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SWR3 Gedanken

Am 22. Juni, morgen vor 66 Jahren erfolgte der Angriff Hitlers auf die Sowjetunion. Auf breiter Front griff die Wehrmacht an. In der Folge unglaubliche Gräueltaten, Zerstörungen und Verwüstungen. Millionen Tote in Russland.
War halt Krieg, denken die einen, was soll’s? Das Besondere aber war, dass Hitler dem Überfall einen besonderen Code-Namen gegeben hatte: Unternehmen Barbarossa. Das war – trotz des italienischen Namens – ein deutscher Kaiser im 12. Jahrhundert. Dieser Kaiser Friedrich Barbarossa ist mit einem Kreuzzug verbunden.
Und Hitler suggerierte mit diesem Code-Namen, ohne dass er da viel noch erklären müsste, dass dieser Krieg gegen Stalin auch ein Kreuzzug sei, ein Heiliger Krieg. Und das Motto der Christen, die auf den Kreuzzug gingen, war diese Überzeugung: Gott will es so. Eben: Heiliger Krieg.
Ein endzeitlicher Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Finsternis. Immer wieder redete Hitler auf seinem Berghof zu seinen Gästen davon. Es gehe um mehr als Lebensraum im Osten, es geht um ein gigantisches Vernichtungswerk: das Böse müsse vom Erdboden getilgt werden, usw. Ist das der Schlüssel um zu verstehen, warum so viele Soldaten da entsetzliches an der Zivilbevölkerung in Weißrussland, der Ukraine gemacht haben?
Wahrscheinlich glaubte Hitler, was er da als krude Mischung verzapfte. Seine Sommerfrische schaute auf einen Berg, wo der Sage nach der Kaiser Barbarossa drin nur schlafe. Um diesen Untersberg – das große Felsmassiv, das Hitler oft von seinem Panoramafenster aus angestarrt hat – ranken sich alle möglichen Sagen und Mythen.
So hieß es, Barbarossa sitze im Bergesinneren. Hitler hat das geglaubt – und sich dabei insbesondere auf Richard Wagner bezogen, seinen Guru. „Die alte Utopie vom Tausendjährigen Reich des Heils. war untrennbar verbunden mit der ´Endschlacht´ gegen den Antichrist. Nur der, in neuer Gestalt, wiederkehrende Heiland konnte den Widersacher besiegen. Barbarossa werde dann, wenn Deutschland in Not sei, wieder kommen, und ein neues Kreuzritterheer, vom sagenhaften Kaiser angeführt, so versprachen die Weissagungen, werde ein ´Blutbad´ unter der Judenschaft, diesem menschgewordenen Antichrist, anrichten; bis zum ’Endsieg’,“ usw. usf.
Das Schreckliche ist, dass dieser Code-Name verstanden wurde, eben wie ein Code wirkte. Wie böser, frommer Zauber, der Denken und Fühlen, alle Erziehung und alle Menschlichkeit außer Kraft setzen konnte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=1556
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SWR3 Gedanken

»Wer ein halbwegs vernünftiger Katholik ist, der ist auch Protestant.« Das hat Heiner Geißler gesagt in einem Interview auf dem Kirchentag in Köln. Er wurde von der Fernsehreporterin nach seiner Einschätzung gefragt. Und dabei kam er zu dieser Aussage: »Wer ein halbwegs vernünftiger Katholik ist, der ist auch Protestant.«
Zunächst hat der prominente CDU-Politiker auf die Frage geantwortet, wie er denn das sehe, dass auf dem Kirchentag solche Themen wie Klimakatastrophe und Armut in Afrika im Vordergrund stehen, indem er sagte: »Auf die Frage nach dem wichtigsten Gebot, sagte Jesus, das ist das Doppelgebot der Liebe. Gottesliebe und Nächstenliebe. Und die sind gleich. Gleich wichtig. Gleichrangig. Wer nur sonntags fromm in die Kirche geht und im Alltag aber abfällig sich äußert über Sozialhilfe- und Harzt IV-Empfänger, über Fremde, der braucht gar nicht in den Gottesdienst zu gehen. Gottesliebe und Nächstenliebe gehören zusammen! Daher kommt die Verantwortung der Christen für die Welt. Darum liege auch der Evangelische Kirchentag in Köln ganz richtig. Und das entspreche ihm.
»Aber Sie sind doch katholisch!« wandte die Reporterin verblüfft ein. Und er, lächelnd: »Wer ein halbwegs vernünftiger Katholik ist, der ist auch Protestant.« Mutig, der Herr Geißler! In der Sache hat er recht.
»Vernünftig« – der christliche Glaube hat auch mit Denken zu tun, nicht nur mit Stimmung und Gefühl, mit Kleidern, Musik oder Weihrauch.
»Halbwegs vernünftig« heißt – es kommt nicht darauf an, wie viele Semester jemand Theologie studiert hat, um zu einer eigenen Aussage zu kommen. Es geht viel früher los, viel einfacher und schlichter. Halbwegs vernünftig: Gott wendet sich besonders denen zu, die eben nicht schrecklich stolz sind auf ihre Gedanken, sondern von ihm was erwarten, also sich öffnen, zuhören, sich was sagen lassen. An Kindern kann man das gut sehen!
Und das Wörtlein »auch«! Auch ein Protestant. Der kennt das in sich auch. Und das stört nicht seine Identität. Uns verbindet viel mehr, im Milieu, in der Mentalität, als es vielleicht bekannt ist. Singen und beten, Taufe und Abendmahl, die Auslegung der Bibel, das Glaubensbekenntnis, Gott loben, die Predigt. Kirchen- und Katholikentage – usw.
»Wer ein halbwegs vernünftiger Katholik ist, der ist auch Protestant.« Ein schöner Gedanke.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1555
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SWR3 Gedanken

