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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Arbeit statt Almosen! Dieser Gedanke elektrisierte vor genau 30 Jahren Christen im Bistum Trier. Damals, im Jahr 1983, stieg die Arbeitslosenrate in Westdeutschland erstmals auf über zwei Millionen Menschen an. Ein Skandal war das Anfang der 80er Jahre. Im Bistum Trier sagte man sich: Wir müssen etwas tun! Denn Arbeitslosigkeit nimmt Menschen ihre Würde. Statt ihnen Arbeitslosengeld zu geben, ist es doch viel besser, Arbeit zu finanzieren. Mit dieser Zielrichtung entstand heute vor genau 30 Jahren, am 1. Mai 1983, die Aktion Arbeit. Der damalige Trierer Bischof Spital ließ es sich nicht nehmen, die Aktion persönlich ins Leben zu rufen. Seit jenem Tag sammelt die Aktion Arbeit Spenden. Aber nicht, um arbeitslosen Menschen ein Almosen zu geben. Vielmehr werden Projekte unterstützt, die Menschen bezahlte Arbeit geben. Die Aktion Arbeit hatte von Anfang an vor allem diejenigen im Blick, die es auf dem normalen Arbeitsmarkt schwer haben. So sind Tausende gering qualifizierte Arbeitnehmer und Jugendliche ohne Schulabschluss im Bistum Trier weiterqualifiziert und beschäftigt worden. Heute, am Jubiläumstag, hätte die Aktion Arbeit eigentlich allen Grund, stolz zu sein. Denn viele der Projekte waren sehr erfolgreich. Aber den Verantwortlichen ist nicht zum Jubeln zumute. Auch nach 30 Jahren Aktion Arbeit ist Arbeitslosigkeit immer noch ein Thema - und für viele Menschen sogar ein Dauerthema. Beunruhigend sind zudem ganz neue Entwicklungen: Wer heute Arbeit hat, arbeitet immer öfter unter Bedingungen, die krank machen. Viele Löhne reichen nicht mehr zum Lebensunterhalt. Das heißt: Menschen können nicht nur durch Arbeitslosigkeit ihre Würde verlieren, sondern auch dadurch, dass sie Arbeit haben. Da muss das Motto „Arbeit statt Almosen" neu bedacht werden. Etwa im Sinne von: Arbeit ja, aber nicht um jeden Preis. Der Mensch ist schließlich kein Arbeitstier. Daher setzt sich die Aktion Arbeit auch weiterhin dafür ein, dass Menschen in Arbeit kommen. Aber sie kämpft jetzt auch für ein Recht auf gute Arbeit.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Heute Abend fliegen sie wieder. Auf Besen und Mistgabeln sausen Hexen durch die Luft. Sie treffen sich mit dem Teufel zum Hexentanz und feiern bis zum Morgengrauen ein rauschendes Fest. So jedenfalls will es der Volksglaube wissen, wenn es darum geht, was angeblich in der Nacht zum 1. Mai passiert. An so etwas glaubt heute niemand mehr. Doch vor 400 Jahren war dieser Glaube allgemein verbreitet - und hatte tödliche Nebenwirkungen. Denn er kostete vielen Menschen das Leben. Im 17. Jh. glaubte man allen Ernstes, dass es Menschen gibt, die mit Zauberkräften ausgestattet sind. Sie sollten mit dem Teufel im Bund stehen und Unheil über die Menschheit bringen. Man nannte sie Hexen. Sie wurden für Krankheiten und Missernten verantwortlich gemacht. Um heraus zu finden, wer eine Hexe war, wurde so lange gefoltert, bis die Frau oder der Mann unter Schmerzen zugaben, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Da konnte jeder zur Hexe werden. Nur ganz wenige widersprachen diesem Wahnsinn. Einer von ihnen war Friedrich von Spee. Der Jesuitenpater ging in Gefängnisse und sprach mit den Angeklagten. Viele begleitete er bis zur Hinrichtung. Dadurch erfuhr er die grausame Wahrheit: Die Menschen, die verurteilt und hingerichtet wurden, waren in Wirklichkeit gar keine Hexen. Es waren Unschuldige, die man