden mit Gott so an:
Der Sommer ist gegangen
der Herbst nistet sich ein ins Gemüt, Blätter fallen, Früchte werden reif.

Hast du, Herr, mich noch im Blick?

Wie die Natur ihre reiche Ernte zurücklässt,
so lass zurück in mir deine Kraft,
Phantasien fürs Leben, für meine Nächsten,
für alle, die mir von Herzen lieb sind.
Danke Herr für diese Fülle,
für das Paradies
manchmal nur einen Pflaumenkuchen weit weg.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=6920
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP


Mit Gott an der Theke stehen. In Ruhe zusammen ein Bier trinken.
Und dann ein paar Gedanken austauschen.
Da stelle ich mir manchmal vor. Dass das ginge. Wenn ich überlege, wie in der Bibel von Gott die Rede ist.
Wo er sich überall mit Menschen getroffen hat:
Mit Adam und Eva ist er im Garten des Paradieses herumspaziert.
Mose ist er in einem brennenden Dornbusch erschienen.
Und manchmal sogar mit Gefangenen über eine Mauer gesprungen, wie es in einem Psalm heißt.
Wenn Gott also so wandlungsfähig ist:
Warum ihn nicht auch mal am Tresen treffen?

Jou, würde ich zur Begrüßung sagen, jou.
Das sagt man hier in Fischbach so, wenn man sich trifft: Jou.
Und dann würde ich die Gelegenheit beim Schopf nehmen.
Ihn über Jesus ein bisschen aushorchen. Würde das ganz auf die einfache Art machen.
Wie man am Tresen halt so redet.

Sag mal, dieser Jesus, würde ich zu Gott sagen: Was weiß man denn am Ende eigentlich über ihn? Die Geschichten in der Bibel sind widersprüchlich.

Mal redet Jesus als würde er eine Revolution anzetteln wollen:
Ich bin nicht gekommen Frieden zu stiften, sondern das Schwert.
Mal redet er einfach unglaublich tröstlich: Kommet herzu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe schenken. Hat er gesagt.
Und da frage ich DICH: Was denn nun : Revolution oder Trost ??

Und dann sein Privatleben: Krach mit der eigenen Familie, Wandert durch die Dörfer, gewinnt da und dort einen Mitgesellen. Aber: keine normale Frau an seiner Seite. Jedenfalls steht davon nichts in der Bibel. Kein Häuschen, keine Kinder, nichts Sicheres.
Hat sich nur auf dich verlassen. Zuerst ein Wahnsinnserfolg, viele Mitläufer und Fans.
Und am Ende: in den großen Schlamassel hineingeraten. Hat nach DIR gerufen: Mein Gott, warum hast du mich verlassen!?
Was da bloß gelaufen ist, fragt man sich doch. Warum dieses unnormale Leben. Und so voller Widersprüche !?

So würde ich versuchen mit Gott ins Gespräch zu kommen. Bisschen provokativ vielleicht, zugegeben. Aber einer, der so wandlungsfähig ist wie Gott, von dem die Bibel erzählt:
dem traue ich was zu. Auch gute Antworten auf solche Tresenfragen.

Was würde Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, antworten,
wenn Sie Gott wären? - Nur mal angenommen!?

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP


Macht es dich eigentlich glücklich: An Gott zu glauben ?
Mit dieser Frage überraschte Tante Irmela Onkel Heinz mal wieder beim Frühstück.
Glücklich? Onkel Heinz legt die Zeitung beiseite.
Ich hatte im Leben Glück gehabt DICH zu treffen, sagt er.
Irmela lächelt, ein sanftes „Hmmmm“ erfüllt die Küche…
Aber, sagt sie und spitzt den Mund: Ich bin ja nicht Gott.
Nee, meint Heinz. Aber ein Gottesgeschenk. Das schon.
Find ich auch!
Aber, sag, hat dich Gott eigentlich noch mit was anderem glücklich gemacht?

