SWR4 Abendgedanken BW

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Geduld ist das Schwerste und das Einzige,
was zu lernen sich lohnt.
Alle Natur, alles Wachstum, aller Friede,
alles Gedeihen und Schöne in der Welt beruht auf Geduld,
braucht Zeit, braucht Stille, braucht Vertrauen.

Hermann Hesse hat diese Worte formuliert. Sie berühren mich, denn „Geduld haben“ ist für mich nicht immer so leicht. Manchmal fällt es mir richtig schwer mich auf eine Sache zu konzentrieren. „Schnell, schnell fertig werden“, sag ich mir, „nur nicht stehen bleiben“. Am liebsten würde ich vier Dinge gleichzeitig tun. Und wenn es nicht schnell genug geht, dann werde ich ungeduldig und zwar ziemlich.
Hermann Hesse ist hoffnungsvoll: Zwar gehört die Geduld zu den Eigenschaften eines Menschen, die am schwersten zu lernen wären. Aber wir können uns zum Beispiel von der Natur um uns herum etwas abschauen, gerade jetzt zum Frühlingsbeginn, wo alles wächst und gedeiht. Wir sehen, dass jede Pflanze sich die Zeit zum Reifen nimmt, die sie braucht. Alles Schöne braucht Zeit zum Erblühen. Das ist auch bei uns Menschen so. Gerade, wenn in uns etwas aufbricht oder etwas Neues entsteht, dann brauchen wir eine bestimmte Zeit dafür, um es entstehen zu lassen. Ohne zu hetzen und ohne Eile. Es ist schon eine tiefe Weisheit in diesen Sätzen, die Hermann Hesse schreibt, „alles Gedeihen und Schöne in der Welt beruht auf Geduld“, denn es braucht seine Zeit, bis die Samen, die wir in die Erde setzen, Frucht bringen. Aber es lohnt sich darauf zu warten und mit Vertrauen auf das zu schauen, was daraus wird. Ich bewundere Menschen, die die richtige Portion Geduld in sich tragen, die warten können. Sie strahlen so einen inneren Frieden aus. Ich denke mir oft, in dieser innerlichen Ruhe liegt die Kraft, die ich brauche. Vielleicht fängt die Geduld bei der Dankbarkeit an. Und dann kommt das Vertrauen dazu, dass ich nicht alles alleine schaffen muss. Dass ich manche Dinge auch abgeben kann. Ich habe ein Gebet entdeckt, das dieses Vertrauen ausdrückt:

Herr und Gott,
du hast mehr Geduld als ich.
Du hast mehr Zeit.
Wenn ich mich dir überlasse, habe auch ich Zeit.
Du forderst nicht alles auf einmal.
Während ich nicht mehr will,
nicht mehr kann oder nicht weiterweiß,
wirfst du den Samen aufs Land,
bis er in mir Wurzel schlägt und wächst
und aus meinem Leben Frucht reift: Deine Frucht.




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