zu Hexen gemacht hatte! Friedrich von Spee war entsetzt. Unter Lebensgefahr schrieb er darüber ein Buch. Fürsten, Richter und Geistliche forderte er darin unmissverständlich auf, dem Hexenwahn ein Ende zu setzen. Vor allem die Folter war ihm ein Dorn im Auge. Denn wer foltert, um die Wahrheit herauszufinden, quält und tötet auch Unschuldige. Um das zu verhindern, gab es für Spee nur eine Möglichkeit: Lieber einige Schuldige laufen lassen als auch nur einen Unschuldigen zu bestrafen. Spees Worte fanden Gehör. Der Hexenwahn ließ nach, wenn auch nur sehr langsam. Die Botschaft von Spee bleibt aktuell bis in unsere Tage. Menschen dürfen nicht gequält werden - auch nicht, um die Wahrheit heraus zu finden.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Eigentlich bin ich vom Guten in jedem Menschen überzeugt. Manchmal wird diese Überzeugung jedoch auf eine harte Probe gestellt. So hat mich vor einigen Monaten der Dopingfall des Radprofis Lance Armstrong doch sehr an meinen Glauben an das Gute im Menschen zweifeln lassen. Schlimm genug, dass der amerikanische Radrennfahrer verbotene Substanzen eingenommen hatte. Schlimm genug auch, dass er systematisch gelogen hatte. Richtig entsetzt aber war ich darüber, wie Armstrong mit seinen Mitmenschen umgegangen war. Wer nicht bereit war, für ihn zu lügen, den machte er systematisch fertig. Armstrong beschimpfte und verklagte mehrere seiner früheren Mitarbeiter und Kollegen, nur weil sie die Wahrheit sagten. Er zerstörte den guten Ruf und die Existenz anderer, nur um selbst Karriere machen zu können. So, als bestünde das Menschsein alleine darin, ohne Rücksicht auf andere nur nach dem eigenen Vorteil zu streben. Ganz so, wie es der englische Philosoph Thomas Hobbes einmal sagte: „Der Mensch ist des Menschen Wolf." Manchmal könnte man tatsächlich meinen, dass das die eigentliche Definition des Menschen ist. Ich bin nicht dieser Ansicht. Kein Mensch ist von Grund auf nur schlecht - genauso wenig, wie es Menschen gibt, die nur gut sind. Jeder Mensch ist immer sowohl zum Bösen wie auch zum Guten fähig. Selbst dann, wenn ein Mensch in der Vergangenheit rücksichtslos gehandelt hat, gilt auch für ihn, dass er in Zukunft seine Menschlichkeit entfalten kann. Ich halte mich da an eine Aussage der Bibel, die besagt: Der Mensch ist als einziges aller Geschöpfe vom Geist Gottes angehaucht. Es gibt wohl Menschen, denen man das nicht unbedingt anmerkt. Dennoch bleibe ich vom Guten in jedem Menschen überzeugt, d.h. ich traue jedem Menschen zu, dass er über sich hinaus wachsen kann - auch wenn nicht jeder diese Chance ergreift.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Kennen sie den Unterschied zwischen Naturwissenschaft und Religion? Galileo Galilei soll ihn vor 400 Jahren ungefähr so erklärt haben: „Die Wissenschaft erklärt, wie der Himmel funktioniert. Die Religion erklärt, wie man in den Himmel kommt." Anlass für diese Äußerung war, dass der italienische Mathematiker und Astronom sich vor Vertretern der Kirche rechtfertigen musste. Galilei hatte den Himmel mit seinem Fernrohr aufmerksam studiert. Dabei erkannte er: Die Erde kann nicht im Mittelpunkt des Universums stehen, weil sie sich um die Sonne dreht. Damit geriet er jedoch in Widerspruch zur Kirche. Die damaligen Bibelausleger behaupteten nämlich das genaue Gegenteil - die Erde steht im Mittelpunkt des Universums. Da stand nun Aussage gegen Aussage -aber wer hatte Recht? Galilei war einer der ersten, der ahnte, dass dieser vermeintliche Widerspruch