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SWR2 Wort zum Tag

Sie strahlt, auch wenn ich sie nur selten anzünde. Unsere Hochzeitskerze. Sie steht bei uns zu Hause an einem Platz, wo mein Mann und ich sie gut sehen können. Vor drei Jahren haben wir geheiratet und seitdem ist diese Kerze bei uns. Und immer dann, wenn ich sie besonders lange anschaue, kommt es mir vor, als würde sie mir sagen wollen: „Brennt füreinander! Eure Liebe soll heiß und stark sein. Sie soll euch wärmen in schönen Augenblicken und sie soll euch trösten, wenn ihr mal nicht weiter wisst.“

Mir tut diese Kerze gut, weil sie mir Hoffnung macht.

“Es ist ganz einfach, wenn dir die Worte fehlen oder es mal brenzlig wird, dann – einfach anzünden“ – , hat mir mal jemand empfohlen.
Das macht mir Mut. Vor allem freue ich mich, dass es Menschen gibt, die uns begleiten und uns durch ihr Gebet unterstützen. Denn wenn wir die Kerze entzünden und sie brennt, dann können wir reden, weil wir uns getragen fühlen. Wir schütten uns unser Herz aus und erzählen uns nicht nur, was uns wichtig ist, sondern auch was wir uns wünschen, was uns weh getan hat und dass, wonach wir uns sehnen. Wir denken über einen Weg nach. Schön, wenn wir einander verstehen – manchmal auch ganz ohne Worte.

„Bleibt Feuer und Flamme füreinander,“ hat uns jemand zur Hochzeit gewünscht. Aber Achtung, nicht verbrennen. Wenn wir genügend Raum zwischen uns lassen, uns Freiheiten für eigene Hobbies und Freundschaften schenken, dann rücken wir auch immer wieder gerne näher zusammen. Unsere Liebe wird dadurch, wie ich finde, tiefer und weiter. Daher will ich die Kerze, unsere Hochzeitskerze, immer dann anzünden, wenn es etwas zu feiern gibt. Sie soll brennen an unserem Hochzeitstag, beim festlichen Essen in der Familie, wenn wir uns nach einem Streit wieder versöhnen oder wenn wir gemeinsam lachen und fröhlich sind.

Heute will ich die Kerze ganz bewusst anzünden und an die Menschen denken, denen es nicht so gut geht in ihrer Beziehung. Ich denke an die Menschen, die an ihrer Liebe zweifeln, die traurig sind oder enttäuscht, oder sogar wütend, die sich alleine und verlassen fühlen und einen Menschen ganz besonders vermissen.

Ich wünsche ihnen, dass das Licht einer Kerze ihnen immer wieder Mut macht und sie tröstet. Denn ich bin mir sicher: die Liebe ist da – mit Feuer und Flamme.

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SWR2 Wort zum Tag

Als mein früherer Professor zur Tür hereinkommt und ich seine beiden Gehstöcke sehe, erkenne ich ihn fast nicht mehr. Ich habe nicht gewusst, dass er krank ist.

Er hat mich zu seiner Emeritierung, seinem Abschied als Professor von der Universität eingeladen. Über 30 Jahre hat er sich mit den Grundfragen des Glaubens beschäftigt. Also mit Fragen wie: was glaube ich eigentlich? Was trägt und hält mich? Und wie bringe ich Glauben und Denken zusammen?

Und dann kommt er auf mich zu und kann sich kaum auf seinen Beinen halten. Ich habe einen großen Kloß im Hals. Und ich glaube, er hat es mir angesehen.

„Am Anfang wollte ich sie einfach nicht wahrhaben, diese Krankheit“, erzählt er mir später. Parkinson im fortgeschrittenen Stadium. „Ich habe dagegen angekämpft und so getan, als wäre nichts. Ich dachte, dann verschwindet die Krankheit vielleicht.“ „Aber jetzt“, sagt er, „ist sie da und das ist schlimm für mich. Aber“, sagt er weiter, „ich war 60 Jahre lang gesund, ich will nicht jammern.“ Während er versucht mir in die Augen zu schauen, hält er mit seiner Hand seinen Kopf fest. Es tut mir so weh, ihn so zu sehen. Und doch höre ich noch ganz genau den sanften Klang seiner Stimme, die theologische Brillanz aus jedem seiner Worte. Und ich spüre seinen Lebensmut. Seine Frau ist nun die Starke an seiner Seite. Obwohl – er kann es nicht ganz lassen. Er lässt ihr immer noch den Vortritt. Er steht auf, um ihr seinen Sitzplatz anzubieten, obwohl er kaum stehen kann.

