SWR4 Abendgedanken BW

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Wer nimmt mich in meinem Tun eigentlich wahr, wo kriege ich Anerkennung für das, was ich bin und tue? Und wie gehe ich selbst mit mir um, gönne ich mir selber die Anerkennung für mein Tun - und das Sein-lassen?
Ein scheußlich hektischer Tag liegt hinter einem: Die Aufgaben wuchsen ihm fast über den Kopf, er sollte zwei Dinge gleichzeitig tun oder möglichst schon ... gestern erledigt haben. Dazu klingelte scheinbar ununterbrochen das Telefon. "Bestimmt vergesse ich was Wichtiges und bestimmt auch mich!", schießt ihm durch den Kopf.
Oder, anderes Beispiel, es waren heute wieder die ewig gleichen Handgriffe: Die Teile aus einer Box sind verarbeitet und die fertigen Produkte sitzen - Ergebnis ihrer Arbeit - schön aufgeschichtet auf der Palette. Aber bevor sie auch nur die Hände mit einem befreiten Seufzen in den Schoß legen kann, rollt schon die nächste mit neuen Teilen gefüllte Box an ihren Arbeitsplatz.
Oder - noch ein Beispiel - Grade war ein ganzer Berg Wäsche gewaschen, zum Trocknen aufgehängt und gebügelt; doch bevor sie sich recht am Duft frischgebügelter Wäsche und ihrer schön gestapelten Ordnung freuen kann, geht die Alltagsroutine wieder von vorne los. ...
Und ich selber? Ein Freund fragt mich, wie mir's denn ginge. Ich antworte, dass ich oft gar nicht mehr richtig zu mir käme vor lauter Arbeit. Und heimlich bin ich fast ein bisschen stolz darauf, so "wichtig" zu sein. Er meint dann, seine Arbeit ließe ihm eigentlich ziemlich viel Zeit für sich. Das macht mich ein wenig neidisch und zugleich denke ich, dass er seine Pflichten wohl doch etwas zu lässig nimmt. ...
Weil ich ständig darauf angewiesen bin, dass andere mich für meine Leistung anerkennen, deshalb komme ich nicht raus aus dem Stress. Dabei ginge es auch anders.
Ein Psalmwort hat mich drauf gebracht: (Ps 127, V2) Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt´s der Herr im Schlaf.
Ich müsste mir also meine Anerkennung, meine Daseinsberechtigung nicht verdienen wie meinen Lebensunterhalt? Ohne mein Zutun - eben 'im Schlaf' - bin ich wer, ja und nicht irgendwer, sondern Gottes 'Freund'.
Natürlich meint dieses Wort nicht, dass sich meine Arbeit über Nacht wie von selbst erledigt. Aber Unerledigtes kann dann eben auch einmal liegen bleiben, bevor ich selbst 'erledigt' bin. Und ich wäre den Zwang los, mich vor anderen dauernd mit meiner Leistung darzustellen. Mein Hunger nach Anerkennung wäre schon gestillt: Bei Gott gelte ich als 'Freund' ...
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