In Trier ist zur Zeit eine große Ausstellung zu Kaiser Konstantin. Die Zeit Kaiser Konstantins gilt als Scharnier zwischen heidnischer Antike und christlichem Abendland. Diese Umbruchszeit um 325 nennt man die Konstantinische Wende.
Wenn dieser Tage der EKD-Ratsvorsitzende Prof. Wolfgang Huber und sein Berliner Kollege Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky gemeinsam um den Erhalt der Sonntagsruhe klagen – gegen neue Ladenöffnungszeiten, dann tun sie das in der Tradition des damaligen Kaisers Konstantin: er hat bestimmt, Sonntag ist Feiertag!
Kaiser Konstantin wurde verehrt und angehimmelt. Kein Wunder, wenn man bedenkt: vorher wurde die Sekte der Christen im römischen Reich vom Staat mal geduldet, mal grausam verfolgt, je nachdem. Keine Rechtssicherheit! Aber mit Kaiser Konstantin werden Christen aktiv und offiziell gefördert! Das hat es so noch nicht gegeben!
Konstantin, der Politiker, er gilt in manchen Kirchen als Heiliger, besonders in den orthodoxen Kirchen. Kein Wunder, hat er doch seinerzeit die Stadt Byzanz zu einem zweiten Rom gemacht und umgetauft in Konstantinopel, also in: »Konstantinsstadt«, heute heißt sie: Istanbul.
Die konstantinische Wende, der Kaiser Konstantin. War er überhaupt Christ? Gut, taufen ließ er sich erst auf seinem Sterbebett. Warum? Vielleicht wusste er, wenn er die Taufe ernstnimmt, dass er ab da seinen Job als Staatschef nicht mehr ausüben kann. Denn Konstantin, wortbrüchig, lässt politische Rivalen ermorden; seine Frau übrigens auch. Dafür macht er seine Mutter Helena, eine Wirtstochter vom Schwarzen Meer, zur First Lady im Imperium.
War er überhaupt Christ? Für mich sieht es eher so aus, als wenn Konstantin glaubte, der strahlende Gott, an den er immer schon geglaubt hat, gut soldatisch, symbolisiert als »die eine unbesiegbare Sonne«, der sei gar nichts anderes als der Christengott.
Vielleicht kam er gerade daher zu der Überzeugung dass sich das Christentum als Kitt und Klebstoff für sein Imperium eignet. So lud er alle Bischöfe ein, zum ersten Konzil, auf dem sich alle auf ein Glaubensbekenntnis verständigen sollten, mussten. Dieses Konzil von Nizäa diente vor allem der Einheit des Riesenreiches.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1554
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SWR3 Gedanken

In Trier ist die große Konstantin-Ausstellung. Kaiser Konstantin gilt als der erste Christ auf dem Kaiserthron, damals vor rund 1700 Jahren. Er gilt als Begründer des christlichen Abendlandes.
Aber war er denn selber überhaupt Christ, wie immer so leichtfertig gesagt wird?
Gern wird immer wieder erzählt, wie Konstantin, dieser Soldatenkaiser, Christ wurde. Vor einer Schlacht hatte er eine Vision, einen Traum. Unruhiger Schlaf, sein Gegner ist im eigentlich Recht, ist ihm zahlenmäßig überlegen. Konstantin wirft sich nachts hin und her – wird das gut gehen? Werde ich siegen? Da habe er eine Stimme gehört: »In diesem Zeichen wirst du siegen.« Na bitte, die Antwort!
Das muss Christus gewesen sein, sagt er sich. Und sein Zeichen? Das ist Kreuz, das ich gestern gesehen hatte, als ich tagsüber in die Sonne geblinzelt hatte.
Konstantin lässt seine Soldaten ein Kreuz auf ihre Waffen malen – und gewinnt die Schlacht. Na bitte!
Ich sage: das war eine monströse Verwechslung. Vom Unbewussten her verständlich. Diese Zusage, »In diesem Zeichen« wirst du siegen, heißt auf Lateinisch »in hoc signo« vinces. Abgekürzt sind das die drei Buchstaben I, H und S. Liest man »I•H•S« aber anders, nämlich als griechisches Kürzel, dann werden aus der vermeintlichen Siegesverheißung andre Buchstaben, und man liest i, e und s. Und das ist der Anfang des Wortes Jesus. So steht das auch auf vielen Abendmahlskelchen bei uns, oder als Schmuck in Kirchen auf Fenstern, Altären und an Emporen.
Eine verhängnisvolle Verwechslung, denn ich glaube, Gott paktiert nicht mit tödlicher Gewalt. Jesus ist kein Kriegsgott, der beim Verteufeln und Vernichten von Feinden hilft. Er hat die Feindesliebe gepredigt. Die Kirche aber, von Konstantin begünstig, gefördert, hat nicht die Kraft aufgebracht, ihn von seiner irrigen Meinung abzubringen. So erbt ein römisches Christentum den römischen Militarismus und Imperialismus. Wir wissen es heute besser und können Staat und Religion unterscheiden. Nur: Wie wird man so ’ne Last, solch ein schlimmes Erbe los?
Vorsicht also, wenn Politiker vollmundig fordern, wir müssten uns rüsten und »das Christliche Abendland« wieder stark machen. Mir wird da ganz schwummrig. Vorsicht!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1553
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SWR3 Gedanken

