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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Es ist eine tragische Liebe. Er, Pierre Abaelard, einer der einflussreichsten Priester und Theologen des Hochmittelalters. Sie, Heloise, ein Mädchen aus gutem Hause. Alles hatte damit begonnen, dass Abaelard der Hauslehrer von Heloise wurde. Doch schon bald merken die beiden, dass sie mehr verbindet als nur das Studieren. Heimlich lieben sie einander. Lange bleiben sie unentdeckt. Doch dann fliegt alles auf: Heloise wird schwanger, und der Onkel bei dem sie lebt tobt vor Wut. Gerade noch kann sich das Liebespaar retten und flieht in die Bretagne zu Freunden. Dort kommt ihr gemeinsames Kind zur Welt. Ihre Liebe hat eine erste Erfüllung gefunden.

Leider endet die Geschichte hier nicht. Sie geht weiter, wie so viele tragische Liebesgeschichten. Weder der Onkel noch die Kirche gönnen den Beiden ihr Glück. Lust und Liebe, dazu noch unter dem Dach der Kirche, sind bis heute ein Tabuthema geblieben. Schmerzhaft mussten das die Liebenden erfahren. Und bis heute erfahren es Liebende manchmal so.

Das Einzige, was Pierre Abaelard  und Heloise blieb, waren Liebesbriefe. Sie schrieben einander. Und das was sie sich schrieben gehört bis heute zum Schönsten was je über die Liebe gesagt wurde. Als Botschaft an alle Liebenden, denen man ihre Liebe nicht gönnt. Denen man ihr Glück zu zerstören droht. Denen man übel mitspielt. Die Liebe wird am Ende stärker sein als alles, was sie zu behindern sucht. Stärker auch als der Tod. Und auch das beweist uns das Schicksal von Abaelard und Heloise: Gemeinsam liegen sie heute in einem Grab, auf dem Pere Lachaise, dem berühmten Friedhof in Paris. Abaelard und Heloise. Ein Traumpaar, auf ewig in Liebe vereint.

Aus dieser tragischen Liebesgeschichte sollten die Kirche und die Menschen, die in ihr Verantwortung haben, lernen. Lust und Liebe unter dem Dach der Kirche sollten kein Tabuthema mehr sein. Das wünsche ich mir und allen Abaelards und Heloises unserer Tage.  

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Es hat Tumulte, Beleidigungen und fast sogar Handgreiflichkeiten gegeben. Und das vor dem ansonsten so ehrenwerten House of Lords des englischen Parlaments. Gerade hatte Bischof Bell aus Chichester den britischen Bombenterror gegen Deutschland angeprangert. 1943 war das, als deutsche Städte in Schutt und Asche fielen. So wie Hamburg. Da haben heute vor 75 Jahren die großen Angriffe begonnen. Angriffe, die unzähligen Menschen das Leben gekostet  und die Stadt fast vollständig zerstört haben.

Mutig, was Bischof Bell damals gesagt hat. Er wollte unterscheiden zwischen den Nazi-Mördern und der Zivilbevölkerung. Er widersprach der Regel, dass Krieg jedes Mittel rechtfertige. Für Bell war der Bombenkrieg ein Verbrechen.

Als Verräter wurde er damals beschimpft, weil seine Meinung nicht zur Logik des Krieges passte. Aber Bell war Christ. Und deshalb träumte er den Traum von Gottes Friedensreich, so, wie viele Propheten vor ihm. Von einem Leben ohne Krieg, ohne Hass und Tod. Und dafür hat er sich eingesetzt, wollte Frieden stiften. Wie es Jesus gesagt hat: Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Bells Protest trug Früchte damals. Ganz praktisch schaffte er es, dass der geplante Angriff auf Berlin an Weihnachten 1943 abgesagt wurde. 1000 Maschinen, die ein entsetzliches Inferno angerichtet hätten, blieben immerhin an diesen Tagen am Boden.

Bischof Bell hat Ernst gemacht mit der Friedensbotschaft Jesu. Hat den Mund aufgemacht und sich für den Frieden eingesetzt. Er hatte Mitleid. Mit einem Volk, das stellvertretend für seine Regierung in diesem Krieg büßen sollte.

