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SWR4 Sonntagsgedanken

Teil 1
Im Frühjahr haben viele Leute Lust, mal wieder loszulegen mit dem Putzen. Endlich richtig großreinemachen, bis in jede Ecke hineinwischen, alles abstauben und alten Kram entsorgen.
In meinem Haus passiert das nämlich: Über den Winter machen sich in manchen Ecke Spinnweben breit, ein vergessener Weihnachtsengel
liegt noch im Regal
und durch die Fenster kann ich auch schon fast nichts mehr sehen.
Früher war der Frühjahrsputz bei den Hausfrauen ein festes Ritual. Kaum eine Frau, die darauf verzichtet hätte. Es tut einfach gut, hin und wieder mal alles sauber und frisch zu haben im Haus. Und sich nach allen Putzmühen müde, aber richtig zufrieden zu fühlen.
Auch der Seele tut so ein Frühjahrsputz gut.
Deshalb gibt es die Fastenzeit. Fast 7 Wochen dauert sie und sie endet am Ostersonntag. Am vergangenen Aschermittwoch haben die Christen die Fastenzeit begonnen und heute ist der erste Fastensonntag in der Passionszeit. Ein Frühjahrsputz für die Seele? Wofür soll denn das gut sein?
Ich glaube, im Laufe der Zeit kann sich in einem Menschen sehr viel Seelenmüll ansammeln. Müll, der dringend ausgeräumt gehört; Seelenmüll, der entsorgt werden müsste.
Manchmal schleppt jemand solchen seelischen Müll jahrelang mit sich herum und findet keine Gelegenheit und auch keine Hilfe, den Ballast loszuwerden.
Das kenne ich auch. Da spüre ich dann: da müsste mal grundreinegemacht werden. Damit ich wieder freier atmen kann und wieder gerne lebe.
Damit ich wieder klarer sehen kann und klarer für meine Mitmenschen werde.
Bitterkeit ist z.B. so ein Gefühl, das mir die Freude am Leben vergällt.
Da sehe ich alles nur noch unter diesem Vorzeichen: ich bin zu kurz gekommen im Leben. Ich bin nicht gerecht behandelt worden. Wenn ich bitter bin, ist mir das Leben verleidet.
Unbereinigte Streitigkeiten können so ein Ballast sein. Wenn ich unversöhnlich bin und doch ganz genau weiß, dass ich mir selbst am meisten schade, wenn ich nicht vergeben kann.
Schlimm ist es auch, wenn sich ein anderer Mensch weigert, Frieden mit mir zu schließen. Oder wenn mir dieses unsägliche Gefühl vermittelt wird, nicht wertvoll zu sein. Weshalb ich mir immer wieder irgendwie klein und unfähig vorkomme.
Oder die alten längst vergangenen Geschichten, die mich nicht loslassen und mich immer wieder beschäftigen.
Wie kann ich das loswerden, was mir mein Herz schwer macht? Die Fastenzeit
der Kirche bietet einige Anregungen und Hilfestellungen dazu. Hören wir nach der Musik mehr.

Teil 2
Noch 6 Wochen Fastenzeit liegen vor uns. Zeit, die wir nützen können, dem Seelenballast zu Leibe zu rücken, der sich angesammelt hat.
Fasten heißt zunächst einmal zu verzichten. Vielleicht auf das gewohnte Glas Wein am Abend, oder die Süßigkeiten in der Schreibtischschublade oder den Kaffee am Morgen. Das ist gar nicht so einfach, wenn man sich daran gewöhnt hat. Doch Verzichten hat auch eine sehr verlockende und gewinnende Seite.
Wenn ich mir bewusst vornehme, den negativen Stimmen in meinem Inneren die nächsten 6 Wochen möglichst nicht zuzuhören, dann kann Verzichten wirklich befreiend und beglückend sein.
So wie der Körper eine Reinigung erfährt durch Verzicht auf Genussmittel, so erfährt meine Seele eine Reinigung
von dem, was mich immer wieder runterziehen möchte.
Jesus hat all jene selig, ja glücklich gepriesen, die reinen Herzens sind. Ihnen verspricht er, sie werden Gott schauen. Reinen Herzens sein. Arglos.