Ach, glücklich, ich weiß nicht… Ich hab eher gelernt um die Ecke zu denken.
Und dabei gelernt, mich als etwas Kostbares zu sehen.
Hey, das klingt gut, das stimmt! Für mich bist du mehr als kostbar...
Aber was hat das mit deinem Glauben zu tun...?
Also, es gibt da einen Psalmvers aus der Bibel, sagt Heinz:
Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.
Huch!, meint Irmela, das klingt jetzt aber gar nicht frisch.
Ruhig Blut, sagt Heinz. Klar: Es bedeutet zunächst: Ich bin vergänglich.
Weiß nicht wie lang ich leben kann. Verdrängt man gerne.
Aber wenn ich mich versteh wie, ja wie einen Baum, dann….
Einen Baum ?
Ja, ein Baum, der irgendwann fällt und zu Humus zerbröselt und anderen Pflanzen wieder Nahrung gibt zum Wachsen. Dann..
Also, das ist aber jetzt um acht Ecken, murmelt Irmela. Ja, gut. Jedenfalls, ich meine mit dem Bild, dass auch ich im Laufe meines Lebens wie ein Baum kostbar werden kann.
Ich lebe zwar die ganzen Jahre auf mein sterben zu. Aber das kann ja auch bedeuten: Ich entfalte mich. Ich werde brauchbar. Auch für Andere.

Und so habe ich mir den Bibelvers umgeschrieben:
Herr, lehre mich bedenken, dass ich vor dem sterben leben kann,
auf dass ich kostbar werde für andere.
Wie ein Baum der anderen Leben spendet.


Dieser Gedanke macht mir immer wieder Lust. So zu leben, dass ich auch Anderen Kraft geben könnte.
Immer noch um acht Ecken, meint Irmela.
Aber: wenn es dich anregt für mich kostbar zu bleiben...
Is halt so mit den Glauben, sagt Heinz. Du lernst um die Ecke zu denken...
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP


„Liebe gibt’s auch ohne Hiebe“. Ein Reimvers aus meiner Kindheit .
Meine katholische Großmutter sagte das manchmal, wenn sie uns Kindern was zusteckte:
„Liebe gibt’s auch ohne Hiebe“.

Musik in unseren Ohren. Ein Fanal, eine Hymne gegenüber dem, was damals in den Jahren meiner Kindheit weit verbreitet war:
dass Erwachsenen Kindern gegenüber öfter schon mal die Hand ausrutschte.
Auch aus Liebe! Sagten jedenfalls die Erwachsenen, wenn man sie darauf ansprach.
Hiebe auch aus Liebe! Damit aus euch mal was Anständiges wird. Hieß es.
Das verstehe man mal als Kind:
Die einen versohlen dir den Hintern. Die anderen stecken dir was zu. Beides soll Liebe sein.......

Großmutter rutschte nie die Hand aus. Auch wenn sie selber sehr streng war.
Aber ihre Strenge hatte was mit geduldiger Zuwendung zu tun.
Und wenn sie uns was zusteckte, war das auch keine Belohnung für anständiges Verhalten.
Sie hatte uns in dem Moment einfach lieb. Nichts weiter.
Wir brauchten dafür nicht besonders brav zu sein als Gegenleistung. Das spürten wir.
Großmutters Zuwendungen waren so was wie ein Gedankenstrich der Liebe.
Sie zeigten uns: Liebe geht auch dann weiter, wenn es nicht so gut läuft zwischen uns beiden.

Daran hab ich gedacht als ich selber versuchte aus meinen Kindern was „Anständiges“ zu machen.
Geschlagen habe ich nie. Aber schon mal ungeduldig die Türen geknallt. Na,ja, hatten die Kinder selber schuld dran mit ihrem Generve....

Einmal fiel mir in so einer Situation der Reimvers meiner Großmutter wieder ein:
Liebe gibt’s auch ohne Hiebe.
Bin dann zurückgegangen und habe gesagt: OK, das war jetzt zu laut.
Aber noch so ein Widerwort und es rappelt im Karton.

Und war dann zutiefst gerührt,
als meine Kinder mir einen selbst gebastelten Karton schenkten:
Wäre nicht so laut wie beim Türe knallen....

Den Karton gibt es heute noch. Bisschen abgenutzt.
Ich werde ihn aufheben.
Für meine Kinder, wenn die mal dran sind mit erziehen.
Und oben drauf werde ich schreiben:
Lass rappeln im Karton.
Liebe gibt’s auch ohne Hiebe.
Gruß Opa..
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP


Meine Zeit, Herr, steht in deinen Händen.
Ein Vers aus der Bibel.
Als Trostvers gedacht, aufgeschrieben und über Jahrhunderte hin aufbewahrt.

In jungen Jahren
habe ich diesen Vers oft wie die Überschrift in einem schönen Reiseprosekt nachgesprochen.
War gesund. Vor mir das Leben. Auf gehts. Mit Gott im Rücken. Volle Kraft voraus!

Heute, vierzig Jahre später:
Die Gesundheit ist nicht mehr das, was sie früher mal war.
Mein Arzt sagte mir neulich scherzhaft: Na ja, Herr Müller, biologisch sind sie halt über der Zeit.
Ab 38 werden die Körperzellen nicht mehr neu aufgebaut.
Nur noch abgeschrieben. Wie in der Wirtschaft. Aber machen sie sich nichts draus.