Mit einem Lächeln beobachte ich das alles. Und dann tritt er nach all den Gastrednern und den vielen klugen Worten ans Rednerpult und hält seine letzte Vorlesung. Es wird ganz still im Raum. Seine Rede ist kurz, sehr kurz. Er habe immer versucht, seine Theologie an die Studierenden weiterzugeben. Dass Gott uns liebt, bedingungslos. Das ist ihm wichtig. Dann entschuldigt er sich dafür, dass er aus gesundheitlichen Gründen jetzt nicht mehr so kann, wie er will. Und er bedankt sich für die Treue seiner Freunde, seiner Kollegen und zuletzt bei seiner Frau. Ich schlucke. Und dann zitiert er seinen Lieblingssatz aus der Bibel: „Seid stets bereit jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt
(1 Petrus 3, 15).“ Bei diesen Worten muss er sich am Pult festhalten. Laut und klar sagt er dann: „La vita è bella – trotzdem“, „das Leben ist schön, trotzdem“. Er geht vom Pult ab – die beiden Gehstöcke fest in der Hand. Danke, Herr Professor!

 

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SWR4 Abendgedanken

Schwester Marietta ist Küchenschwester. Das heißt: Sie ist diejenige, die seit über 30 Jahren jeden Tag in der Klosterküche steht und für die Mitschwestern kocht.

Und das sind heute rund 20 Schwestern im  Benediktinerinnenkloster Kellenried. Es liegt in der Nähe vom Bodensee, in Oberschwaben. Und die Schwestern verbringen hier das ganze Leben. Also, nach dem Eintritt ins Kloster bleiben sie immer dort. Ich kann mir das nicht so gut vorstellen. Den ganzen Tag im Kloster, ein Leben lang?

Schwester Marietta wollte ursprünglich gerne Schneiderin werden, wie sie mir erzählt. Aber in der Küche wurde jemand gebraucht als sie neu ins Kloster kam und das ist jetzt schon viele Jahre her. „Und ich bereue es keine Sekunde“, sagt sie und strahlt mich an. Und während sie mit mir redet, kocht sie, natürlich. Heute gibt es schwäbischen Apfelauflauf. Mit Äpfeln aus dem eigenen Garten.

Früher war der Garten viel größer, da waren es auch noch 80 Schwestern, heute haben die Schwestern immerhin noch eigene Äpfel, Zwetschgen und Beeren. Schwester Marietta liebt es in der Küche zu sein. Sie verrät: „Hier habe ich einfach meine Ruhe und kann meinen Gedanken nachhängen oder mit Gott reden“. „Ora et labora“, das ist das Grundrezept für jede Benediktinerin, erzählt sie mir. Beten und arbeiten – und das täglich und stundenlang. „Für mich ist das mein Lebenselixier“, verrät mir Schwester Marietta. „Es ist schön, wenn ich weiß, wo ich hingehöre. Mein Tag ist strukturiert. Wenn die Glocken läuten, lasse ich alles liegen und mache Pause – für Gott. Und diese Unterbrechungen tun einfach gut - jeden Tag“, sagt sie. Ob sie denn nicht manchmal was vermisst, frage ich nach. „Ja“, gesteht sie und ich bohre nach. „Ab und zu hätte ich gerne eine Reise gemacht. In die Südsee oder nach Rom“, träumt sie laut, während sie den Brandteig anrührt. Ihr Gesicht strahlt so viel Wärme aus. Ich glaube, Schwester Marietta vermisst gar nichts. „Die Gemeinschaft hier“, sagt sie, „ist einfach spitze“. Und wenn mal nicht, dann geht sie einfach in die Küche, zwinkert sie mir zu. Sie schüttet den Teig über die Äpfel in die Pfanne und ab in den Ofen damit. Der Apfelauflauf duftet schon als sich alle Schwestern im Oratorium, im Gebetsraum zum Mittagsgebet treffen. Aber jetzt ist der liebe Gott dran und der Apfelauflauf brutzelt im Ofen alleine weiter. Beim letzten Gong läuft sie auch schon wieder in die Küche und serviert den Schwestern den Auflauf im Speisesaal. Er ist das Lieblingsessen der Schwestern in Kellenried. Gesegnete Mahlzeit!