17. Juni 1953. Streiks, Demonstrationen, Volksaufstand in der DDR.
Welche Rolle spielte die Kirche dabei?
Am Anfang steht der Protest gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen für die Arbeiter von der Berliner Großbaustelle an der Stalinallee. Aber rasch geht es den protestierenden Demonstranten um andere Ziele: Freie Wahlen! Und so weitet sich die Welle der Proteste zum Volksaufstand aus. Panzer. 20.000 sowjetische Soldaten und 8.000 Kräfte der kasernierten Volkspolizei schlagen ihn nieder. Über 70 Tote. 6.000 Verhaftungen.
Der 17. Juni ’53 – alles Geschichte? Längst passé? Sieht so aus, denn Normerhöhung, also kurz das Prinzip „Mehr Arbeit für gleichen Lohn“, führt heute zu keinen Ausschreitungen mehr, nicht einmal die derzeit noch dreistere Kombination bei der Telecom „Mehr Arbeit und weniger Lohn“. Die Angst um Jobverlust reicht.
Auffallend war 1953, dass nicht nur Arbeiter protestierten, sondern viele junge Christinnen und Christen. So demonstrierten zum Beispiel in Görlitz 30.000 Menschen, stürmten SED-Büro und Stasi-Zentrale. Schüler, darunter Mitglieder der Jungen Gemeinde, warfen Stalin-Bilder aus den Klassenzimmern, mehrere hundert Frauen wurden aus einem Gefängnis befreit. Bischof Hornig unterstützte am 18. Juni die Forderungen der Aufständischen und solidarisierte sich mit ihnen und brachte die Forderungen beim sowjetischen Stadtkommandanten vor!
Aber die anderen Kirchenleitungen dachten nicht so. Sie wollten den eine Woche vorher ausgehandelten Kompromiss nicht gefährden, in dem der Staat seine Repressionsmaßnahmen gegen junge Christen zurücknahm. In Gera bot Bischof Moritz Mitzenheim der Volkspolizei an, über den Stadtfunk für Ruhe zu sorgen. Zur selben Zeit wurde sein Bruder, der Pfarrer Edgar Mitzenheim, verhaftet, weil er in Berlin eine Resolution überreichte, in der u.a. der Rücktritt der Regierung und die Einheit Deutschlands gefordert wurde. Ganz unterschiedliche Rollen!
Der 17. Juni 1953, auch wenn er im kalten Krieg benutzt wurde, bleibt auch ein Datum der Zivilcourage und des Einsatzes für Menschenrechte und Selbstbestimmung. Und sie wurzelt in der christlichen Glaubens- und Gewissensfreiheit.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1552
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SWR1 Begegnungen

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Feiertag, ich bin Roland Spur von der Evangelischen Kirche, und ich möchte Ihnen heute eine Wienerin vorstellen, Konstanze Wagenhofer. Sie ist Katholikin und singt im Wiener Jüdischen Chor.

Wir haben es bisher nicht „Begegnungen“ genannt, aber im Grunde genommen ist es das. Denn es ist ein gemischter Chor, der aus Juden und Nichtjuden bestehet, aus Österreichern und Nichtösterreichern, die gemeinsam sich zum Ziel gesetzt haben, eine Kultur mit Leben zu erfüllen, im Heute zu leben, die noch vor wenigen Jahren ein sehr zartes Pflänzchen war.

Teil 1
»Wiener Jüdischer Chor« stand auf dem Plakat. Konzert im Radiokulturhaus des ORF. Und ich wollte wissen, wie sich der anhört. Und wer mitsingt.
Konstanze Wagenhofer singt da seit über 12 Jahren mit. Das heißt: ungezählte Chorproben und viele Auftritte und Konzerte, in Wien, Graz, Prag, Bratislava, Jerusalem. Aber warum sollte es gerade ein jüdischer Chor sein? Dabei ist sie doch gar keine Jüdin, sondern traditionell katholisch, wie das die meisten Österreicher sind.