Mach ich mir aber.
Und komme ein bißchen ins stocken, wenn ich lese: Meine Zeit, Herr, steht in deinen Händen. Auch wenn ich biologisch über die Zeit bin...?

Und dann fällt mir meine katholische Großmutter wieder ein.
Wie sie mit 84 Jahren mal sagen konnte: Ich bin eigentlich schon lange über die Zeit.
Und dann verschmitzt hinzufügte: Aber der Herrgott, der rechnet ganz anders mit mir als die Natur. Der sieht zum Beispiel wie ich mich über die Enkel freue. Jeden Tag neu. Das macht mir vieles leicht. Das koste ich aus.

So konnte Großmutter reden. Und achtete gleichwohl auf ihre Gesundheit.
Ihre Sammlung von Gesundheit-Tees war berühmt.

Diese Erinnerung hilft mir.
Ich lese den Vers wieder mit neuer Zuversicht. Und schreibe ihn mir im Gebet zu Gott fort:
Meine Zeit Herr, steht in deinen Händen.
Du weißt, ich fühl mich gar nicht gut.
Aber meine Zeit steht in deinen Händen.
Mach DU was draus.
Ich rechne mit deiner Großzügigkeit.
Meine Kinder brauchen mich noch, und meine Frau auch.

Ob Gott mich hört? Ich rechne damit.

Fülle aber auch wie Großmutter vorsichtshalber meinen Vorrat an Gesundheit-Tees auf.
Und sehe dabei manchmal Großmutter vor mir wie sie lächelnd sagt:
Übertreib es nicht, Reinhardt, deine Zeit steht in Gottes Händen.
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP


Engel sind die Postboten Gottes.
Hatte ich vor einiger Zeit irgendwo gelesen.
Ging mir nicht mehr aus dem Sinn: Engel sind die Postboten Gottes.
Ein schönes Bild. Regte mich an, mir vorzustellen:
Ich bekomme Post nicht nur von Ämtern und Handwerkern.
Finde nicht nur Rechnungen im Briefkasten oder fragwürdige Schnäppchenangebote.
Ich bekomme auch Post vom lieben Gott.
Nachrichten, die mich leicht und beschwingt machen. Echte Sommergeschichten. Das wär‘s doch.

Und dann ist es tatsächlich passiert.
Da kam ein Engel vorbei. Ein Engel mit der Uniform eines Postboten.
Blaue Hose Hose, gelbes Hemd, flotter Schritt...
Es war gegen 11 Uhr vormittags. Ich war nicht gut drauf.
Seit 3 Tagen regnete es, 14 Grad. Das sollte der Sommer sein. Oh Mann.
Da klingelte er an der Haustür. Der Postbote. Also ich meine: der Engel.

Hab ein Päckchen für sie, brauche noch eine Unterschrift.
Ich kritzele mürrisch nur meine Initialen auf das elektronische Lesegerät.
Na, bisschen mehr dürfen Sie ruhig schreiben, meint er. Schlecht geschlafen?
Ach, wissen Sie, murmele ich missmutig:
Bei dem Wetter würde ich am liebsten in Pension gehen.
Jou, verstehe ich, antwortet er, aber ob dadurch das Wetter besser wird?

Da konnte ich nur noch lachen.
Und spürte: Da ist sie. Die Engelbotschaft.
Macht dir mit einem Schlag den Kopf frei. Erlöst dich von deiner Missmutigkeit.
Lass es regnen und sei froh, dass du ein Dach über dem Kopf hast. Mein Gott.

Danke, lieber Gott, dass du mit manchmal ganz normale Postboten
als Engel vorbei schickst.
Die mich wieder leicht und beschwingt machen.

Und schick sie doch auch meinen Nachbarn
und den Leuten, die jetzt Radio hören, vorbei.
Wenn es wieder mal regnet und kalt ist. Mitten im Sommer.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“
Jesus hat das gesagt. Jesus, der gute Hirte.
Wie hat er das bloß ausgehalten, denke ich manchmal.
Ist er nie müde geworden? Beim Hirte sein?
Müde so wie unser einer. Müde beim sich verausgaben für die Seinen.

Also was mich betrifft: Es hat mich über die Jahre ziemlich müde gemacht. Und meine Frau natürlich auch: 24 Jahre Kinder groß ziehen. Die vielen schlaflosen Nächte in der Säuglingszeit. Und dann Kindergarten, Schule. Wie viel Rechtschreibreformen habe ich eigentlich mitgemacht? Und dann die ganzen neuen Medien: Wie viel Fernsehen verträgt ein Kind? Computerspiele, Game-Boys, Play-Station... Was haben wir gekämpft und gestritten!

