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SWR2 Wort zum Tag

Drei weiße Gladiolen in der einen Hand und eine weiße Kerze in der anderen. So stehe ich am Soldatenfriedhof in Halbe bei Berlin. Die Adresse habe ich im Internet gefunden auf der Seite des deutschen Volksbundes.  Dort hab ich auch den Namen meines Großonkels gefunden: Emil Pfundner, Obergefreiter. Er war der jüngste Bruder meiner Großmutter. Sie hat mir oft von ihm erzählt. Mit 20 ist er in den Krieg gezogen und nie mehr heimgekommen. Was von ihm geblieben ist, sind schwarzweiß Fotos. An eines kann ich mich noch gut erinnern. Emil liegt in einem Lazarettbett. Mit gebrochenem Arm und verbundenem Fuß lächelt er in die Kamera. Das ist das letzte Bild von ihm. In diesem Lazarett ist er wohl kurz vor Kriegsende verstorben. Genaueres weiß man nicht. Auch nicht, wo er begraben worden ist. Und nun stehe ich an diesem Friedhof, auf dem 20.000 Soldaten des 2. Weltkriegs begraben liegen. Das ist Emils letzte Ruhestätte. Es liegt so eine Stille über diesem Ort. Ein schön gepflegter Rasen, viele Bäume und viele Gräber. Viel zu viele. Die schwarzen Mamorplatten liegen Seite an Seite. Ich gehe sie alle ab, Schritt für Schritt.  Bis ich bei Reihe 30 bin. Da finde ich den Namen meines Großonkels, neben fünf weiteren. Alle sind Ende April 1945  in dem Lazarett bei Halbe verstorben und ruhen nun gemeinsam in diesem Grab. Ich kann nicht anders, ein letzter Gruß von meiner Oma, rutscht mir von den Lippen. „Sie hat dich ihr Leben lang vermisst, Emil.“ Tränen rollen über mein Gesicht. Ich stelle die Blumen ab, zünde die Kerze an und ich bete.

Erst jetzt fällt mir auf, dass oberhalb der Grabplatte eine weiße Birke steht. Meine Oma hat Birken geliebt. Diese ist besonders schön. Ihre  langen Äste reichen weit in den Himmel hinein. Mein Blick geht nach oben. Der Himmel ist so blau und die Sonne wärmt mein Gesicht.

An diesem Grab spüre ich, wie wichtig es ist, einen ganz bestimmten Ort zu haben, um zu trauern und sich verabschieden zu können. Wie dieses Grab mit dem Namen meines Großonkels drauf. Ich denke an alle, die bis heute nach ihren lieben Verstorbenen aus den beiden Weltkriegen suchen, die um sie trauern und sie vermissen. Ich gehe noch eine Weile über den Friedhof. Ganz oben gibt es eine Kapelle und daneben steht eine Figur, die heißt: die Trauernde. Sie hat eine Glocke dran, die die Besucher des Friedhofs anschlagen können. Zur Erinnerung an die vielen sinnlos verstorbenen Weltkriegsopfer. Das mache ich dann auch. Die 3 Schläge hallen immer noch in meinen Ohren nach, für den Frieden, für den Frieden, für den Frieden. Heute vor 70 Jahren ist in Europa der 2. Weltkrieg zu Ende gegangen.

www.weltkriegsopfer.de

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SWR2 Wort zum Tag

Beim Eheseminar vor drei Jahren mussten mein Mann und ich folgende Übung machen. Jeder hat auf einem Blatt Papier geschrieben, was er oder sie am anderen besonders mag, was wir aneinander lieben. Ich weiß noch, dass mir viel eingefallen ist und der Zettel ziemlich voll war. Und dann mussten wir uns das gegenseitig vorlesen, und einander die schönen Dinge laut sagen. Das war gar nicht so einfache Übung. Aber es hat gut getan. Ich möchte das jetzt hier im Radio nicht wiederholen, denn die Komplimente waren ja für meinen Mann bestimmt. Aber eine Sache gibt es, die ich gerne weitersagen möchte:

„Was ich an dir besonders mag? Deinen Humor! Dass du es immer wieder schaffst, mich zum Lachen zu bringen oder wenigsten zum Lächeln.