Ja klar. Im Grunde genommen ist es relativ simpel. Mir gefällt diese Musik. Mir gefallen die Lieder, mir gefallen die Harmonien in Moll. Und natürlich interessiere ich mich sehr für jüdische Kultur im allgemeinen, sonst hätte ich nicht Judaistik studiert, und daher kommt das meinen Interessen schon sehr entgegen. Und was mir gut gefällt, ist die Atmosphäre in diesem Chor, der sich ja – das passt zu Ihrem Sendetitel – auch dem Motto »Begegnungen« eigentlich verschrieben hat.

Judaistik – das ist im Grunde die Wissenschaft, die sich mit jüdischer Geschichte, jüdischer Religion, jüdischer Philosophie und Sprache befasst. Deshalb versteht Konstanze Wagenhofer, auch wenn sie jiddische, chassidische und hebräische Lieder singt, deren Texte. Für sie ist das also nicht nur so was wie osteuropäische Folklore und Gefühl, sie versteht den Sinn der Lieder unmittelbar.

»Lecha Eten« heißt dieses Lied, auf deutsch: »Dir gebe ich dieses Land und segne alle seine Getreidesorten zum Guten und lege einen Segen auf die Fläche des Erdbodens.« Seine Textzeilen sind die biblischen Zusagen Gottes an Israel, musikalisch ist es arrangiert von Roman Grinberg, dem Leiter des Wiener Jüdischen Chores.
Was bedeutet es für sie, habe ich Konstanze Wagenhofer gefragt, wo sie musikalisch so viel Kontakt mit Jüdischer Kultur hat, über das Musikalische hinaus für ihre Frömmigkeit oder Spiritualität?

Ich würde sagen, für viele Katholiken, für mich vor allen Dingen, ist es wahnsinnig schwierig, diese Dreifaltigkeit zu begreifen und zu verstehen. Sehr viele Dinge, Glaubensdinge werden von Gläubigen abverlangt. Im Judentum muss man nur an Gott glauben, an einen – das ist sehr wichtig, und der Rest ergibt sich daraus. Das find ich eigentlich meistens fast ein bisschen logischer.

Ihr Elternhaus beschreibt sie als sehr religiös. Doch Konstanze und ihre zwei Schwestern wurden nicht so erzogen, als sei der Katholizismus die einzig seligmachende Religion, womöglich noch erhaben und allen anderen Wegen zu Gott überlegen. Sondern mit Toleranz und Respekt gegenüber anderen Konfessionen – dafür ist sie ihren Eltern sehr dankbar, und bleibt katholisch!


Teil 2
Die Wienerin Konstanze Wagenhofer ist Journalistin und außerdem hat sie ein Hochschulstudium absolviert: Arabistik. Ist bei Wiens Tradition mit der Kultur und Berührung mit dem Orient auch nicht verwunderlich. Aber manchmal schlägt man im Leben unbekannte, neue Wege ein und bleibt nicht stur bei einem Thema und Fach oder Karriereplan.

Ja, ähnlich bin ich zur Judaistik gekommen. Dort hat mich eine Freundin angesprochen. Ich hab eigentlich Arabistik studiert, und da braucht man eine weitere semitische oder dem islamischen Kulturkreis zugeordnete Sprache. Und eine Freundin hat gesagt: „Geh, gehen wir in Hebräisch, das ist so leicht!“ Und dann hat mir das sofort wirklich sehr gut gefallen – die Sprache hat mich angefixt, wie man sagen würde – und dann hab ich halt das ganze Studium dem folgen lassen: Die Religion, die Religionsphilosophie im Mittelalter. Da greifen sehr muslimische Philosophen, jüdische Philosophen ineinander. – Sie schauen so zweifelnd?

Nein, Missverständnis! Gar nicht zweifelnd-kritisch, nur heftig nachdenklich! Mir sind da so viele Einfälle gekommen, was die Kulturen alles verbindet, wovon man viel zu wenig weiß! Weil man meistens auf das Trennende achtet und übersieht, dass uns viel, viel mehr verbindet als uns trennt, Juden, Christen und Muslime, allesamt Kinder Abrahams. Aber das haben wir alle leider zu wenig im Gefühl. Und daher gerät mancher religiöser Dialog schief. Das hat Konstanze Wagenhofer auch erlebt.
Shalom ben Chorin kennengelernt habe, der sein Leben verschrieben hat quasi dem christlich-jüdischen Dialog. Finde aber, dass dieser Dialog an seine Grenzen stößt, wenn es um die Messiasfrage geht. Die Christen wollen das einfach nicht wahrhaben, dass die Juden da andere Glaubensinhalte haben, und planieren da manchmal drüber, finde ich. Und das finde ich nicht wirklich im Sinne eines offenen Dialogs komplett richtig.

Manche Hörer denken schon allein bei dem Wort „Israel“ an die dauernden Konflikte dort mit den Palästinensern und sind ziemlich erbost über Israel und seine Politik und kritisieren jede Maßnahme des Staates: „Ach, die machen alles immer nur falsch und sind selber schuld an der Situation da unten...“

Das würde ich so überhaupt nicht sehen, denn ich bin überzeugt davon, dass sich alle Israelis Frieden wünschen. Normalerweise versuche ich, keine Stellung zu beziehen zu politischen Fragen, aber ich sehe das so, dass es sich leicht reden lässt in Deutschland und in Österreich, den moralischen Zeigefinger zu schwingen. Aber von ausschließlich feindlichen Nationen umgeben zu sein, das ist eine Situation, die sich niemand bei uns vorstellen kann.

