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SWR3 Gedanken

30JUL2023
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Seit einigen Monaten wohnt eine neue Familie bei uns im Haus. Unsere Töchter sind gleich alt und seit dem Einzug nicht mehr voneinander zu trennen. Und auch wir Eltern haben uns dadurch besser kennen gelernt. Wir verbringen viel Zeit miteinander und genießen es, dass wir wieder ein bisschen WG Leben zu Hause haben – immer offene Türen und wechselnde Besetzungen am Esstisch.

Als ich krank war, hat mir meine neue Nachbarin Julia ein Buch geschenkt. Das Buch heißt: „Das Unwohlsein der modernen Mutter“ von Mareice Kaiser.

In dem Buch geht es um die Frage, wie heutzutage Mütter von unserer Gesellschaft verstanden werden, aber vor allem wie sie sich selbst verstehen und verstanden werden wollen.

Was mir an diesem Buch am meisten gefallen hat: Dass es ein Geschenk einer anderen Mutter, eben meiner Nachbarin Julia ist.

Als Nachbarinnen könnten wir problemlos mit dem Finger aufeinander zeigen und uns gegenseitig sagen, was wir als Mutter alles falsch machen. Tür an Tür kriegt man ja genau mit, was alles schief geht bei den Anderen. Aber mit Julia ist das anders: Ich habe das Gefühl, wir können uns unsere Schwächen als Mütter gut zeigen, uns erzählen, was wieder mal schief läuft im Alltagswahnsinn: Wenn die Tochter mal wieder ausflippt oder der Kindergeburtstag ins absolute Chaos ausartet. Aber noch besser können wir über so etwas gemeinsam lachen, uns wertschätzen und so sein lassen, wie wir sind – denn wir sind als Mütter sehr unterschiedlich. Und gerade darin fühle ich mich so verbunden mit Julia.

Ich denke, der Schlüssel zum glücklichen Muttersein ist doch, dass wir dabei nie vergessen, dass wir Menschen sind – stark und voller Liebe, aber auch zerbrechlich und ganz bestimmt nicht perfekt.

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SWR3 Gedanken

15APR2023
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In letzter Zeit schaue ich die Serie „Breaking Bad“. Und das tue ich vor allem, weil die Hauptfigur dieser Serie so wahnsinnig faszinierend ist.

Es ist Heisenberg. Ein Mitfünfziger, Familienvater aus einer kleinen Vorstadt, der ganz schön angepasst ist. Obwohl er als Nobelpreisträger ein Genie ist, hat er sich beruflich nie so richtig verwirklichen können.

Doch alles ändert sich, als Heisenberg die Diagnose Lungenkrebs erhält. Er hat noch maximal ein Jahr zu leben. Ihm wird schnell klar, dass seiner Familie ohne ihn bald das Geld ausgehen wird. Deshalb entscheidet er sich, ab sofort alles anders zu machen. Er kündigt seinen Job und wird zum größten Drogendealer der Stadt. Heisenberg entwickelt sich vom treuen Durchschnittsmann zum brutalsten Antihelden, den ich je gesehen habe. Und das nur, weil er weiß: er stirbt bald. Das hat Heisenberg zu einem völlig anderen gemacht als er vorher war.

Im Alltag habe ich nicht wirklich auf dem Schirm, dass ich jederzeit sterben kann – auch wenn das natürlich der Fall ist. Deshalb frage ich mich, ob ich es wie Heisenberg tun würde: Wäre ich plötzlich auch eine ganz andere, wenn ich wüsste, ich hätte nur noch ein Jahr zu leben?

Wahrscheinlich würde ich mir bewusst Zeit nehmen für die Menschen, die ich liebe. Würde überlegen, was ich in dieser Welt zurücklassen möchte.

Ganz bestimmt steckt nicht so ein krasser Schurke wie Heisenberg in mir; aber ob ich eine ganz andere werden würde, das kann ich nicht beantworten.

Aber dieser Heisenberg aus Breaking Bad hat mir bewusst gemacht: Ich möchte - wenn’s denn so weit ist –  auf mein Leben blicken und sagen können: So gefällt mir das!