in Wirklichkeit gar keiner war. Denn der Himmel der Bibel ist ein anderer als der Himmel der Wissenschaftler. Der Himmel der Astronomen ist das Universum, bestehend aus etwa 100 Milliarden Galaxien, von denen jede von ihnen wiederum Milliarden von Sternen hat. Die Forscher haben schwarze Löcher und rote Riesen gefunden. Sie konnten den Tod und die Geburt von Sternen beobachten. Sie haben entdeckt, dass das schon jetzt unbegreifbar große Weltall sich noch weiter ausdehnt - mit immer größerer Geschwindigkeit. Zu all diesen atemberaubenden Entdeckungen kann und will die Bibel nichts sagen. Ihr Himmel ist ein anderer. Man könnte ihn als die Wirklichkeit Gottes bezeichnen. Der Himmel der Bibel bedeutet: Der Mensch ist im weiten Weltall kein Zufallsprodukt. Jeder Mensch ist von Gott gewollt. Er hat eine Heimat bei Gott. So sind wir aus astronomischer Sicht ein völlig unbedeutender Planet im riesigen Universum, im Grunde nur Sternenstaub. Aus biblischer Sicht dagegen ist jeder Mensch von Gott ganz besonders geliebt. Beides schließt einander nicht aus. Galilei hat das erkannt. Und so konnte er beides sein, genialer Wissenschaftler und gläubiger Christ zugleich.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Warum passiert so etwas ausgerechnet meinem Kind? Was habe ich mir zuschulden kommen lassen?" So fragt eine Frau, die vor einigen Wochen erfahren hat, dass ihre 19 - jährige Tochter an Krebs erkrankt ist. Die Mutter ist eine religiöse Frau, aber das macht die Situation für sie nicht unbedingt einfacher. Da sie in letzter Zeit nicht mehr so häufig im Sonntagsgottesdienst war, quält sie nun der Gedanke, dass das ein Grund dafür sein könnte, dass ihre Tochter so krank geworden ist. Ein Gedanke eben, wie er einem in einer solchen Situation kommen kann. Als mir die Mutter davon erzählt, widerspreche ich ihr sofort. Was wäre das denn für ein Gott, der Kinder schwer krank werden lässt, nur weil ihre Eltern nicht fromm genug waren! Auf einen solchen Gott kann man getrost verzichten. Die Frau ist erleichtert, aber ihre Frage bleibt. Warum hat das Schicksal in ihrem Leben und im Leben ihrer Tochter so hart zugeschlagen? Früher wurde an dieser Stelle manchmal gesagt: „Gott wird schon seine Gründe haben." Oder: „Gott schickt keine größere Last, als man tragen kann." Zuweilen konnte man auch hören: „Leid kann uns zu besseren Menschen machen." Ich halte keinen dieser Antwortversuche für überzeugend. Vielleicht gibt es auch auf diese Frage gar keine sinnvolle Antwort. Tatsache ist doch: als sterbliche Menschen müssen wir damit leben, das wir in jedem Moment schwer krank werden können. Es trifft alte und junge, arme und reiche, solche, die es verdient haben und solche, die es nicht verdient haben. Gerecht ist das nicht. Für religiöse Menschen bleibt die Hoffnung, dass Gott am Ende darauf eine Antwort geben wird. Bis dahin können eigentlich nur wir selbst die Antwort geben. Indem wir unsere Not und unseren Schmerz miteinander teilen. Indem wir Mitgefühl zeigen mit denen, die leiden. Indem wir einfach da sind, wenn Menschen uns brauchen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