Ich habe oft verloren in meinen Erziehungsversuchen. Aber verloren auf interessante Weise:
Habe gemerkt, dass die Kinder ihre ganz eigene Welt bauen müssen. Weil sie sich im Alltag mit Dingen rumschlagen mussten, die es zu meiner Zeit so noch gar nicht gab: Fernsehen en masse, Drogenhandel in der Schule. Damit mussten die Kinder zu recht kommen. Und welche Klarheit hatte ich ihnen zu geben, der das alles nicht kannte??

Mein Ergebnis aus 24 Jahren Erziehung ist: Am überzeugendsten war ich, indem ich sagte:
Also, ich will dich zu einem guten Menschen machen. Aber so ganz klar ist mir das auch nicht immer wie ich das schaffe...
Und dann war es tröstlich, wenn die Kinder sagten:
Ach, lass mal Papa, Hauptsache, du hast uns lieb. Den Rest müssen wir selber hinkriegen.

Ich denke, genau das steckt auch in den Verheißungsworten Jesu drin.
Jesus hat den Krieg nicht abschaffen können. Nur seinen Jüngern sagen können:
Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.

Und dann sind die Jünger gegangen, haben sich auf ihre Art für andere verausgabt, müde gemacht. Müde auf dem Weg zu den Herzen der Anderen.
Daraus ist dann mit der Zeit auch die Kirche entstanden, in der ich groß geworden bin.
Die mir Kraft und Halt gegeben hat.
Das will ich weiterhin mitnehmen von diesen Worten Jesu.
Und höre es auch in der Antwort meiner Kinder:
dass es sich lohnt, müde zu werden auf dem Weg zu den Herzen der Anderen.
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Glaubst du eigentlich an die Auferstehung?
Tante Irmela legt die Zeitung auf den Küchentisch und blickt Onkel Heinz erwartungsvoll an. Knackige Frage am frühen Morgen. Auch für Onkel Heinz, der ja einiges von Tante Irmela gewohnt ist. Äh, ne zweite Tasse Kaffee wär' jetzt erst mal gut, sagt er. Irmela legt die Hand auf die Kaffeekanne. Kriegste erst, wenn du geantwortet hast: Glaubst du an die Auferstehung?

Wie kommste denn auf so was am frühen Morgen?
Ich lese Zeitung, und da steht, dass ein Theologieprofessor nicht daran glaubt.
Ein Theologieprofessor! Und was sagst du als einfacher Christ dazu??
Hat wahrscheinlich von seiner Frau keinen Kaffee bekommen, murmelt Heinz.
Irmela zieht die Kaffeekanne zu sich: Spinn' nicht rum, glaubst du dran oder nicht?
Es stärkt mich, antwortet Heinz.
Was stärkt dich?
Auferstehung bedeutet für mich: Gott im Rücken zu haben.
Dass es andere Mächte gibt als nur solche, die jemand ans Kreuz nageln. Weil sie nur dann sich richtig mächtig fühlen. Mit Gott im Rücken werde ich richtig froh.
Kriege einfach einen anderen Blick für mein Leben.
Zum Beispiel? Irmelas Hand hält die Kaffeekanne immer noch fest.
Mit Gott im Rücken kann ich tief mich bücken kann auflesen, was andere achtlos liegen gelassen haben, kann ich wagen, nächstes Mal mehr Fehler zu machen,
alles lockerer und entspannter anpacken
mich nicht so ernst nehmen
mehr Gelegenheiten einfach ergreifen
und – jetzt huscht ein Lächeln über das Gesicht von Onkel Heinz -
kann auch mehr Berge besteigen
mehr Flüsse durchschwimmen
früher im Frühling barfuss gehen
und später im Herbst damit aufhören
mehr zum Tanzen gehen
Mit Gott im Rücken kann ich wagen....
Halt, halt, halt, das reicht! Irmela schiebt Heinz die Kaffeekanne hin.
Das reicht ja komplett für ein ganzes Jahr! Hier, trink deinen Kaffee, das stärkt dich ja auch ein bisschen, oder? Und wo wir schon beim tief bücken sind: Holst du mir nachher auch die Wäsche aus dem Trockner?
Klar doch, sagt Heinz, und fügt mit funkelnden Augen hinzu:
Mit Gott im Rücken kann ich sogar Irmela entzücken.

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