Dass du mir so das Schwere nimmst, das mich im Alltag manchmal ganz unvermutet trifft. Wenn du es dann mit deinem Wortwitz schaffst, mich zum Aufschauen und zum Lächeln zu bringen, dann sehe ich die Situation in einem anderen Licht: Es wird leichter. Und manchmal kann ich einfach nicht anders: Ich muss richtig lachen. Und das tut so gut. Dann wird das Dunkle wieder etwas heller. Und das, was schwer ist, ein wenig leichter. Das heißt nicht, dass wir einander auslachen, wenn wir miteinander fröhlich sind. Aber so ein wenig Schmunzeln über sich selbst tut einfach gut. Es ist wichtig, über sich lachen zu können. Das tut auch unsere Beziehung gut. Dann nehme ich manches nicht mehr so wichtig und ernst und wir können wieder gemeinsam nach vorne schauen.“

Inzwischen weiß ich: Wenn ich lache, dann tut das meinem ganzen Körper und meiner Seele gut. Ich entspanne von Kopf bis Fuß. Dafür möchte ich meinem Mann heute Danke sagen. „Dass du es weißt: Das tut mir gut. Du tust mir gut. Das liebe ich an dir.“

So ein Dankeswort passt am Valentinstag natürlich gut. Und weil mein Mann und ich das im Alltag manchmal vergessen, einander Danke zu sagen oder an diese Übung zu denken, gehen wir am Valentinstag gerne in einen Segensgottesdienst für Liebende.

Weil wir nicht nur an unsere traute Zweisamkeit denken wollen, sondern auch an andere denken. Vielleicht gerade an die, die in ihrer Beziehung vielleicht nicht mehr so viel zu lachen haben. Wir beten für alle, die in einer unglücklichen Beziehung stecken oder in einer Beziehung, in der der Humor fehlt. Wir bitten aber auch für die, die um einen lieben Menschen trauern. Wir denken an die, die sich allein gelassen fühlen, die einsam sind und sich nach einer erfüllenden Partnerschaft sehnen.

Wir bitten Gott um seinen Segen für unsere Beziehung und für alle Paare, an die wir heute denken. Ja und ich wünsche mir, dass das Miteinander Lachen und Fröhlich sein, auch andere anstecken kann. Daher sage ich gerne nochmals: Danke für deinen guten Humor!

 

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SWR4 Abendgedanken

 Es ist schon spät und bald wird es dunkel. Und wenn es draußen dunkel wird, schaue ich manchmal innerlich den vergangenen Tag nochmals im Rückblick an. So wie heute. Und ich merke, das, was ich denke, es ist eigentlich wie ein Gebet. Ein Gebet zur Nacht. Vielleicht tun Ihnen diese Gedanken jetzt auch gut:  

„Guter Gott
nachts habe ich das Gefühl, dass du mir besonders nahe bist.
Wenn es dunkel um mich herum ist, höre ich intensiver und sehe viel tiefer.
Ich spüre dem nach, was sich den ganzen Tag über in mir angesammelt hat. Manchmal sind es viele Erlebnissen, die mir nachgehen. Manchmal nur eine kurze Begegnung.
Manches wirkt noch lange nach. Wie heute der freundliche Blick eines lieben Menschen. Oder die zarte Berührung so nebenbei. Oder das Dankeschön von einer Freundin. Dafür bin ich dankbar.
Und manches macht die dunkle Nacht um mich herum noch viel dunkler.
Es macht mir Angst, dass mein Leben begrenzt ist. Dass es Krankheiten und Tod gibt und so viel Elend und Sorgen auf der Welt. Dass kann ich oft nicht verstehen, wozu das viele mühen und Lasten tragen gut sein soll. Kannst du mir da eine Antwort geben? Ich ahne schon, du willst es mir überlassen.