 Einen Gottesdienst ohne Gott - das wünschte sich ein Brautpaar für seine Hochzeit. „Bei einer kirchlichen Trauung ist doch alles auf den Glauben ausgelegt. Wir möchten, dass bei unserer Trauung wirklich wir als Brautpaar im Mittelpunkt stehen", sagte das Paar, das keinen Bezug mehr zu Glauben und Kirche hat. Ein freier Theologe, der nicht im Auftrag der Kirche arbeitete, erfüllte - gegen ein entsprechendes Honorar - ihren Wunsch. So gab es also eine feierliche Trauung. Sie fand in einer Kirche statt, es brannten Kerzen und es gab festliche Musik. Es wurden Ringe getauscht, und es gab sogar eine Predigt. Nur: Gott kam dabei nicht vor. In der Feier wurde davon erzählt, wie Braut und Bräutigam sich kennen und lieben gelernt haben. Es gab viele gute Wünsche für den gemeinsamen Lebensweg. Alles so, wie es sich das Brautpaar für diesen einmaligen Tag vorgestellt hatte. Und wie es sich jedes Brautpaar der Welt wünscht, nämlich am Tag der Hochzeit im Mittelpunkt zu stehen. Dass dabei aber Gott nicht vorkommen soll, leuchtet mir nicht ganz ein. Für mich ist Gott keine Konkurrenz zum Menschen. So wie ich den Gott der Bibel verstehe, würde ich es sogar genau umgekehrt sagen: Gerade wo Gott vorkommt, steht der Mensch im Mittelpunkt. Denn für Gott gibt es nichts Größeres, als wenn Menschen sich entfalten und glücklich werden. Gott will, dass das Leben der Menschen gelingt. Er will ganz besonders, dass die große Liebe zwischen zwei Menschen glückt. Sich das sagen zu lassen, tut gut, auch und gerade bei einer Hochzeit. Denn menschliche Liebe ist immer auch etwas unsicher. Die Liebe Gottes dagegen ist unerschütterlich. Sie kann die gemeinsame Liebe der Brautleute stützen und tragen. Ich jedenfalls habe mir diesen Zuspruch bei meiner eigenen Trauung gerne sagen lassen. Und manchmal denke ich auch heute noch daran zurück.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Ich möchte nie wieder erleben, dass ein Kind meines Landes das gleiche erleiden muss wie mein Kind!" Das sagte bei einer Veranstaltung in unserer Hochschulgemeinde Yayi Diouf. Die heute 52 Jahre alte Frau aus dem Senegal hat vor sechs Jahren ihren Sohn verloren. Er ist im Meer ertrunken. Wie viele junge Afrikaner wollte auch er als Bootsflüchtling Europa erreichen. In seinem afrikanischen Heimatland sah er keine Perspektive mehr. Doch das Boot sank, alle 80 Männer starben im Meer. Für die Mutter war es ein harter Schlag. Denn es war ihr einziger Sohn. Ein Jahr lang konnte Yayi Diouf überhaupt nichts mehr machen. Doch als sie sah, dass weiterhin junge Männer auf Boote stiegen, um die gefährliche Überfahrt zu wagen, wurde ihr klar: Das konnte sie nicht weiter mit ansehen. Als allererstes begann Frau Diouf, mit den Frauen zu sprechen, die auf gleiche Weise wie sie ihre Söhne verloren hatten. So entstand eine Organisation, in der sich Frauen gegenseitig über den Verlust ihrer Söhne hinweg helfen. Aber das reichte Yayi Diouf nicht. Es musste unbedingt etwas getan werden, um junge Menschen von der lebensgefährlichen Überfahrt abzuhalten. Seit dieser Erkenntnis ist Frau Diouf unermüdlich unterwegs, um jungen Menschen in drastischen Bildern die Gefahren der Überfahrt zu schildern. Sie erzählt auch von Afrikanern, denen es in Europa gar nicht gut geht. Aber nur Negativbeispiele allein überzeugen junge Menschen nicht. Sie brauchen Perspektiven in ihrem Heimatland. Daher hat Yayi Diouf mit anderen Frauen kleine Werkstätten und Läden eröffnet, die jungen Menschen Arbeit geben. Als sie vor wenigen Wochen bei ihrer Deutschlandreise bei uns in Koblenz war, hatte sie auch einen Wunsch an ihre deutschen Zuhörer. „Auch ihr könnt uns helfen! Bitte sorgt dafür, dass die internationalen Fangflotten nicht mehr unsere afrikanische Küste leer fischen." Dann könnten die jungen Männer nämlich von ihrer Arbeit als Fischer leben - statt lebensgefährliche Überfahrten zu riskieren.