Und wie geht’s zu in so einem gemischten Chor? Wie wirkt sich das aus auf den Chor, der ja halb-halb aus Juden und Nichtjuden besteht? Wie ist das Miteinander im Wiener Jüdischen Chor?

Na ja, wir reden alle eigentlich deutsch mit österreichischem Akzent. Das Problem, das Österreicher mit den Deutschen haben, nämlich: es ist die gemeinsame Sprache, die uns trennt, das haben wir nicht. Und dass die Stimmung gut ist, das zeigt, dass alle ausnahmslos eine zweiwöchige Busreise durch die Ukraine, Moldawien und Rumänien überlebt haben. Und sich nicht gestritten haben. Und immer noch miteinander sprechen!https://www.kirche-im-swr.de/?m=1361
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SWR1 Begegnungen

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Feiertag, ich bin Roland Spur von der Evangelischen Kirche, und ich möchte Ihnen heute eine Wienerin vorstellen, Konstanze Wagenhofer. Sie ist Katholikin und singt im Wiener Jüdischen Chor.

Wir haben es bisher nicht „Begegnungen“ genannt, aber im Grunde genommen ist es das. Denn es ist ein gemischter Chor, der aus Juden und Nichtjuden bestehet, aus Österreichern und Nichtösterreichern, die gemeinsam sich zum Ziel gesetzt haben, eine Kultur mit Leben zu erfüllen, im Heute zu leben, die noch vor wenigen Jahren ein sehr zartes Pflänzchen war.

Teil 1
»Wiener Jüdischer Chor« stand auf dem Plakat. Konzert im Radiokulturhaus des ORF. Und ich wollte wissen, wie sich der anhört. Und wer mitsingt.
Konstanze Wagenhofer singt da seit über 12 Jahren mit. Das heißt: ungezählte Chorproben und viele Auftritte und Konzerte, in Wien, Graz, Prag, Bratislava, Jerusalem. Aber warum sollte es gerade ein jüdischer Chor sein? Dabei ist sie doch gar keine Jüdin, sondern traditionell katholisch, wie das die meisten Österreicher sind.

Ja klar. Im Grunde genommen ist es relativ simpel. Mir gefällt diese Musik. Mir gefallen die Lieder, mir gefallen die Harmonien in Moll. Und natürlich interessiere ich mich sehr für jüdische Kultur im allgemeinen, sonst hätte ich nicht Judaistik studiert, und daher kommt das meinen Interessen schon sehr entgegen. Und was mir gut gefällt, ist die Atmosphäre in diesem Chor, der sich ja – das passt zu Ihrem Sendetitel – auch dem Motto »Begegnungen« eigentlich verschrieben hat.

Judaistik – das ist im Grunde die Wissenschaft, die sich mit jüdischer Geschichte, jüdischer Religion, jüdischer Philosophie und Sprache befasst. Deshalb versteht Konstanze Wagenhofer, auch wenn sie jiddische, chassidische und hebräische Lieder singt, deren Texte. Für sie ist das also nicht nur so was wie osteuropäische Folklore und Gefühl, sie versteht den Sinn der Lieder unmittelbar.

»Lecha Eten« heißt dieses Lied, auf deutsch: »Dir gebe ich dieses Land und segne alle seine Getreidesorten zum Guten und lege einen Segen auf die Fläche des Erdbodens.« Seine Textzeilen sind die biblischen Zusagen Gottes an Israel, musikalisch ist es arrangiert von Roman Grinberg, dem Leiter des Wiener Jüdischen Chores.
Was bedeutet es für sie, habe ich Konstanze Wagenhofer gefragt, wo sie musikalisch so viel Kontakt mit Jüdischer Kultur hat, über das Musikalische hinaus für ihre Frömmigkeit oder Spiritualität?

Ich würde sagen, für viele Katholiken, für mich vor allen Dingen, ist es wahnsinnig schwierig, diese Dreifaltigkeit zu begreifen und zu verstehen. Sehr viele Dinge, Glaubensdinge werden von Gläubigen abverlangt. Im Judentum muss man nur an Gott glauben, an einen – das ist sehr wichtig, und der Rest ergibt sich daraus. Das find ich eigentlich meistens fast ein bisschen logischer.

Ihr Elternhaus beschreibt sie als sehr religiös. Doch Konstanze und ihre zwei Schwestern wurden nicht so erzogen, als sei der Katholizismus die einzig seligmachende Religion, womöglich noch erhaben und allen anderen Wegen zu Gott überlegen. Sondern mit Toleranz und Respekt gegenüber anderen Konfessionen – dafür ist sie ihren Eltern sehr dankbar, und bleibt katholisch!