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SWR3 Gedanken

14APR2023
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Mein Alltag lautet aktuell: kein Alltag. Dank meiner Familie gibt´s täglich neue Überraschungen. Die eine ist krank, die andere hat einen Wettkampf und beim Dritten steht eine Prüfung an.

Klingt spannend und abwechslungsreich – ist aber als Dauerschleife auch ganz schön kräftezehrend.

Deshalb brauche ich Rituale. Kleine Ankerpunkte, die immer gleich sind und die mich runter bringen. Ich hab dann Platz für diese Fragen: Wie geht´s mir eigentlich? Habe ich noch genug Energie?

Phasenweise finden solche Auszeiten auf meiner Meditationsbank statt. Das ist ein kleiner Hocker, auf den ich mich setzen kann und auf dem ich dann im besten Fall ganz ruhig werde. Aber so ein Ritual braucht viel Übung und Zeit. Und ehrlich gesagt komme ich da grad überhaupt nicht dazu.

Deshalb muss etwas anderes herhalten, und das sind meine großen, weißen Kopfhörer. Wenn die Kids grad in ihrem Spiel vertieft sind, dann schnappe ich mir meine Kopfhörer, schalte gute Musik an und dann passiert, was grad passieren muss: Ich fange an wild zu tanzen und lasse meinen ganzen Stress raus. Oder ich werde ruhig und beginne, mit Gott zu sprechen. Oder ich stehe einfach nur da und höre nach, was in mir so los ist.

Für mich sind meine Kopfhörer grad das einfachste und schönste Ritual, um mit mir selbst im Kontakt zu bleiben. Denn das ist meine Energiequelle, gerade dann, wenn alle um mich herum was von mir wollen. Damit ich mir auch Zeit nehme für mich. Dabei höre ich Musik und höre auf mich: Wie es mir geht und was ich brauche. Und dann kann ich auch wieder gut für meine Familie und Andere da sein. Und wenn es dann doch wieder zu viel wird: Dann schnappe ich mir wieder meine großen, weißen Kopfhörer.

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SWR3 Gedanken

13APR2023
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Sich für etwas entscheiden – das fällt mir echt schwer. Das geht schon frühmorgens gleich nach dem Aufwachen los. Wenn der Wecker klingelt, weiß ich nie: Bleib ich noch liegen oder stehe ich auf – und deshalb snooze ich meist einige Runden, bis ich wieder mal feststellen muss: Ich mag es überhaupt nicht, früh aufzustehen, aber vor allem nicht, mich GEGEN etwas zu entscheiden. Und das ist morgens mein schön warmes Bett.

Bei anderen Entscheidungen ist das ähnlich. Denn wenn ich mich klar FÜR etwas entscheide, dann bedeutet das: meine Möglichkeiten zu verkleinern. Und das fühlt sich so an, als würde ich etwas verlieren. Deshalb entscheide ich mich oft einfach gar nicht, um mir alles offen zu halten. Aber ich befürchte, diese Rechnung geht nicht auf.

Zum Beispiel bei der Frage, wie viel ich als Mutter arbeite und wieviel Zeit ich mit meiner Familie verbringe. Ich mag meine Arbeit gerne und möchte sie gut machen. Und ich liebe meine Töchter und will für sie ansprechbar sein. Trotzdem stehe ich ständig vor der Entscheidung: Kümmere ich mich jetzt um meine Kinder oder doch um meinen Job? Reicht es im Job auch mal, schlecht vorbereitet zu sein oder können die Kinder jetzt geduldig warten?

Oft entscheide ich mich gar nicht, sitze am Ende halbkonzentriert an der Arbeit, während ich die Kinder halbherzig bespaße. Und mache damit nur HALBE Sachen.

Ein Sprichwort sagt „Wer sich alle Türen offen hält, verbringt sein Leben auf dem Flur.“ Sich alles offen zu halten, bedeutet zwar, sich nicht GEGEN etwas zu entscheiden, aber letztlich bedeutet es genauso, dass ich mich nie so richtig und von Herzen FÜR etwas entscheide. Aber Gott hat mich nicht für den Flur geschaffen, sondern für das Klassenzimmer, den Spielplatz, die Kneipe und mein Wohnzimmer. Um dort das Leben mit ganzem Herzen zu leben.