Und ich weiß, dass es Antworten gibt, die du mir schon längst in mein Herz gelegt hast. Es sind Antworten, die mir Mut machen und mich trösten. Ob ich sie diese Nacht wieder unter meiner Decke spüren kann? Lieber decke ich mich jetzt gut zu mit guten Erinnerungen. Vielleicht schenkst du mir sogar wieder schöne Träume im Schlaf.

Ach, wie gut ist es zu wissen, dass du mich mit deinen liebenden Händen zudeckst und mir meine Sorgen wie meine Kleider abstreifst und zur Seite legst. 

Ich weiß, dass du meinen Schlaf behütest und meine Sorgen wandeln kannst, so dass sie mir heute Nacht nichts anhaben können. Ich kann mich nun hinlegen, mich fallen lassen und mich geborgen und aufgehoben wissen bei dir. Denn du bist bei mir.

Das macht es mir leichter, manche Sorgen unvollendet beiseite zu legen, denn sie sind aufgehoben bei dir. Heute Abend finde ich sowieso keine Lösung mehr. Vielleicht morgen. Und morgen sieht alles schon wieder ganz anders aus. Ich freue mich schon auf den neuen Tag morgen und bin gespannt, was er bringen wird.

Ich wünsche Ihnen heute eine Gute Nacht. Schlafen Sie gut.“ 

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SWR2 Wort zum Tag

„Versäume nicht dein Leben!“ So heißt der Titel des neuen Buches von Pater Anselm Grün. Der bekannte Benediktiner-Mönch und Buchautor ist vor kurzem 70 Jahre alt geworden. Ich hatte einmal die Gelegenheit, ein Interview mit ihm zu führen. Dabei habe ich ihn gefragt, ob er auch schon mal in seinem Leben das Gefühl hatte, etwas versäumt zu haben. Eine Segeltour rund um die Welt, vielleicht? „Nein“, hat er geantwortet, das Kloster hält ihn lebendig, weil er gerne dort lebt und sich wohl fühlt in der Gemeinschaft. Der Ablauf von Gebet und Arbeit tut ihm gut.  

Was hält mich lebendig, habe ich überlegt? Wie oft habe ich das Gefühl, mein Leben nicht bewusst genug zu leben und viel zu viel zu versäumen.

„Das Leben ist begrenzt“, sagt Pater Anselm. „Ich kann nicht alles erreichen und tun, was andere von mir wollen oder was ich will. Und es werden im Leben nie alle Bedürfnisse erfüllt.“

Aber, Pater Anselm meint auch, das was mir fehlt, kann für mich zum Segen werden, weil daraus etwas Neues wächst. Mir fällt da das Beispiel mit den Türen ein. Manchmal habe ich das Gefühl, eine Tür geht zu. Wenn eine Türe zugeht, dann frage ich nach dem Sinn. Wozu ist das jetzt gut? Ich überlege: „Wie kann ich durch diese Türe hindurch, was muss ich ändern? Oder will ich das überhaupt?“ Das sind dann meine sogenannten  „Tür-Erfahrungen“. Und die sind für mich wichtig. Auch wenn es manchmal weh tut, wenn eine Tür zugeht. Ich bin für jede dieser Türen dankbar. Sie zeigen mir die Richtung an, weil ich durch sie weiß, wo ich nicht hingehen kann. Und wo eine andere Tür offen steht. „Wenn immer alles glatt geht, dann bleibe ich innerlich stehen“, sagt Pater Anselm Grün.

Es ist viel wichtiger im Leben, sich zu entscheiden und nicht stehen zu bleiben, denke ich. Jammern bringt mich da auch nicht weiter. Wenn ich mich für etwas entscheide, dann entscheide ich mich auch gegen etwas.

Leben heißt sich wandeln. Ununterbrochen. Krisen und Brüche helfen mir, immer mehr der Mensch zu werden, der ich heute bin, sagt Pater Anselm.