Teil 2
Die Wienerin Konstanze Wagenhofer ist Journalistin und außerdem hat sie ein Hochschulstudium absolviert: Arabistik. Ist bei Wiens Tradition mit der Kultur und Berührung mit dem Orient auch nicht verwunderlich. Aber manchmal schlägt man im Leben unbekannte, neue Wege ein und bleibt nicht stur bei einem Thema und Fach oder Karriereplan.

Ja, ähnlich bin ich zur Judaistik gekommen. Dort hat mich eine Freundin angesprochen. Ich hab eigentlich Arabistik studiert, und da braucht man eine weitere semitische oder dem islamischen Kulturkreis zugeordnete Sprache. Und eine Freundin hat gesagt: „Geh, gehen wir in Hebräisch, das ist so leicht!“ Und dann hat mir das sofort wirklich sehr gut gefallen – die Sprache hat mich angefixt, wie man sagen würde – und dann hab ich halt das ganze Studium dem folgen lassen: Die Religion, die Religionsphilosophie im Mittelalter. Da greifen sehr muslimische Philosophen, jüdische Philosophen ineinander. – Sie schauen so zweifelnd?

Nein, Missverständnis! Gar nicht zweifelnd-kritisch, nur heftig nachdenklich! Mir sind da so viele Einfälle gekommen, was die Kulturen alles verbindet, wovon man viel zu wenig weiß! Weil man meistens auf das Trennende achtet und übersieht, dass uns viel, viel mehr verbindet als uns trennt, Juden, Christen und Muslime, allesamt Kinder Abrahams. Aber das haben wir alle leider zu wenig im Gefühl. Und daher gerät mancher religiöser Dialog schief. Das hat Konstanze Wagenhofer auch erlebt.
Shalom ben Chorin kennengelernt habe, der sein Leben verschrieben hat quasi dem christlich-jüdischen Dialog. Finde aber, dass dieser Dialog an seine Grenzen stößt, wenn es um die Messiasfrage geht. Die Christen wollen das einfach nicht wahrhaben, dass die Juden da andere Glaubensinhalte haben, und planieren da manchmal drüber, finde ich. Und das finde ich nicht wirklich im Sinne eines offenen Dialogs komplett richtig.

Manche Hörer denken schon allein bei dem Wort „Israel“ an die dauernden Konflikte dort mit den Palästinensern und sind ziemlich erbost über Israel und seine Politik und kritisieren jede Maßnahme des Staates: „Ach, die machen alles immer nur falsch und sind selber schuld an der Situation da unten...“

Das würde ich so überhaupt nicht sehen, denn ich bin überzeugt davon, dass sich alle Israelis Frieden wünschen. Normalerweise versuche ich, keine Stellung zu beziehen zu politischen Fragen, aber ich sehe das so, dass es sich leicht reden lässt in Deutschland und in Österreich, den moralischen Zeigefinger zu schwingen. Aber von ausschließlich feindlichen Nationen umgeben zu sein, das ist eine Situation, die sich niemand bei uns vorstellen kann.

Und wie geht’s zu in so einem gemischten Chor? Wie wirkt sich das aus auf den Chor, der ja halb-halb aus Juden und Nichtjuden besteht? Wie ist das Miteinander im Wiener Jüdischen Chor?

Na ja, wir reden alle eigentlich deutsch mit österreichischem Akzent. Das Problem, das Österreicher mit den Deutschen haben, nämlich: es ist die gemeinsame Sprache, die uns trennt, das haben wir nicht. Und dass die Stimmung gut ist, das zeigt, dass alle ausnahmslos eine zweiwöchige Busreise durch die Ukraine, Moldawien und Rumänien überlebt haben. Und sich nicht gestritten haben. Und immer noch miteinander sprechen!https://www.kirche-im-swr.de/?m=1360
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SWR1 Begegnungen

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Karfreitag.
Karfreitagstraditionen sind verschieden, evangelische und katholische. Und meist getrennt.
Aber in einem Ort kommen sie heute Nachmittag zusammen, öffentlich. Das ist so in Bad Cannstatt bei Stuttgart.

[begegnungen/dekan_dinkelaker.jpg]

Diese »via dolorosa«, dieser Leidensweg durch Cannstatt, der beginnt an der Martinskirche, geht an unsrer Kirche vorbei und zieht sich dann durch den Kursaal von Bad Cannstatt. Dort treffen sie auf gar nicht wenige evangelische Christen, die den gleichen Weg nehmen, um an der Lutherkirche die Matthäuspassion von Bach zu erleben.

Ich habe mich mit dem Evangelischen Dekan von Bad Cannstatt zum Gespräch verabredet, Thema Karfreitag. Und er hat mich dazu in die alte, gotische Stadtkirche eingeladen. So stehen wir in der Sakristei, einem hohen gewölbten sakralen Raum. Und allmählich verstehe ich, warum wir uns dort treffen.

Die Tatsache, dass sich eine alte italienische Tradition, nämlich eine Karfreitagsprozession durchzuführen, hier in Cannstatt angesiedelt hat, wirkt sich bei uns so aus – ökumenisch –, dass in unserer Kirche das Waffenarsenal für die Soldaten von Pilatus gelagert wird.