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„Sie retten die Welt auch nicht mehr!" So fertigte mich vor kurzem ein Verkäufer ab. Folgendes war passiert: Ich hatte in einem Jeansladen eine schöne Jeanshose entdeckt und wollte sie kaufen. Das Problem war nur, dass sie nicht in der passenden Größe vorrätig war. Der Verkäufer meinte, das sei gar kein Problem. „Am einfachsten ist es, wenn sie die Hose in der gewünschten Größe im Internet bestellen." Doch im Internet bestelle ich selten. Nicht, weil ich zu dumm dafür wäre, sondern aus Überzeugung. Ich bin nämlich der Auffassung, dass durch den zunehmenden Internethandel  immer mehr Fachgeschäfte schließen müssen. Und das finde ich nicht schön. Das sehe ich auch in meiner Stadt. Gerade die kleinen Geschäfte geben immer mehr auf. Es ist vielleicht nicht der einzige Grund, aber es spielt sicherlich eine Rolle. Ich möchte nicht, dass unsere Städte immer öder und langweiliger werden. Also kaufe ich in den Geschäften meiner Stadt ein, wenn es irgendwie möglich ist. Das habe ich auch dem Verkäufer so erklärt. Doch der lachte mich nur aus: „Sie retten die Welt auch nicht mehr!" Das fand ich nun nicht gerade sehr aufbauend. Vor allem störte mich die tiefere Botschaft dieser Antwort: Dieser Welt ist sowieso nicht mehr zu helfen. Letztlich sind alle Bemühungen, sie besser zu machen, verlorene Liebesmüh. Diese Ansicht teile ich nun aber ganz und gar nicht. Zwar lese und höre auch ich jeden Tag die negativen Meldungen in der Zeitung oder im Radio. Aber von der Verlorenheit dieser Welt bin ich nicht überzeugt. Ich glaube, dass Gott diese Welt nicht ihrem Schicksal überlassen wird. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass es nicht umsonst ist, wenn ich etwas tue, damit die Welt lebenswerter wird. Auch wenn meine Mittel bescheiden sind und sich der Erfolg vielleicht nicht sofort oder gar nicht einstellt. Die Überzeugung, dass diese Welt nicht verloren ist, treibt mich an. Und die lasse ich mir von niemandem nehmen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Schimpansen sind unsere nächsten tierischen Verwandten. Sie haben vieles mit uns Menschen gemeinsam. Zum Beispiel fast 99% aller Gene. Das gleiche Blutgruppensystem. Und sie können vieles, was nur wir Menschen können. Werkzeuge benutzen. Farben sehen. Lachen. Kürzlich hat man festgestellt, dass sie sogar in der Lage sind, ihren Tag zu planen. Da tun ja selbst wir Menschen uns manchmal schwer. Es gibt Leute, die haben aus diesen erstaunlichen Ähnlichkeiten ihren eigenen Schluss gezogen: Eigentlich sind wir als Menschen gar nichts Besonderes. Wir sind nur besonders hoch entwickelte Affen. Das ist nicht ganz falsch. Und doch sträubt sich in mir etwas gegen diese Schlussfolgerung. Manchmal bin ich richtig froh, wenn die Wissenschaftler mal etwas herausfinden, was uns von ihnen unterscheidet. Vor kurzem haben Heidelberger Forscher so etwas entdeckt. In einem Experiment sollten Schimpansen Futter untereinander aufteilen. Dabei stellte es sich heraus, dass es den Tieren völlig egal war, ob es dabei