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SWR4 Abendgedanken

Was haben Haferflockenküchle mit Mission zu tun? Schwester Lioba aus dem Missionskloster in Laupheim kann dazu Bände erzählen. Zurzeit lebt und arbeitet sie in Rumänien und kocht dort mit jungen Menschen, damit sie einen guten Weg ins Leben finden.

Als ich Schwester Lioba für die Idee mit einem Kloster-Kochbuch gewinnen kann, habe ich sofort gewusst: Prima, sie kann kochen, das wird klasse. Zurzeit ist sie auf Heimaturlaub in Laupheim. Als ich in das Kloster kam, hat Schwester Lioba schon das halbe Kloster motiviert mitzukochen. So ist Schwester Lioba, sie macht immer alles in Gemeinschaft. Ihre gewinnende Art fasziniert mich und motiviert die Schwestern mitzumachen. Ich glaube, das ist ihr Geheimrezept. “Unseren älteren Schwestern tut es auch gut, wenn sie gebraucht werden“, zwinkert sie mir zu. Sie hat ihre Mitschwestern zum Gemüse- und Kräuterschnippeln eingeteilt.  Alle Zutaten sind aus dem eigenen Gemüsegarten, oder besser vom eigenen Gemüsefeld vor dem Kloster in Laupheim.

Die Schwestern schnippeln vor sich hin und sind vergnügt. Schwester Lioba weiß genau, was sie tut. Deshalb will sie auch ab und zu mal raus, in ein anderes Kloster, wie sie mir erzählt. „Wir machen Missionsarbeit auf der ganzen Welt. Aber nicht im Sinne von Missionieren. Ich will Menschen nicht überreden, sondern von meinem Glauben überzeugen, indem ich zu ihnen hingehe. Ich schaue einfach, wo ich gebraucht werde und packe mit an.“ Und das glaube ich ihr aufs Wort.

Wenn der Heimaturlaub vorbei ist, geht Schwester Lioba wieder nach Rumänien und arbeitet dort mit jungen Menschen. Und sie macht mit ihnen das, was sie am besten kann: Kochen. „Wir kochen immer gemeinsam. Ich zeige ihnen, wie sie aus einfachen Zutaten gutes Essen zubereiten können. Das macht allen Spaß und die Kinder haben etwas Gesundes zu essen.“ Eine solche Mahlzeit sind zum Beispiel die Haferflockenküchle. Und die macht Schwester Lioba dann auch vor meinen Augen. Einfach Haferflocken mit Mehl, Eiern und den Kräutern zu einem Teig zusammengerührt, brutzeln sie schon bald im Fett, dass es nur so spritzt.

Die älteren Schwestern haben fertig geschnippelt, setzen sich um den runden Tisch und dürfen das Gemeinschaftsgebet in der Hauskapelle ausfallen lassen, weil sie ja beim Kochen mithelfen. Deshalb wird vor Ort gebetet: „Guter Gott, segne unsere Tischgemeinschaft und das Brot, das du uns schenkst.“

Es schmeckt allen richtig gut. Aber am meisten schmeckt mir Schwester Liobas herzliche Art.

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SWR4 Abendgedanken

Zuerst hat er mich abgewimmelt: „Ich kann nicht kochen“, hat er mir erklärt. „Außer vielleicht Rührei“, (lacht er.) Pater Otfried ist Franziskaner im Kloster Weggental bei Rottenburg.

„Wir suchen Ordensleute, die kochen können, denn wir wollen daraus ein Kochbuch machen“, habe ich ihm erklärt und bleibe hartnäckig.

Zwei Wochen später stehe ich in der Küche im Franziskanerkloster im Weggental. Pater Otfried und Pater Franz Sales, der Chef des Hauses, stecken in Kochschürzen und wollen kochen. Es gibt russische Maultaschen. Maria, die Haushälterin hilft natürlich beim Vorbereiten. „Maria ist die gute Seele bei uns im Haus“, erklärt Pater Otfried und streicht schon mal den Teig glatt.