Die Sakristei ist ein Ort der Ruhe und Sammlung für Prediger, ein friedlicher Ort. In Cannstatt aber an Karfreitag ändert sie ihr Wesen, wird katholische Waffenkammer. Sie dient dem Passionszug der Italiener. Speziell den Römern!

Für zwei Dutzend Bewaffnete. Und da wird ein Richtplatz vor unserer Kirche auf dem Marktplatz aufgeschlagen.

Ein Schauspiel, die Stadt wird zur großen Bühne. Das Besondere in Bad Cannstatt ist aber, dass da nicht zwei Sprachen sind, sondern dass sich die Angehörigen zweier Konfessionen an Karfreitag in der breiten Öffentlichkeit begegnen.
[begegnungen/karfreitag.jpg] daz
Diese »via dolorosa«, dieser Leidensweg durch Cannstatt, der beginnt an der Martinskirche, geht an unsrer Kirche vorbei und zieht sich dann durch den Kursaal von Bad Cannstatt. Dort treffen sie auf gar nicht wenige evangelische Christen, die den gleichen Weg nehmen, um an der Lutherkirche die Matthäuspassion von Bach oder einem anderen Komponisten zu erleben.

Zwei Kulturen – oder zwei Mentalitäten begegnen sich, römisches Schauspiel und protestantische Innerlichkeit, Kostüme und musikalische Kontemplation, Katholisch und Evangelisch. Dekan Dinkelaker sagt, die Unterschiede lassen sich auch öffentlich beobachten und ablesen.

Es ist so, dass der, der in die Lutherkirche geht, möglicherweise vorher die Passionsgeschichte gelesen hat und ein klares Ziel hat, während der, der an der Prozession teilnimmt, entweder Zuschauer ist oder aber als ergriffener Mitsänger – die singen da, und er hat vor allem seine ganze Familie hinter sich. Die kommen immer im Pulk.

Ob katholisches Passionsspiel oder evangelische Matthäuspassion. Man kann dabei Teil von etwas großem Ganzen werden.

Es ist berührend, mit welchem Ernst die Schauspieler sich hier in den Dienst der Passionsgeschichte, der Leidensgeschichte stellen, und auch die Verwandten, die zu mehreren Tausend hier herkommen, empfinden sich als Italiener und als Christen, die diese Leidensgeschichte miterleben, vielleicht ist das auch ein Grund, dass man anschließend dann befreit auch den Frühlingstag genießen kann.

Verschiedene Kulturen. Es gibt unterschiedliche Zugangsweisen zu den Grundfragen des Lebens, nach dem Sinn von Leiden, oder: Warum ein Unschuldiger wie Jesus so viel Gewalt leiden musste. Karfreitag. Wer Jesu Passionsgeschichte an sich heranlässt, spürt Aggressionen in sich, Wut und Zorn. Wie geht’s da einem, der dies ganze Drama auswendig kennt, einem Pfarrer und Dekan?

Also ärgerlich bin ich eigentlich jeden Tag, wenn ich die Zeitung aufschlage. Und wenn ich die Passionsgeschichte höre, bin ich da ein Stück weit einbezogen. Ich hab da nicht gleich eine Antwort drauf, sondern ich merke, hier wird mit Menschen, die leiden – es ist ja nicht nur Christus, ein Stück Wahrheit in unserer Welt deutlich gemacht. Und zwar so, dass diese Form von Gewalt nicht in Ordnung ist.

Mancher Hörer hat ja mit Karfreitag gefühlsmäßig auch seine Schwierigkeiten. Früher durfte man nicht laut sein, oder gar lachen, von der Tradition der Trauer und des Todes her verordnet, speziell in Württemberg. Für Jugendliche war das – wie seinerzeit für einen Gustav-Adolf Dinkelaker „auch ein bisschen schwierig“, früher. Und jetzt, mit 62?

Das andere ist, dass ich diese Choräle und natürlich die Passionsgeschichte selber einfach auch mit Stationen meines Lebens verbinde. Neben der Lutherkirche ist ein alter ganz, ganz schöner Friedhof, der Uffkirchhof. Dort ist es so, dass ich als Pfarrer junge Menschen und neulich auch meinen Laienvorsitzenden beerdigen musste. Da sind Menschen wie Otto Riethmüller beerdigt. Der hat das Lied »Sonne der Gerechtigkeit« gedichtet. Das ist für mich schon ein Ausdruck unsres Glaubens, wie ich ihn auch gerne mitsinge.

Und ich verstehe: mitgenommen, hineingenommen in etwas Großes und ein bisschen Geheimnisvolles. In die große Musik der Heilsgeschichte. Und die ist eben nicht immer nur harmonisch! Die kennt die Spannung die Schmerzen und die Misstöne.