gerecht zuging. Hauptsache war nur, dass sie selbst möglichst viel Futter bekamen. Ob der eine dabei viel und der andere fast gar nichts erhielt, war ihnen völlig egal. Man hat das gleiche Experiment auch mit Kleinkindern durchgeführt. Das Ergebnis fiel ganz anders aus: Schon Dreijährige haben nicht nur den eigenen Vorteil im Blick. Sie zeigen die Tendenz, mit anderen zu teilen. Schon länger vermuten Forscher, dass der Gerechtigkeitssinn eine rein menschliche Eigenschaft sein könnte. Menschen, so könnte man sagen, ist der Sinn für Gerechtigkeit sozusagen in die Wiege gelegt. Das unterscheidet sie von Tieren. Menschen denken nicht nur an sich. Sie sind bereit, anderen etwas abzugeben. Sie haben ein Gespür dafür, dass auch andere etwas zum Leben brauchen. In der Bibel heißt es, dass Tiere und Menschen zwar am gleichen Tag erschaffen wurden, aber nur der Mensch Ebenbild Gottes ist. Vielleicht ist diese Ähnlichkeit mit Gott ja genau das, was den Unterschied ausmacht: die Fähigkeit, mit anderen teilen zu können.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Kinder zu retten kann so wichtig werden, dass man selbst in einer sinnlosen Lebenssituation wieder einen Sinn erkennen kann. Diese Erfahrung hat Esther Mujawayo gemacht. Die Frau aus Ruanda hat vor 18 Jahren innerhalb weniger Wochen fast ihre ganze Familie verloren. Damals gab es in Ruanda einen Völkermord. Innerhalb von nur drei Monaten wurden über 800.000 Menschen ermordet. Esther Mujawayo hat in diesem schrecklichen Jahr 1994 ihren Mann, ihre Eltern, ihre Schwester, alle Onkel und Tanten verloren. Nur sie selbst und ihre drei Töchter überlebten. Esther Mujawayo war von nun eine von denjenigen, die zwar den Völkermord überlebt hatte. Aber die Kraft zum Weiterleben hatte sie nicht mehr. Wie bei den anderen Überlebenden war auch bei ihr der Schmerz über den Verlust geliebter Menschen stärker als alles andere. Die Witwe musste erst einmal lernen, eine völlig neue Einstellung zum Leben zu finden. Eine Freundin sagte zu ihr: „Sieh dir nicht nur an, was du verloren hast, sondern schau auf das, was dir geblieben ist!" Dieser kluge Rat half ihr sehr. Ihre drei Töchter wurden so eine wichtige Hilfe bei der Rückkehr in das Leben. Außerdem begann sie, anderen Frauen zu helfen, die ebenfalls während des Völkermords Familienangehörige verloren hatten. Esther Mujawayo gründete eine Witwenorganisation. Hier helfen sich die Frauen gegenseitig, um ihr in Unordnung geratenes Leben neu zu organisieren. Schließlich machte Esther Mujawayo auch noch eine Ausbildung zur Therapeutin. So kann sie heute Flüchtlinge beraten, die ebenfalls traumatische Erfahrungen gemacht haben. Von ihren Erfahrungen erzählt sie auch bei Vorträgen, so zum Beispiel am morgigen Sonntag. Aus Anlass des 40 jährigen Jubiläums der Partnerschaft Rheinland-Pfalz - Ruanda spricht Esther Mujawayo in Vallendar bei Koblenz. Sie kann so weitergeben, was ihr selbst geholfen hat: Nicht auf das zu schauen, was man verloren hat, sondern auf das, was geblieben ist.

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