Und er sagt auch: „Manche versäumen ihr Leben, weil sie sich ständig absichern wollen. Sie lassen sich nicht ein aufs Leben.“ Und Leben heißt für ihn sich hingeben, sich fallen lassen. „Leben geht nur, wenn ich hineinspringe ins Leben – egal, was kommt. Wenn ich Ja sage. Bedingungslos und jetzt in diesem Moment. Das ist ein bisschen wie beim Spielen. Ich gebe meinen Einsatz und weiß nicht, was dabei herauskommt. Nur immer zuschauen wollen, das ist nicht leben“, sagt Pater Anselm Grün.

Ich denke mir, ja ich bin bereit dazu. Ich will mein Leben dankbar annehmen. So wie es jetzt heute ist. Es ist ein Geschenk für mich, mein Leben. Und ich will jeden Tag bewusst sagen: Ja, ich wage es.   

 

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SWR4 Abendgedanken

Es hat mich berührt, als im Radio die Nachricht kam: Udo Jürgens ist tot. Ich hab ihn als Sänger sehr „gemocht“. Nicht nur weil er auch aus Kärnten kommt, so wie ich.

Seine Lieder mag ich gerne. Sie machen mir Mut, sie strotzen nur so von Lebenskraft. Im vergangenen Jahr hat Udo Jürgens zu seinem 80sten Geburtstag seinen letzten Song geschrieben. Dieser Song heißt: „Mitten im Leben“. Er selbst hat in einem Interview bei der Veröffentlichung des Musiktitels gesagt: „Ja, ich weiß, der Titel klingt ein bisschen widersprüchlich. Mitten im Leben und ich steh nun schon am Ende meines Lebens. Aber ich weiß nicht, wann mein Leben vorbei sein wird. Deshalb will ich bis zum Schluss alles geben – mit voller Kraft.“

Und genau so singt er dieses Lied auch. Es heißt da zum Beispiel: „Du bist Optimist, auch wenn alles zerbricht, verlierst du die Hoffnung nicht.“

Das klingt für mich wie eine Lebensweisheit, die Udo Jürgens noch gerne weitergeben wollte: Verlier die Hoffnung nicht.

Bei so einem Lied merke ich wieder, wie gut Musik tun kann. Wie oft höre ich ein Lied und es trifft mich mitten in meinem Leben. Und oft ist es nur ein Satz oder ein Wort, die mich stark berühren tief drinnen, wo es mir genauso geht wie in dem Lied. Und irgendwie hilft mir das dann auch weiter.
Die Lieder von Udo Jürgens mag ich deshalb auch so gerne, weil sie für mich echt und authentisch sind. Er hat immer auch ein Stück von sich und seinem Leben erzählt. Er hat etwas von sich hergegeben und damit auch anderen etwas geschenkt.
Die Bühne, das war sein Leben, das hat er immer wieder betont. Berührt hat mich auch, als er in seiner Biografie schreibt, wie er mit dem Tod seiner Mutter umgegangen ist. Er wusste, dass sie bald sterben wird. Da hat er sie zu sich in die Schweiz eingeladen und mit ihr ein letztes schönes Wochenende verbracht. „Wir beide wussten, dass es das letzte Mal sein wird. Es war trotzdem schön. Ich habe meine Mutter in ein Hotel eingeladen, ich habe sie richtig verwöhnt, wir haben Sekt getrunken und waren einfach zusammen, nur wir beide. Sie hat sich so darüber gefreut. Das werde ich nie vergessen.“ Es imponiert mir, wie er als Mensch mit dem Tod umgegangen ist. Dass er nicht traurig war, dass seine Mutter sterben wird, sondern dass er mit ihr noch bewusst gelebt hat. Udo Jürgens sagte in einem Interview mal von sich, dass er nicht religiös ist, aber ich glaube, er hat viel vom Leben verstanden.

Er schreibt in seinem letzten Lied: „Du spürst, wie deine Stärke wächst, wenn du vertraust. Auch wenn jeder sagt, dass es ausweglos ist, stehst du auf, gerade dann“. Diesen Satz mag ich besonders: Aufstehen fürs Leben. Der Tod von Udo Jürgens hat mich nachdenklich gemacht. Seine Lieder bleiben. Und sie haben eine Botschaft für mich: Das Leben anzupacken – mit voller Kraft. Danke, Udo Jürgens. 