So geht’s mir bei den Bach-Chorälen auch. Das Erlebnis, dass man mit dem Tod eines eng verbundenen Menschen zurechtkommen muss, und dass es eben nicht nur bei der Situation der Sprachlosigkeit bleibt, sondern indem man mit dieser Musik, mit diesen Chorälen – auch mit den gehörten Texten ein Stück weit sich angenommen fühlt; das Bedrückende der Situation erleben kann, aber durch die Erfahrung, dass das Kreuz ein Zeichen des Lebens durch Christus geworden ist, einen Weg, eine Tür zum Weiterleben finden kann.https://www.kirche-im-swr.de/?m=1076
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SWR3 Gedanken

Der Wunschtermin zur kirchlichen Trauung ist ungewöhnlich früh angemeldet worden. Sonst sucht man normalerweise zuerst nach einem geeigneten Lokal, günstigen Flügen in die Flitterwochen – und allem möglichen, was mit Hochzeit zu tun hat. Ein Pfarrer steht unten auf der Liste der Merkpunkte. Der ist ja immer da und verfügbar. Wozu sollte man da Rücksicht nehmen? Samstags eine Kirche für eine Stunde buchen und feiern – kein Problem.
Im besagten Fall ist es anders: zu Jahresbeginn wurde schon mal das erste Wochenende im Juli gebucht. Es ist das Datum. Der siebte Juli. In Ziffern geschrieben, sieht es super aus: 07. 07. 07. ein Hammerdatum!
Den Hochzeitstag kann man sich gut merken. Auch weit über das verflixte siebte Jahr hinaus: 07. 07. 07. Männer, die traditionell als die Hochzeitstagstrottel gelten – was aber ein Vorurteil ist, Frauen vergessen ihn auch – die sind auf der sicheren Seite.
Der Siebte Siebte Null-Sieben und Hierat. Vielleicht ist da auch was von der Angst spürbar, wie man sie aus diversen Geschichten und Filmen kennt: vergisst man den Hochzeitstag, ist das nicht nur peinlich, sondern wird für den Anfang vom Ende gehalten. Zeichen von Gewohnheit und Routine in der Beziehung, von Abstumpfung und Abnutzung der Liebe. Das höre ich immer wieder.
Das besondere Datum 07. 07. 07 als Garantie für eine gelingende Ehe? Ein magisches Datum? Aus dem Bedürfnis nach Sicherheit! Weil man weiß, es liegt nicht nur daran, ob ich alles richtig mache. Weil man weiß, dass man im Grunde auf ganz viel Hilfe in der Ehe angewiesen ist. Unterstützung von außen – und dann ist es auch gut, wenn alle drum rum die Hochzeit und den Hochzeitstag nie vergessen. Gute Freunde, gute Wünsche. Segen ist gefragt. Wir haben nicht alles in der Hand, nicht alles unter Kontrolle. Wir sind angewiesen auf Wunder. Auf Segen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=902
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SWR3 Gedanken

Ein Sieger, der Angst hat. Er bekommt Filmpreise, aber er stottert, stammelt wie ein schüchterner Junge, wenn er dann was sagen und frei reden soll. Forest Whitaker. Für seine Leistung als Idi Amin in »Der letzte König von Schottland« wurde er als bester männlicher Hauptdarsteller mit dem Oscar ausgezeichnet.
Er kommt nach vorn ans Mikrophon und bricht er mit dem ungeschriebenen Gesetz, dass die Dankesrede frei vorgetragen werden muss. Er macht was Eigenes. »Ich hab mir ’was aufgeschrieben,« sagt Forest Whitaker und zieht einen Zettel heraus, »weil ich dachte, wenn’s passiert, werde ich ein bisschen überwältigt sein. Und das bin ich jetzt auch. So, OK.«
Forest Whitaker spricht davon, wie er angefangen hat mit der Schauspielerei, weil er verbunden sein wollte mit jedermann. Innerlich. „Mit dem Licht, von dem ich glaube, dass es jeder in sich hat. Ganz tief, das können wir fühlen. In unserem Glauben miteinander verbunden können wir damit eine neue Wirklichkeit schaffen.“ Mir kommt sein Werdegang wie eine Auslegung dieses Glaubens vor. Als Kind hat er Filme nur gesehen hat, wenn die Familie ins Autokino fuhr, vom Rücksitz aus. Er hat nicht wirklich gedacht, dass er mal Schauspieler wird und sogar Erfolg hat. Ein farbiges Kind aus Ost Texas, aufgewachsen in South Central L.A.
Forset Whitaker dankt der ganze Film-Crew, all den Leuten, die an The Last King of Scotland geglaubt haben. „Ich danke meiner Frau, meinen Kindern, meinen Vorfahren, die weiter meine Schritte lenken.“ Schön, wie Forest Whitaker die Weise, wie Afrikaner ihren Glauben akzentuieren, ausdrückt.
„Und ich danke Gott. Gott, der an uns alle glaubt. Der mir diesen Augenblick gewährt hat, in diesem Leben. Und den will ich in mir als Hoffnung tragen mein Leben lang, bis in mein nächstes Leben. Danke.“ Sein Zettel, seine Rede – da war der Schüchterne ganz groß. Ganz bei sich. Seine Dankesrede gilt als die bewegendste im Kodak-Theater, und als ehrlichste der Oscar-Nacht.
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