Dann klingelt es mehrmals an der Tür. „Das geht den ganzen Tag hier so bei uns“, erzählt Pater Franz-Sales. „Wir sind nicht nur eine Wallfahrtskirche, sondern vor allem ein Beichtkloster. Tendenz steigend. Die Menschen kommen zu uns. Und zwar täglich. Es ist schön, wenn wir gebraucht werden.“

„Wir sind halt rund um die Uhr da“, sagt Pater Franz-Sales und schmunzelt. „Wir versuchen den Menschen die Frohe Botschaft zu vermitteln, dass sie zu jeder Zeit zu Jesus kommen können und er sie nimmt, wie sie sind, wenn sie es ehrlich meinen. Das hat uns der heilige Franziskus aufgetragen.“

Maria drängelt, denn die russischen Maultaschen sollen aus dem Teig ausgestochen und mit Fleisch belegt werden. Weil noch zwei Brüder mithelfen, geht das schnell.

„Teamwork, das sind wir hier gewöhnt“, schmunzelt Pater Otfried. „Wir sind hier zu sechst und leben seit vielen Jahrzehnten zusammen, das ist unser Geheimrezept.“ Pater Otfried hat eine so herzliche und fröhliche Ausstrahlung, das mag ich.

Danach kommen die Maultaschen ins Salzwasser und die Patres folgen dem Glockenklang nach unten in die Hauskapelle.

Pater Otfried betet vor, laut und deutlich. Ich spüre, dass die Hauskapelle das Zentrum des Franziskanerordens hier ist. „Gott, stärke und begleite uns, er segne uns, damit wir reiche Frucht bringen“, klingt es unisono.

Oben wartet Maria mit einem voll beladenen Tisch. „Russische Gastfreundschaft halt“, strahlt sie mich an. Vor dem Essen wird noch für die verstorbenen Mitbrüder gebetet, denn „das gehört sich so bei uns“, erklärt Pater Franz-Sales. Nach dem Gebet kommen die noch dampfenden Maultaschen auf den Tisch. Gesegnete Mahlzeit!

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SWR4 Abendgedanken

 Meine Schwester und ich. Wir können uns manchmal nicht ähnlich genug sein aber meistens sind wir ziemlich verschieden. Wir sehen uns nur selten, telefonieren viel, aber wenn wir zusammen sind, dann passt kein Blatt zwischen uns. So sind wir eben, mein Schwesterherz und ich.

Wenn es Streit zwischen uns gibt, dann kriegen wir uns richtig in die Haare oder wir schweigen uns an. Gut, wenn dann irgendwer vermittelt. Dann wissen wir wieder, wir gehören zusammen auf besondere Weise. Wer eine Schwester oder mehrere hat, kennt das vielleicht.

Es gibt zwei prominente Schwestern in der Bibel, die es mir leicht machen, Geschwisterliebe zu verstehen.

Sie heißen Marta und Maria und sie wohnen in Betanien. Sie sind Freundinnen von Jesus. Marta ist die Ältere und vielleicht auch die Klügere. „Sie nahm Jesus in ihr Haus auf und sorgte für den Gast“, steht im Lukasevangelium. Also auftischen, sauber machen, Essen kochen, kurz: schuften. Das ist Marta. Und Maria, das volle Gegenteil. Sie ist die Ruhigere, vielleicht auch die Nachdenklichere, oder aber die Träumerin. Sie setzt sich zu Jesus und hört zu. Nichts weiter. Und das stinkt Marta gewaltig. Sie will hier alles gut und richtig machen und dann das. Am Ende schlichtet Jesus den Zank und sagt zu ihr, der sorgenden Hausfrau: „Marta, deine Schwester Maria hat den guten Teil gewählt.“  Na super, hat sich Marta wohl gedacht. Egal was ich hier an Arbeit leiste, was zählt, ist etwas ganz Anderes: Jesus zuhören und in Ruhe da sein. Bestimmt hat sie sich darüber Gedanken gemacht und vielleicht macht sie es das nächste Mal anders und Maria darf arbeiten.
Ob die Schwestern Vorbild füreinander sind? Bestimmt, denke ich und frage mich: Was könnte ich anders machen, um meine Schwester in manchen Situationen besser zu verstehen?