Heute, 75 Jahre danach, ist Bells Botschaft noch immer aktuell. Denn bis heute ist Gottes Friedensreich, ein Leben ohne Hass und Krieg und Tod, ein unerfüllter Traum. Bischof Bell kann uns ein Vorbild sein. Wir sollten weiterträumen vom Frieden, gegen die Logik des Krieges. Und Frieden stiften, wie es Bischof Bell getan hat. Damit der Friede eine Chance hat, den Kriegstreibern damals und heute zum Trotz.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Manche Fehler scheinen unverzeihlich. So auch der von Barbosa. Der brasilianische Torhüter ist noch als alter Mann von Kindern bespuckt worden. Und er hat es hingenommen. Ja, das war meine Schuld, so hat er gedacht. Dabei sind seine Gedanken zum größten Fußballspiel seines Lebens gegangen. Das entscheidende Spiel einer Endrunde bei der WM 1950. Brasilien reichte ein Unentschieden, um weiterzukommen. Vor 201000 begeisterten Fans sollte das doch zu machen sein. Die 1000 angereisten Uruguayer fielen nicht auf. Die Stimmung war sensationell. Besonders, als die Brasilianer mit 1:0 in Führung gingen. Auch der Ausgleich macht die Stimmung noch nicht kaputt. Ist ja alles auf dem besten Weg zur Weltmeisterschaft der Brasilianer gewesen. Doch dann, kurz vor Schluss: Torwart Barbosa hat den Ball, denkt er, doch er rutscht ihm durch die Handschuhe. Kullert weiter, über die Linie, ins Tor. Totenstille im Stadion. Minutenlang. Bis der Schiri abpfeift.

Manchmal gibt es einfach solche Dinge, die nicht ungeschehen gemacht werden können. So, wie eben auch immer wieder im Fußball. Loris Karius,  der Torwart von Liverpool, tragischer Held im diesjährigen Champions-League-Finale, kann ein Lied davon singen. 

Mir machen da Worte und Taten von Jesus Mut. Er hat nicht den Kontakt zu den scheinbar Perfekten und Selbstbewussten gesucht. Er hatte sogar dauernd Streit mit ihnen. Er hat sich mit den Verzweifelten und Gedemütigten abgegeben. Hat ihnen zugehört, sich um sie gekümmert. Mit all ihren Fehlern hat er sie geliebt. Mit all ihren Gegentoren. Und auch den Eigentoren. Jesus liebt die Menschen komplett, so wie sie sind. Mit Talenten und mit Fehlern. Und ist damit wohl auch im Fanclub der blamierten Torhüter.

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Anstöße sonn- und feiertags

Ein Vater hat zwei Söhne. Der eine: ein braver, folgsamer Kerl, der dem Vater viel Freude macht. Der andere: ein Hallodri, der sein Erbteil verlangt und es in kurzer Zeit verprasst. Zerknirscht kommt er auf den väterlichen Hof zurück, bereut seine Eskapaden und möchte als einfacher Knecht eine Arbeit haben. Völlig am Ende, hofft er, wenigstens nicht zu verhungern. Doch verblüffend ist die Reaktion des Vaters. Statt böse auf den Heimkehrer zu sein, feiert er ihm zu Ehren ein riesiges Fest und nimmt ihn begeistert auf. Als der brave Sohn sich beschwert, meint der Vater nur: „Mein Sohn war tot und jetzt lebt er wieder“.

In der Bibel steht diese Geschichte vom Vater mit den zwei Söhnen. Und dort heißt es: genauso wird auch Gott zu den Menschen sein. Wenn sie ihr Leben wieder in die richtigen Bahnen lenken wollen, freut er sich darüber. Mehr noch, es wirkt wie ein gigantisches Freudenfeuerwerk im Himmel.

Fast unglaublich ist das, was da passiert. Großen Mist gebaut, und dann ein Happy End mit ner riesigen Party. So was gibt’s in unserm Alltag nicht. Normalerweise folgt auf einen Fehler erstmal das Buße-Tun und dann das Wiedergutmachen. Und das ist dann kein schönes Gefühl. Zum Beispiel, wenn ich zum Chef zitiert werde und schon weiß, was für ein Donnerwetter mir bevorsteht. Ich muss dann Abbitte leisten und mich danach umso mehr bemühen. So ein Fehler darf schließlich nicht wieder vorkommen. Ich darf mir keinen Fehltritt mehr leisten. Ganz schön unangenehm. In der Geschichte vom Vater mit den zwei Söhnen kommt kein Wort davon. Der Vater freut sich über den Sohn, der zurückkommt. Der muss gar nicht erst Buße tun und ganz unten anfangen. So ist das bei Gott. Gott will uns nicht bestrafen. Wir können zu ihm zurückkommen, wenn wir gemerkt haben, dass wir auf dem falschen Weg waren. Er empfängt uns mit offenen Armen.  

Im Umgang mit meinem Chef hilft mir das nicht direkt. Aber die Gewissheit, dass Gott mich immer mit offenen Armen empfängt und ich von ihm nicht bestraft werde, die macht was mit mir. Macht mich lockerer mit eigenen Fehlern und weniger kleinlich mit Fehlern von anderen. Die Entschuldigung annehmen und nicht auf Wiedergutmachung bestehen. Und statt immer nur auf Fehlern rumreiten vielleicht einfach mal ein Fest feiern.  

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