Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Kevin ist ein autistischer Junge, ein total auf sich selbst bezogenes Kind, mit niemand tritt er in Kontakt. Nur Nora schafft es, ihn aus sich herauszulocken. Nora ist ein Collie, ausgebildet als Therapiehund. Immer wieder geht sie auch mit ihrer Besitzerin ins Hospiz, manchen sterbenden Menschen tut ihre Nähe gut.
Mensch und Tier - nicht nur in diesen besonderen Situationen sind sie sich nahe. Forscher haben herausgefunden, dass zum Beispiel das Erbgut von Menschen und Schimpansen zu fast 99% übereinstimmt.
Auf jeden Fall tragen wir Menschen in uns die Entwicklungsgeschichte von Millionen von Jahren. Wir sind nicht denkbar ohne die Lebewesen vor uns, die eben auch in uns sind. Gleichzeitig sind wir mehr als die Ansammlung von dem, was vor uns war. Biologen sprechen davon, daß Mutationen, zufällige Veränderungen im Erbgut uns zu dem gemacht haben, was wir sind:
Nach den biblischen Texten ist es hingegen kein Zufall, daß Menschen sich entwickelt haben. „Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen, nach unserm Abbild, uns ähnlich!" (Genesis 1,26) So steht es in den biblischen Geschichten von der Erschaffung der Welt. Da sind wir Menschen eine eigene Stufe des Lebens, noch dazu ein Bild von Gott. Und gleichzeitig eng verwandt mit den Tieren, verwandt also und doch verschieden.
So haben dann auch viele Menschen ein enges Verhältnis zu Hund, Katze, Pferd oder Vogel. Nicht nur, weil sie wie Collie Nora hilfreiche Therapeuten sind, sondern vor allem als Spielkameraden oder Gefährten. Zwar finde ich nicht, dass Tiere die besseren Menschen sind, aber so mancher Hund und manche Katze ersetzt einen Menschen. Wenn sie sich auf den Schoß legt und schnurrt, wenn er seine Besitzer bei jedem Wetter nach draußen zieht. Tiere lindern Einsamkeit, sie locken, bringen in Bewegung.
Vielleicht staunen wir ja auch einmal alle, wenn sich erweisen sollte, daß Martin Luther recht hat, der sagt: „Ich glaube, daß auch die Hündlein in den Himmel kommen und jede Kreatur eine unsterbliche Seele hat."[1]

 

[1] zit. in: Heike Baranzke, Sentimentale Mode? Der Tierschutz und seine ethischen Begründungen. In Herder-Korrespondenz 12/2002, 645

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8350
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