 

 

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SWR4 Abendgedanken

Ich mache jetzt Yoga. Manche schauen dann etwas skeptisch, wenn ich das erzähle. Und fragen erstaunt: Yoga? Hast du deine Religion gewechselt?

Ich sage dann gerne: Ich bete nun - mit meinem Körper. Und das ist mehr als nur körperliche Gymnastik. Yoga ist für mich ganzheitliches Beten mit Leib und Seele. Und ich gebe zu: Das tut meinem Körper und meiner Seele gut.

Zum Beispiel, wenn ich das Vater-unser- Gebet Zeile für Zeile als Yogaübung mache. Dann ist das für mich eine neue Weise zu beten. Und das geht zum Beispiel so: Beim „Vater unser im Himmel“ - strecke ich mich weit nach oben, meine Hände sind leicht gefaltet, aber geöffnet und zeigen in den Himmel.

Ich finde es schön, mich ganz in Richtung Himmel zu strecken. Beim Ein- und Ausatmen spüre ich, wie weit der Himmel sein kann. Wenn der Atem dann  durch meinen Körper fließt, spüre ich auch die Weite meines Körpers. Beim „Geheiligt werde dein Name“ gehe ich kopfüber nach unten, die Hände lasse ich locker fallen. Wenn es geht, berühre ich mit den Händen sogar den Boden oder meine Zehenspitzen.

Ich finde es entspannend, meinen Körper so vornüber sinken zu lassen und mich ganz fallen zu lassen. Auch innerlich entspannt mich das sehr. Ich werde ruhiger, mein Atem wird langsamer. Die Last des Tages werfe ich so hinter mich und lege sie Gott in die Hand.

Ich gebe zu, diese körperlichen Übungen hören sich leichter an, als sie sind. Aber ich übe jeden Tag abends und jedes Mal geht es ein wenig leichter.

Ich strecke mich, ich dehne mich und spüre das Gebet in jeder Faser meines Körpers. Auch wenn es manchmal anstrengend ist, tut es mir gut. Ich fühle mich nach den Übungen erfrischt an Leib und Seele.

Ich spüre, dass mein Körper mich zum Beten einlädt. Wenn ich mich körperlich verhärte und verkrampfe, werde ich steif nicht nur im Nacken oder am Rücken, ich werde auch eng in meinen Gedanken. Ich verschließe mich, ich mache zu. Wenn ich mich lockere, werde ich lebendiger und beweglicher. Ich werde weiter und offen. Das tut mir gut und ich spüre, das tut auch meinem Glauben gut. Ich sehe manchmal tiefer und meine Hoffnung wird weiter. Und was ich noch schön an den Yogaübungen finde: Ich übe neue Gebetshaltungen ein. Und diese Haltungen zeigen mir auch neue Haltungen in meinem Denken und Glauben auf. Ich spüre intensiver, dass ich mich fallen lassen kann, dass ich vertrauen kann und dass ich mich ganz öffnen kann.

Passen Yoga und christlicher Glaube zusammen? Ja, für mich, sehr gut sogar. Yoga hilft mir, meinen Glauben neu zu entdecken.

 

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SWR4 Abendgedanken

Jetzt ist es fertig: Und es hängt bei mir im Büro an der Wand. Mein neues selbstgemaltes Bild. Es ist gelb, rot und weiß.

Davor war das Bild mal ganz weiß und danach war es dann zitronengelb.

Ja, meine Bilder verändern sich, werden übermalt und schauen dann wieder ganz anders aus. Die Bilder leben mit mir mit, würde ich sagen. An dem Bild in meinem Büro male ich schon fast 2 Jahre. Deshalb ist es mir besonders ans Herz gewachsen. Meine Kolleginnen schmunzeln immer schon, wenn sie mich mit dem Bild aus dem Büro und ein paar Tage später damit wieder rein laufen sehen: „Na, bist du noch immer nicht zufrieden mit deinem Bild?“ Ja, sie haben Recht.