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SWR3 Gedanken

12APR2023
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Das, was jetzt kommt, klingt vielleicht erst mal nach einem kitschigen Kalenderspruch – ist es aber nicht – denn es kommt von meinem Schüler Stefan. Stefan hat gesagt: „Freundschaft ist das größte Kompliment, das man mir machen kann.“

Stefan ist vierzehn und in meinem Unterricht ist er meistens zurückhaltend; aber dieses eine Mal hat er sich eingemischt. In meiner neunten Klasse wird grad viel diskutiert. Eine Schülerin sagt, dass sie drunter leidet, dass ihre Kindheitsfreundschaften auseinanderbrechen. Eine andere gesteht, dass sie sich ausgegrenzt fühlt, wenn sie auf einer Party nicht eingeladen wird.

Und jetzt kommt Stefan. Er sagt auf ganz spezielle Art folgendes: „Mir ist es gar nicht so wichtig, dass ich super viele Freunde habe. Wenn ich diesen EINEN Freund habe, der mir das Kostbarste schenkt, was er zu verschenken hat: seine Lebenszeit; dann kann ich doch gar nicht glücklicher sein. Ein größeres Kompliment kann man mir nicht machen.“

Plötzlich ist es mucksmäuschenstill in der Klasse: Nicht nur, weil Stefan sich sonst eher zurück hält, sondern weil er da was wirklich Wichtiges gesagt hat. Wie wichtig sind tausend Bekanntschaften, wenn ich diesen einen Freund nicht hätte, dem ich etwas bedeute?

Die Sorgen meiner Klasse sind auch mir nicht fremd: Wie oft habe auch ich mich gefragt, ob ich irgendjemandem wirklich wichtig bin. Und dann wird mir klar, wie wertvoll das ist, was ich bereits habe: Meine Grundschulfreundin, mit der ich lachen und weinen kann, weil sie bei jeder meiner Stimmungen voll mitgehen kann. Und das ganz egal, wie lange wir nichts voneinander gehört haben.

Mein Schüler Stefan hat recht: Statt zu fragen, was ich verpasse, kann ich die Komplimente auch einfach annehmen, die mir schon längst geschenkt werden.

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SWR3 Gedanken

11APR2023
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Ich bin mit meiner Freundin Steffi in Regensburg im Theater. Sie sitzt direkt neben mir, einen Platz weiter sitzt ihr Freund Maen. Das Stück, das wir uns ansehen, handelt von der Flucht zweier junger Menschen: von Juliya aus der Ukraine und von Maen, der aus Syrien geflüchtet ist und neben Steffi sitzt.

Maen´s Flucht war vor sieben Jahren. Er war sechs Tage lang unterwegs, durch sechs Länder, in einem Schlauchboot und einem LKW. Im Theater wird seine Geschichte eindrücklich dargestellt, bis er schließlich in Regensburg ankommt. Juliya, ist erst letztes Jahr aus der Ukraine geflohen. Es hat ihr das Herz zerrissen ihre Familie zurück zu lassen.

Beide Geschichten gehen mir unter die Haut; denn sie sind wirklich passiert. Mitten in der Stadt, in der ich mir zusammen mit Steffi und Maen das Stück ansehe: in Regensburg.

Als ich nach dem Theater noch mit Steffi und Maen zusammenstehe, bin ich sprachlos. Und das ist mir peinlich, vor allem Maen gegenüber. Ich weiß einfach nicht, was ich Maen sagen soll. Zum Glück erzählt er von selbst. Egal wie sehr ich mich mit dem Thema Flucht auseinander setze – ich werde am Ende nicht verstehen, was Maen und Juliya erlebt haben. Nicht fühlen, was sie fühlen. Wie sehr ich auch versuche, mitzufühlen.

Das Theaterstück endet mit den Worten Maens. Er sagt: „Meine Reise geht weiter.“ Das ist so stark und hoffnungsvoll. Ich habe Respekt vor Maen, Juliya und den Millionen Anderen, die solch eine Flucht erleben und dann bereit sind, weiter zu reisen. Die bereit sind, dieses Leben zu leben, zu lachen, zu hoffen, auch wenn sie ihre Flucht niemals vergessen werden. Die so viel Angst hatten und so oft traurig sind und trotzdem so stark und sicher sagen: Meine Reise geht weiter

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SWR3 Gedanken

10APR2023
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Genau vor einem Jahr hat die achtjährige Afina mit ihrer Schwester, Mutter und Tante bei uns gewohnt und bei uns Ostern gefeiert. Afina war gerade ganz neu in der Schulklasse meiner Tochter, nachdem sie mit ihrer Familie aus der Ukraine geflüchtet ist.