Wie die Sache mit den beiden Schwestern aus der Bibel ausgeht? Jesus lobt Maria: in der Fähigkeit sich auszuruhen, den rechten Augenblick zu erkennen und auf das zu hören, was ihr jetzt gut tut. Marta ist aufrichtig und ehrlich und vielleicht hätte sie es am liebsten ihrer Schwester gleich getan.
Zum Trost spricht ihr Jesus später ein besonderes Hoffnungswort zu: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“
Marta ist versöhnt. Also doch alles richtig gemacht? Schwestern gehen eben auf verschieden Weise damit um, ihren eigenen Weg zu gehen – Jesus hat sie beide in sein Herz geschlossen.

Heute ist der Gedenktag der heiligen Marta von Betanien. Ein Lob an die Geschwisterliebe.

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SWR4 Abendgedanken

Heute ist Fastenbrechen. Das ist für Muslime ein richtig großes Fest. Denn heute feiern sie den Abschluss des Fastenmonats Ramadan. Im Türkischen heißt das Fest „Zuckerfest“. Meine Freundin Elif zum Beispiel verschenkt an diesem Tag besonders viele Süßigkeiten.

Mich interessiert das einfach, wie andere Menschen, die aus anderen Ländern kommen, ihren Glauben feiern, ihre Kultur weitergeben. Ich weiß, dass das nicht für jeden selbstverständlich ist.

Auch Elif kennt das, wenn Menschen sie nicht verstehen oder ausgrenzen. „Viele wissen wenig über meine Religion oder meine Kultur“, sagt sie. Sie interessiert sich für mich und meine Religion genauso wie ich mich für ihre. Und genau das ist es, was heute in unserer Gesellschaft wichtig ist. Dass Menschen sich gegeneinander abgrenzen geschieht dagegen viel zu oft. Wenn ich jemanden kenne, dann ist das gleich etwas anderes. Dann zählt der Mensch dahinter und dann bekommt die Religion auch ein Gesicht. Und im besten Falle wächst das Verständnis füreinander und es entsteht Freundschaft daraus. Daher bin ich froh, dass ich damals im Studentenheim ganz viele muslimische Freundinnen kennen gelernt habe und mit manchen bis heute befreundet bin. Elif zum Beispiel feiert das Fastenbrechen richtig festlich. Sie lädt immer Freundinnen ein und dann kochen sie gemeinsam.

Ich mag die fröhliche Stimmung bei diesem Fest.

Elif studiert Jura und sie will einmal Anwältin werden. Neben dem Studium hilft sie Familien, die sich schwer mit der deutschen Sprache tun. Sie übersetzt Briefe, sie gibt den Kindern Nachhilfeunterricht oder geht mit ihnen spazieren. Zurzeit begleitet sie eine Familie, die aus Griechenland kommt und auch türkisch spricht wie sie.

Das finde ich klasse von Elif. Ich glaube, durch so eine Einstellung kann unsere Gesellschaft friedlich zusammenleben. „Wenn jeder schaut, was der andere gerade braucht und wir einander schätzen und achten, dann klappt das Zusammenleben“, meint Elif. 

Ich finde zum Beispiel Projekte wichtig, wo Kirchengemeinden und Moscheegemeinden sich besser kennenlernen, sich gegenseitig besuchen. Wenn Menschen miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen und sich gegenseitig besser kennen, dann wächst auch das Verständnis füreinander und für die verschiedenen Kulturen. 

Natürlich ist das für mich nur möglich, wenn ich selbst weiß, was mich trägt und welche Werte mir aus meiner Religion wichtig sind. Ich glaube, dass sich viele Menschen nach Frieden sehnen. Und weil mir dieser Friede so wichtig ist, ist es auch wichtig auf andere zuzugehen und mein Herz weit zu machen. Schönes Zuckerfest, Elif!

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SWR2 Wort zum Tag

Ich gebe zu: Mutig bin ich nicht.

Aber tapfer bin ich. Und wie. Weil ich viel ertragen kann. Und ich kann besonders viel aushalten.  