Ich war nicht zufrieden. Und wollte immer wieder etwas daran verändern.

Ich spüre dann so eine Unruhe in mir, schaue das Bild und denke mir, da fehlt doch noch etwas. Eine andere Farbe, eine neue Nuance. Ein wenig mehr Kontur. Ein bisschen mehr Pepp. Ich weiß, dieses und auch meine anderen Bilder haben mit meinem Leben zu tun. Sie erzählen meine Geschichte. Und daher braucht so ein Bild, bis es fertig ist auch seine Zeit. Farbschicht für Farbschicht pinsle ich aufeinander. Aber: Nichts wird ganz übermalt, das alte Bild scheint immer ein wenig durch das neue hindurch. Ich will die alten Farben nicht ganz übermalen. Sie sollen auch dazu gehören. Ja, sie bauen aufeinander auf. 

Für mich ist Malen fast wie ein Gebet. Ein Schöpfungsprozess. Ich bin dabei ganz still und höre auf mein Inneres. Ich würde sogar sagen, ich male nicht, es malt ein bisschen aus mir heraus. Ich bin dann ganz tief verbunden mit meinen Gefühlen. Und ja, vielleicht ist das Malen fast schon so was wie ein Gebet für mich. Manchmal ein Danke sagen und manchmal eine Bitte. Ich drücke auf diese Weise auch Stimmungen aus, decke ein Stück meines Lebens auf und bringe es auf die Leinwand. 

Ach ja, das Bild, das jetzt in meinem Büro hängt, es ist jetzt endlich fertig. So wie es ist, gefällt es mir. Für mich sieht es aus wie ein bunter Wald. Andere haben gesagt, es scheint wie eine sprudelnde Quelle zu sein. Jemand hat sogar gemeint, es sieht aus wie der Himmel in gelb, rot und weiß. Egal, wie es aussieht. Ich finde es schön. Jetzt will ich es nicht mehr übermalen. Zumindest nicht in nächster Zeit. 

 

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SWR4 Abendgedanken

Dieses Jahr wäre meine Oma 100 geworden. Sie ist mit 89 Jahren verstorben. Zu Hause im Kreis der Familie. Und im Kreis der Familie wollen wir auch ihren 100. Geburtstag als Erinnerungstag an sie feiern.

Wir wollen uns treffen und Oma feiern, so als ob sie mittendrin und bei uns dabei wäre. Vielleicht werden wir Fotos anschauen, ihren Lieblingskuchen backen und Geschichten über sie austauschen. Wir wollen Oma hochleben lassen, und auf diese Weise Danke sagen, dass sie bei uns war. Oma fehlt mir.

Ja, sie fehlt mir schon. Besonders dann, wenn es etwas zu feiern gibt in der Familie. Bei meiner Hochzeit zum Beispiel habe ich sie sehr vermisst, bei der Taufe unseres Neffen auch, in der Zwischenzeit hätte sie sogar schon einen Urenkel.

Aber sie fehlt mir auch, wenn ich traurig bin und sie zum Reden brauche. Dann stelle ich mir vor, wie sie vor mir steht, mit ihren geflochtenen langen Haaren und ihrer freundlich wippenden Brille auf der Nase. Bestimmt sagt sie dann: „Es wird schon wieder alles gut. Bete nur.“ Das hat sie meistens gesagt wenn ich sie traurig angeschaut habe. Sie hat fest an das Gute geglaubt. In jedem Menschen. Besonders ihr Gott-Vertrauen war stark. Dazu fällt mir die Geschichte mit dem Baum ein. Ich bin als Kind immer mit meiner Oma zum Milchholen gegangen. Damals war das ein weiter Weg zu Fuß  - zweimal in der Woche zum benachbarten Bauernhof. Auf dem Weg dorthin mussten wir einen steilen Anstieg nach oben nehmen Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie wir immer geschnauft haben. Ganz oben auf der Höhe stand ein Baum. Ich glaube, es war ein Apfelbaum. Und an diesem Baum haben wir jedes Mal eine Pause gemacht. „Wir rasten jetzt hier“, hat Oma gesagt. „Nur ein paar Minuten“. Ich fand es nicht immer so toll, ich wollte ja bald weiter und schnell wieder heim. Aber es war nichts zu machen. Oma bestand auf dieser Pause. Sie hat sich an den Baum angelehnt, einmal kräftig durchgeatmet und zufrieden um sich geschaut. Nach zehn Minuten sagte sie dann immer: „In Gottes Namen - gehen wir weiter“. Da war es wieder, ihr starkes Gottvertrauen.