Auch wenn wir diese Familie gar nicht kannten, war es für uns selbstverständlich, ihnen unsere Wohnung zu überlassen. So selbstverständlich wie für viele andere – alle haben versucht zu helfen: mit einem freien Zimmer, Kleidung oder finanzieller Unterstützung.

Heute, ein Jahr später, denke ich an diese Familie. Während die Schwester und die Tante weiterhin hier in Deutschland leben, sind Afina und ihre Mutter mittlerweile in die Ukraine zurückgekehrt – auch wenn dort Krieg herrscht. Ich weiß nicht, warum sie dieses Risiko eingehen. Aber ich weiß auch nicht, wie es ist, Krieg zu erleben, die Heimat ohne Mann zu verlassen, in ein fremdes Land zu flüchten. Ich weiß einfach nichts davon.

Der Ukraine Krieg rückt irgendwie in den Hintergrund. So viele andere Probleme scheinen wichtiger zu sein: Gaspreise, Inflation, das alltägliche Hamsterrad....

Heute, an Ostern, denke ich an Afina und ihre Familie: Wie sie wohl dieses Jahr Ostern feiern? Können sie überhaupt feiern? Geht es ihnen noch gut?

Ich möchte die Menschen, die unter diesem schrecklichen Krieg in der Ukraine leiden, nicht vergessen. Ich möchte daran denken, dass noch immer viele Geflüchtete in unserer Stadt leben und auch weiterhin unsere Unterstützung brauchen.

Ich wünsche, dass diese Menschen besonders heute, an Ostern, nicht alleine sein müssen. Und ich hoffe, dass es Afina und ihrer Familie in der Ukraine gut geht. Ich wünsche ihnen, dass sie heute an Ostern spüren, dass sie als Familie immer verbunden sind – auch wenn die einen in der Ukraine sind und die anderen in Deutschland

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SWR3 Gedanken

09APR2023
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Warum feierst du Ostern? Das frage ich meine fünfjährige Tochter, die seit Tagen vor lauter Vorfreude über nichts anderes sprechen kann. Sie grinst mich an und antwortet ganz selbstsicher: „Um Schokoeier zu bekommen und dem Osterhasen Arbeit zu machen“

Ich muss lachen, aber irgendwie bin ich auch überrascht, weil wir schon so oft über Jesus und seine Auferstehung gesprochen haben.

Aber meine Tochter ist ehrlich, und findet das mit den Schokoeiern einfach besser. Verständlich, Ostereier sind ja auch irgendwie greifbarer, als so ein auferstandener Jesus.

Manchmal bin ich mir selbst gar nicht so sicher, warum ich eigentlich Ostern feiere. Das, was ich ohne Ostern, Tod und Auferstehung von Jesus weiß, fasziniert mich schon genug: Wie er im Tempel ausrastet, weil ihm der Ort heiliger ist als das große Geld und wie er die damaligen Verhältnisse auf den Kopf stellt. Für mich ist Jesus ein Revoluzzer. Und deswegen folge ich ihm nach.

Aber die Sache mit der Auferstehung vom Tod, die bleibt für mich ein Geheimnis. Ich kann es auch nicht wirklich begreifen wie das gehen soll. Es hört sich schön an, wenn andere begeistert davon erzählen, wie Jesus den Tod am Kreuz besiegt. Aber mir bleibt das irgendwie verborgen. Deswegen passiert es mir jedes Jahr an Ostern: Ich stehe da und frage mich: Warum feier ich eigentlich Ostern?

Und dann bin auch ich ehrlich, so wie meine Tochter: Weil mir Jesus wichtig ist. Weil mir dieser Revoluzzer so viel mehr ins Leben gebracht hat als nur nette FeiertageEr spornt mich an, laut zu werden, wenn ich etwas ungerecht finde. Und inspiriert mich, die Welt und die Menschen nicht immer in Schubladen zu packen. Jesus hat meine Welt auf den Kopf gestellt. Und das ohne, dass ich ihn wirklich ganz begriffen habe

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SWR3 Gedanken

04FEB2023
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Einmal bei den Olympischen Spielen dabei sein – das ist der große Traum meiner Tochter. Meine Tochter ist sieben Jahre alt und verbringt ihre Freizeit vor allem in der Turnhalle.