Zum Beispiel: Ich kann es aushalten, wenn ich weit über meine Grenzen hinaus arbeite und fleißig bin. Wenn ich mutig wäre, dann würde ich öfters mal „Stopp“ sagen.

Ich bin tapfer, wenn ich ertrage, wenn andere mir unhöflich begegnen und im Gespräch nicht den richtigen Ton treffen. Wenn ich mutiger wäre, würde ich sofort sagen: „Ich fühle mich nicht verstanden.“

Mutlos schaue ich zu, wenn andere ihren Ellbogen ausfahren.

Mutlos bleibe ich alleine zurück, wenn andere sich zusammentun und sich gemeinsam auf den Weg machen.

Es ist nicht einfach, dann noch mutig zu sein.

Oder doch?

Ich finde, es gehört viel Mut dazu, seinen eigenen persönlichen Weg zu gehen. Egal, was die anderen dazu sagen oder meinen. Es gehört auch viel Mut dazu, den anderen zu zuhören, auch wenn sie nicht den richtigen Ton treffen. Denn dann blicke ich tiefer und verstehe vielleicht auch, was dahinter steckt. Vielleicht entdecke ich solche Seiten auch an mir. Und dann wünsche ich mir mehr Mut.

Ich freue mich zum Beispiel über Menschen, die Mut haben und ihren Lebens-Mut leben.

Wie zum Beispiel Gisela. Sie hat mich angerufen, während ich an diesem Text gearbeitet habe. Allein, dass sie angerufen hat, fand ich mutig. Und aus ihrer Stimme hat so viel Lebensfreude und Lebensmut gesprüht. Klar, habe ich sie nach ihrem Geheimrezept gefragt. „Meine innere Heiterkeit“, sagt sie. „Ich bin einfach dankbar für mein Leben“, erklärt Gisela und „ich habe großes Gottvertrauen“.

Gisela ist 80 Jahre alt. Auch wenn in ihrem Leben nicht alles glatt gelaufen ist und manches kaputt gegangen ist, wie sie erzählt. Als erstes hat sie immer zu Gott gebetet und darauf vertraut, dass alles gut wird. „Manches habe ich dann leichter angepackt und geschafft“, sagt sie. „Aber ich hatte Glück. Gott war immer dabei.“

Ich finde, es gehört eine Riesenportion Mut dazu, so auf Gott zu vertrauen. Das Gespräch mit Gisela hat mit klar gemacht: Egal, was mein Leben noch mit sich bringen wird. Egal, ob es schwere oder schöne Stunden sein werden. Gott geht mit. Darauf vertraue ich. Ich glaube, dann kann es gar nicht so schwer sein, all meinen Mut zusammen zu nehmen, um das zu tun, was mein Herz mir sagt. Danke Gisela.  

 

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SWR2 Wort zum Tag

„Selig sind die Sanft-mütigen.“ So beschreibt Jesus in seiner Bergpredigt (Matthäus 5,5). Menschen, die keine Gewalt anwenden. Keine Gewalt in der Sprache, keine Gewalt im Umgang miteinander. Es sind Menschen, die Frieden stiften statt Unruhe und Streit.

Gerne wäre ich selbst so ein sanftmütiger Mensch. Denn ich mag Menschen, die sanftmütig sind, weil sie mir zeigen, wie wichtig der gute und respektvolle Umgang miteinander ist.  

Ich glaube, dass Menschen, die sanftmütig sind, milder sind als andere. Sie gehen mit sich und mit anderen zärtlich um und sie wirken so friedvoll auf andere. Sie haben innerlich ihren Frieden gefunden und sie schenken ihn weiter mit einem Lächeln.

Wer sanftmütig ist, spricht mit anderen auch und einfühlsam. Vielleicht ist so ein sanftmütiger Mensch verständnisvoller, hört dem anderen zu und gibt auch mal nach.

Wenn jemand mit einer zärtlichen Stimme mit mir spricht, dann berührt das meine Seele – ganz tief drinnen. Und ganz sanft wächst in mir die Sehnsucht nach Frieden.  