Heute denke ich gerne an diese Pausenzeit mit Oma. Ja, es war eine richtig schöne Zeit mit ihr. Den Apfelbaum gibt es schon lange nicht mehr. Aber ich kann mich noch gut an seinen festen Stamm und seine weiten Äste erinnern. Ein Baum, zum Anlehnen und Ausruhen. Wie meine Oma. Es fallen mir noch viele schöne Momente mit meiner Oma ein. Und all diese Erinnerungen begleiten mich auf meinem Lebensweg. Sie machen mein Leben reich. Ich bin dankbar, so eine Oma gehabt zu haben. Und ich bin gespannt, welche Geschichten uns noch einfallen werden an ihrem 100. Geburtstag. 

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SWR2 Wort zum Tag

Urs Meier, ein ehemaliger Fußball-Schiedsrichter, behauptet: „Wenn ich  keinen Parkplatz finde, dann stelle ich mir einfach vor, dass einer frei wird. Und ich garantiere Ihnen, es wird einer frei.“

Urs Meier ist heute Mentaltrainer und Coach und hilft Menschen dabei, sich zu entscheiden. Und seine Methode heißt: Mentales Training. Also, wer sich bildlich vorstellt, was er sich wünscht, der bekommt das dann auch. Das behauptet zumindest der Mentaltrainer.

Dass das so einfach ist, glaube ich nicht. Es wird doch kein Parkplatz frei, nur weil ich mir das jetzt wünsche. Und schon gar nicht auf Knopfdruck. Und wer das Parkplatzchaos morgens kennt, weiß, was ich meine. 

Ich verstehe mentales Training so: Ich kann durch innere Vorstellungen oder geistige Übungen lernen, mich auf Situationen besser vorzubereiten. Zum Beispiel bei der Parkplatzsuche. Ich stelle mich darauf ein, dass es morgens länger dauern wird und auch chaotisch sein kann. Ich versuche nicht ungeduldig zu werden, schon gar nicht, wenn andere drängeln oder mich unhöflich anhupen. Ich suche weiter. Denn wenn ich noch zwei oder drei Extrakurven drehe, dann wird vielleicht ein besonders guter Parkplatz frei.  Oder ich treffe im dritten Oberdeck im Parkhaus einen Bekannten, und ich freu mich drüber.

Und dann denke ich mir: Es gibt Umwege, die durchaus Sinn machen. Aber um das zu erkennen, brauche ich auch viel Geduld. Und die übe ich täglich, indem ich mir vorsage:

Nein, ich rase heute nicht über die Kreuzung, ich gönne mir diese kurze Pause an der Ampel im Auto, auch wenn ich schon viel zu spät dran bin. Ich bleibe ruhig und höflich, wenn sich in der Warteschlange andere vordrängeln. So übe ich innerlich gelassen zu bleiben. Und im Alltag gibt es wirklich viele Situationen, in denen ich genau das brauche: Geduld.  

Bei der Parkplatzsuche habe ich jetzt einen neuen Plan:  Ich lasse die anderen vor – und zwar ganz bewusst und mit einem Lächeln. Schön, wenn dann auch ein Lächeln durch das Autofenster zurückkommt. Keine Hektik, keine Ellbogen mehr, jetzt haben die anderen Vorrang. Denn es macht mich froh, wenn ich anderen eine Freude machen kann. Und damit meine ich nicht, dass ich ständig nachgeben soll oder mich nicht durchsetzen kann. Für mich hat das mit innerer Stärke und mit Entschiedenheit zu tun und mit Nächstenliebe, wenn ich anderen ihren Platz gönne. Und das von Herzen.