Für ihren Traum von Olympia nimmt sie eine ganze Menge auf sich: viele Stunden Training, Muskelkater und Blasen an den Händen.

Als Mutter denke ich mir natürlich: Sie ist noch so jung, wer weiß, welchen Traum sie nächstes Jahr träumen wird. Aber Stand jetzt ist: Sie ist mit Ehrgeiz und Disziplin, aber vor allem mit Leidenschaft und viel Spaß dabei. Und das macht sie glücklich.

Ich muss zugeben: Ein bisschen beneide ich sie. Sie ist noch so jung und lebt das Gefühl, dass ihr die Welt zu Füßen liegt und sie in ihrem Leben noch alles erreichen kann.

Wenn ich sie so sehe, frage ich mich: Wann habe ich eigentlich aufgehört, zu träumen? Wann habe ich aufgehört, nach den Sternen zu greifen?

Ich habe die Erfahrung in meinem Leben gemacht, dass bestimmte Träume irgendwann platzen und vorübergehen. Ich habe als Jugendliche von einer Karriere als Künstlerin oder als Ärztin bei Ärzte ohne Grenzen geträumt. Aber ich weiß genauso gut, dass manche Träume in Erfüllung gehen, wenn ich dafür kämpfe: Zum Beispiel einen Job zu haben, bei dem ich junge Menschen begleiten und unterstützen kann; oder mein Leben mit dem Partner zu teilen, mit dem ich auch Krisen meistere.

Bin ich als Mutter und berufstätige Frau etwa zu alt, um noch zu träumen? Ich finde: Auf keinen Fall! Ich möchte weiter träumen, sei es von einem eigenen Buch oder einem Verein für junge Frauen. Auch wenn Träume platzen können, geben sie mir das Gefühl: Dieses Leben hält so viel mehr für mich bereit. Und auch ich kann – wie meine Tochter – nach den Sternen greifen.

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SWR3 Gedanken

03FEB2023
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Letzten Herbst hat es mich – wie so viele andere – ziemlich doll erwischt. Ich hatte nicht nur eine schwere Bronchitis, sondern hing mental auch total durch. Ich bin es nicht gewohnt, so lange zu Hause zu bleiben und darauf zu warten, dass ich endlich gesund werde. Für meinen Mann und die Kids war ich in dieser Zeit eher eine Bremse als eine Unterstützung; vier Wochen lang habe ich kaum Menschen getroffen und meine Laune war im Keller. Und dann kam Steffi. Steffi ist meine Freundin aus der Grundschulzeit. Sie wohnt in Regensburg. Und als ich ihr gesagt habe, dass sie auf keinen Fall kommen soll, weil ich krank und mies gelaunt bin, hat sie das einfach überhört und stand ein paar Tage später vor der Haustür.

Sie hat sich um die Kinder gekümmert, die Küche gemacht, meinen Mann bespaßt und mir Witze erzählt. Und dann hat sie mir noch etwas beigebracht: Mittagsschlaf zu machen und geduldig mit mir selbst zu sein. Sie war einfach da und hielt uns alle aus. Und wusste ganz genau, was ich jetzt brauche. Und das mit solch einer Selbstverständlichkeit, dass es mir nie unangenehm gewesen ist. Nach wenigen Tagen sah die Welt wieder ganz anders aus. Als Steffi dann wieder nach Hause gefahren ist, gab es von mir keine herzliche Umarmung oder ein großes Dankeschön; denn ich lag auf dem Sofa und habe meinen Mittagsschlaf gemacht. Sie hat sich einfach rausgeschlichen und mir eine liebevolle Nachricht als Abschied auf mein Handy gesendet. Wenn ich daran zurückdenke, kann ich kaum glauben, wieviel Glück ich habe.

Diese Freundschaft ist für mich ein kleines Wunder und – wie kitschig es auch klingen mag – ein Geschenk des Himmels.

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