Gutgläubig. Vertrauensselig sein. Alles Eigenschaften, vor denen wir sonst gewarnt werden.
Das könnte ausgenützt werden. Aber in Glaubensdingen ist es genau die richtige Haltung. Eine Reinigung der Seele vornehmen, reinen Herzens werden, damit ich leichter leben kann und Gott neu begegne.
Das kann ich z.B. durch ein Morgenritual. Ich sage mir am Morgen, bevor ich noch in meinen Tag starte, ganz bewusst: Heute lasse ich nicht wieder Verbitterung aufkommen. Das lasse ich nicht zu. Denn dann geht es mir besser. Ich verzichte darauf und werde somit frei und klar und leicht.
Ich kann bei diesem Morgenritual Jesus um seine Unterstützung bitten. Hilf mir, heute ein reines Herz zu bewahren, damit ich leichter leben kann.
Und ich kann den Tag beschließen, indem ich mich ganz bewusst befrage: Habe ich verzichten können auf Bitterkeit und nachtragende Aufrechnungen? Ist es mir mit Gottes Hilfe gelungen, diese inneren Miesmacher zum Schweigen zu bringen?
Ich bin mir sicher: Wenn mich dieses Ritual in der Fastenzeit begleitet und ich die innere Disziplin dafür aufbringe, werde ich eine heilsame Verwandlung erleben. Ich werde am Ende der Fastenzeit Ostern befreiter und innerlich frisch und klar feiern.
Ich kann mir auch genau überlegen, was meiner Seele noch gut tut und was nicht.
Welche Begegnungen mich stärken und auf welche ich besser verzichten sollte.
Welche Lektüre mich unterstützt, Seelenballast zu verringern, und welche eher hinderlich ist. Welcher Fernsehfilm geeignet ist, den Seelenfrühjahrsputz zu fördern und welcher eher schädlich ist. Das bespreche ich mit Gott,
wenn ich bete.
Ich habe die große Möglichkeit, mich für oder gegen etwas zu entscheiden. Ich kann verzichten. Die Fastenzeit bietet den geschützten überschaubaren Rahmen,
meiner Seele Gutes zu tun. Mit einem reinen, arglosen Herzen die Fastenzeit erleichtert und erfrischt erleben – das ist eine gute Aussicht für die nächsten Wochen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=794
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SWR4 Sonntagsgedanken

Heute feiern die Christen den ersten Advent. In meiner Wohnung habe ich wie jedes Jahr einen Adventskranz aufgestellt und entzünde heute die erste Kerze. In den Kirchen singen wir die alten schönen Adventslieder. Damit stimmen wir uns ein in die vor uns liegenden Wochen.
Der erste Advent - Auftakt für die stimmungsvollste Zeit des Jahres. Der Duft der Weihnachstbäckerei weht schon durch manche Küche. In den Schulen und Kindergärten werden die neuesten Bastelideen umgesetzt. Geschenke werden gekauft und Briefe an Freunde und Verwandte mit viel Liebe und Ausdauer geschrieben. Das alles sind lieb gewordene Gewohnheiten, Rituale, auf die wir nicht verzichten wollen.
Auch wenn wir manchmal stöhnen, dass die Adventszeit so hektisch ist und vollgepackt mit Terminen und wir deshalb gar nicht mehr richtig zur Besinnung kommen – verzichten wollen wir dann doch nicht darauf.
Auch das Adventskonzert der Kinder in der Musikschule soll sein und das Flöten im Altenheim, das ein Leuchten in die Gesichter der Betagten zaubert. Das alles ist es einfach wert. Das schöne Gefühl vom Advent.
Doch was feiern eigentlich die Christen im Advent? Advent ist ein lateinisches Wort und heißt Ankunft. Wer kommt denn an? Wer wird wohl erwartet?
Die Christen glauben: Im kleinen Kind Jesus ist Gott in die Welt gekommen. Damals in Bethlehem, im ärmlichen Stall. Und weil es gut ist, dass sich Menschen vorbereiten auf so ein wichtiges Ereignis, hat die alte Kirche im 4. Jahrhundert nach Christus die Adventszeit eingeführt.
Die Gläubigen sollten sich auf dieses große Ereignis einstimmen:
Jesus Christus, Gottes Sohn ist geboren.