Urs Meier empfiehlt als Coach sogar: Denken Sie positiv. Verbreiten Sie eine gute Stimmung um sich herum, loben Sie andere und Ihre Entscheidungen, Sie werden so leichter Ihre eigenen finden. Und manche Probleme lösen sich so ganz von alleine. Schritt für Schritt. Das ist wirklich einfach. Wo ist der nächste Parkplatz?

 

Urs Meier: Du bist die Entscheidung. Schnell und entschlossen handeln. Frankfurt 2008.

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SWR2 Wort zum Tag

Früher habe ich es mir nicht vorstellen können, dass ich mal länger als drei Tage krank sein werde. Und jetzt hat es vier Wochen gedauert, bis ich wieder so halbwegs auf den Beinen war. Absolute Bettruhe hat mir meine Ärztin verordnet. Liegen, liegen, liegen.

Im Nachhinein hat es mir gut getan, mich auszuruhen. Aber mittendrin, war es nicht sehr angenehm. Im Bett habe ich oft an den Spruch gedacht: Der Gesunde hat tausend Wünsche, der Kranke nur einen: Nämlich gesund zu werden.

Ich habe gemerkt, wie zerbrechlich das Leben sein kann. Und ich habe mir Sorgen um meine Gesundheit gemacht. Und dann diese Zweifel: Warum hat es soweit kommen müssen? Hätte ich doch mehr auf meinen Körper aufgepasst. Vielleicht hätte ich mehr Ruhe gebraucht.

Und genau in diesen verzweifelten Momenten habe ich auch gespürt: Wie wertvoll mein Leben ist und dass ich gesund werden will. Und mir ist klar geworden, was mein Leben so lebenswert macht. Für mich sind das  meine Familie, Freundinnen und Freunde, Bekannte und liebe Arbeitskollegen.

Ich habe mich so gefreut, wenn jemand zu mir gekommen ist und mich besucht hat oder mir eine nette SMS geschickt. Ich habe sogar eine Postkarte und einen Brief bekommen. Es hat gut getan, wenn mich jemand umarmt hat. Mein Mann hat mir einfach die Hand gehalten. Ich habe gespürt, dass ich geliebt bin und das hat mir Mut gemacht. Es ist schön, wenn Menschen für mich da sind und ich weiß, dass ich nicht alleine bin.

Es tut auch gut zu wissen,  dass ich angenommen bin, so wie ich bin, auch wenn es mir nicht gut geht. Ich brauche andere Menschen dazu, um das zu spüren. Und dafür bin ich dankbar. Ich weiß, dass nicht jeder so viel Zuspruch erfährt. Und deshalb wünsche ich mir, dass sich jeder auch in schweren Zeiten getröstet weiß.

Was mir dabei auch geholfen hat? Besondere Worte aus der Bibel. Der Psalm 23 zum Beispiel hat mir richtig gut getan: Ich kann ihn fast auswendig. Es heißt da: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen […] Denn du bist bei mir. Dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht.“ (Psalm 23, 1.4)

Es ist  gut zu wissen, dass es auch anderen Menschen geht wie mir. So wie dem Psalmbeter. Er bittet Gott um Hilfe und vertraut darauf, dass alles gut wird.

Auch wenn Gottes Pläne für uns Menschen nicht immer leicht zu verstehen sind, wenn sie manchmal sogar ganz anders sind, als wir es uns wünschen. Ich glaube fest daran, dass ich dahinter einen Sinn entdecken kann. Ich weiß jetzt: Das Leben ist ein Geschenk. Ein ziemlich kostbares noch dazu. Auf dieses Geschenk will ich jetzt besonders aufpassen. Und ich wünsche mir, dass mir das immer mehr gelingt. Denn es lohnt sich zu leben.

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