Genau so einen Frieden wünsche ich mir. Ich wünsche mir Frieden da, wo er dringend gebraucht wird. Zum Beispiel in Familien, wo es schon lange kein friedvolles Wort mehr füreinander gibt. In Beziehungen, wo der Frieden schon längst begraben worden ist. in Ländern, in denen jetzt Krieg herrscht.

Ich weiß, dass Frieden Zeit braucht. Ich weiß aber auch, dass Frieden wachsen und reifen kann.Ich möchte gerne damit anfangen, Frieden weiter zu schenken.

Übrigens ich kenne ein Gebet, das Franz von Assisi zugeschrieben wird. Es beschreibt genau diesen Friedens-prozess. In eigenen Worten lautet es so:

 

„Guter Gott mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens
dass ich liebe, wenn die Liebe fehlt und dass ich Frieden weiterschenke, wo Menschen miteinander streiten. Gib mir die richtigen Worte, mit denen ich andere sanft und zärtlich berühren kann.

Guter Gott schenke mir die Kraft, immer dann für andere wie ein Licht zu sein, wenn es dunkel ist. Lass mich andere froh und fröhlich machen. Lass mich trösten, wenn andere Kummer haben. Mach mich zu einem zärtlichen Werkzeug deines Friedens und lass mich sanftmütig sein. Amen.

 

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SWR2 Wort zum Tag

In einer Ratgeberzeitschrift habe ich Pflege-Tipps für einen schöneren Garten entdeckt. Sieben Regeln gab es da. Ich finde sie so passend, dass ich sie gleich auf mein (Zusammen-)Leben mit anderen Menschen übertragen habe.

Erstens heißt es da, im Garten Gruppen bilden. Also Pflanzen der gleichen Art zusammensetzen, denn sie harmonieren und ergeben ein schönes Bild. Übertragen auf Freundschaften und Beziehungen bedeutet das für mich, Gemeinsamkeiten verbinden und sollen gepflegt werden.

Zweitens gilt es einen Garten mit Rasen zu beruhigen. Ein Garten braucht grüne Oasen und Ruheplätze. Und so ist es auch in jeder Beziehung: Sich Auszeiten gönnen, miteinander schweigen und kurz mal Atem holen tut gut. Für mich gehören zu diesem Kraftholen auch das gemeinsame Gebet und der Gottesdienst dazu.

Wer einen Garten hat, soll Wege einplanen, sagt der Experte. Denn Wege strukturieren den Garten. Es darf ruhig auch mal kurvig sein. Höhenunterschiede machen den Garten lebendiger.

Übertragen auf Beziehung und Partnerschaft heißt das für mich: Gemeinsame Wegstrecken machen im Rückblick zufrieden und glücklich. Und wer gemeinsam Berge bestiegen hat, fasst gerne auch mal neue Ziele ins Auge.

Viertens steht da, ein schöner Garten braucht Kontraste. Große und kleine Pflanzen wirken schön neben hellen und dunklen Pflanzen. „Nutzen Sie die Kraft der Gegensätze nicht nur im Garten“, würde ich sagen.

Wenn ich gute Freunde lange nicht gesehen habe, dann freue ich mich umso mehr auf sie. Und wer in seiner Partnerschaft immer derselben Meinung ist, sollte auch darüber nachdenken, ob es auch mal andere Lösungen gibt und Grenzen setzen.

Fünftens, und das finde ich besonders schön, rät der Experte, im Garten möglichst viele Durchgänge zu schaffen. Also Torbögen, Rosenhecken, Rundbögen aufzustellen, denn sie machen neugierig auf das, was dahinter steckt. Ein Blickwechsel kann da manchmal richtig gut tun.

Liebe ist verschwenderisch. Und das ist der sechste Tipp: Wer einen Garten anlegt, soll großzügig denken. In der Liebe gilt es: Groß vom anderen zu denken. Und: Bei Zärtlichkeiten und Komplimenten ruhig übertreiben. Zum Schluss gibt’s den Garten-Expertentipp: Ornamente im Garten als Blickfang aufstellen. Übersetzt für Beziehungen heißt das: Immer wieder Zeichen der Liebe setzen. Kleine Aufmerksamkeiten oder liebevolle Worte tun gut und lassen meinen Blick liebevoll auf meinem Garten ruhen. Und dann rutscht es mir ganz leicht von den Lippen: Du bist der Allerschönste für mich.

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