Und das taten sie durch die Jahrhunderte bis heute auf ganz verschiedene Weise.
Manche Christen fasten in der Adventszeit, andere gönnen sich bewusst eine Stunde Stille am Tag. Etliche besuchen Adventsgottesdienste und andere sind engagiert beim Verkauf von Waren für Notleidende. Ich selbst gehe in der Adventszeit gerne in ein festliches Konzert.
Mit all diesen Handlungen bereiten wir uns im Advents auf Weihnachten vor, auf die Ankunft Gottes. Denn mit Gottes Ankunft
verändert sich etwas entscheidendes in unserem Leben: Die Hoffnung tritt ein. Die Hoffnung, dass ich auch in der einsamsten Stunde, im dunkelsten Kapitel und im schwersten Schicksal nicht alleine bin. Dass Gott auch zu mir kommt und für mich eine Tür ins Licht aufgeht.

Teil 2
Schön finde ich in der Adventszeit besonders die Dämmerung. Denn sie lädt dazu ein, Kerzen zu entzünden. Der Schimmer der Kerzen schenkt Wärme und sanftes Licht.
Und auch, wenn es ganz dunkel ist, habe ich nicht das Gefühl, im Finstern zu sitzen. Selbst der Schein nur einer Kerze schenkt ein irgendwie tröstliches Licht. Das ist ja der geheimnisvolle Zauber der Adventszeit, dem wir uns nur schwer entziehen können. Mit dem Kommen von Jesus Christus in die Welt, mit seiner Ankunft, ist ein hoffnungsvolles Licht aufgegangen. Ein Hoffnungslicht, das auch heute noch leuchtet. Dann nämlich, wenn sich eine Verheißung aus einem alten Prophetenbuch wieder neu erfüllt.
Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. Damals, als der Prophet Sacharja das weissagte, galt es dem alten Gottesvolk, Israel.
Endlich sollte der kommen, der Gerechtigkeit und Hilfe bringen würde, der heiß ersehnte Messias. Für die Armen und für die, denen ihr Recht genommen wurde. Für die, denen niemand mehr half und die in ihrem Elend sich selbst überlassen waren. Gerechtigkeit und Hilfe für die, die zermürbt und erschöpft waren.
Die ersten Christen haben diese Weissagung gelesen und verstanden:
Jesus von Nazareth ist derjenige, der genau das erfüllt hat. Er hat sich für gerechte Verhältnisse eingesetzt. Und er hat vielen Menschen in ihrer Not geholfen.
Unser Gott, Jesus Christus, macht sich stark für Gerechtigkeit und ist ein Helfer. Das ist die adventliche Hoffnung, die über die Jahrhunderte hindurch von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Und wenn heute, am 1. Advent, in den evangelischen und katholischen Kirchen wie jedes Jahr die großen Hilfsaktionen von Brot für die Welt und Adveniat
starten, so geschieht das in genau dieser Erwartung: Unser Gott, auf dessen Ankunft wir uns vorbereiten, macht sich stark für Gerechtigkeit und ist ein
Helfer.
Weltweit, aber auch mitten unter uns, direkt bei uns zu Hause. Überall da, wo Not herrscht und Mangel zu spüren ist. Und deshalb ist es gut, wenn ich mich anrühren und bewegen lasse. Von fremder Not und auch von eigener Bedürftigkeit. Im Advent bin ich empfänglicher dafür und durchlässiger. Bereiter zu unterstützen und zu helfen. Aber auch offener und verletzlicher, wenn es um Ungerechtigkeiten geht. Vielleicht ist das neben allen schönen und gemütlichen Ritualen der Adventszeit der tiefere Sinn: mich anrühren, mich berühren lassen, um Gott einen wahren Nothelfer sein zu lassen.
Gerade dann, wenn ich die Hoffnung schon aufgeben will. Gerade dann, wenn sich offenbar alles gegen mich verschworen hat. Gerade dann, wenn alle Zeichen dagegen sprechen. Mich anrühren, mich berühren lassen.
Dann kann Gott in meinem Leben helfen und vielleicht auch durch mich für Gerechtigkeit sorgen.
Ich bin gespannt, was ich in dieser Adventszeit alles erleben werde, mit mir und mit meinem Gott. https://www.kirche-im-swr.de/?m=257
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