SWR2 Wort zum Tag

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Ihr seid das Salz der Erde, das sagt Jesus seinen Zuhörern in der Bergpredigt des Matthäusevangeliums. Und weiter sagt er: „Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeworfen und von den Leuten zertreten.“ Wer sich heute an Jesus orientiert, darf also nicht „geschmacklos“ werden, oder? Wenn ich diese Bibelstelle höre, höre ich sie zunächst als Mahnung. Und ich glaube auch, dass ich als Christ darauf achten muss, nicht den christlichen Geschmack zu verlieren, die Würze. Aber ich überlese dabei zu schnell den Anfangssatz: „Ihr seid das Salz der Erde.“ Wenn ich dieses starke Bild erst mal auf mich wirken lasse, dann geht es gar nicht darum, dass ich für mich ein guter Christ bleibe. Dann geht es vor allem darum, dass ich nach außen wirke, dass ich unter meinen Mitmenschen, in der Gesellschaft, auf der Erde wie Salz wirke. Nicht für mich selber oder für meine Gemeinde bin ich Christ. Mit meinem Handeln und Leben soll ich das Leben anderer würzen.
Je mehr ich mir dieses Bild, um im Bild zu bleiben, auf der Zunge zergehen lasse, umso mehr gefällt es mir. Salz kann man ja ganz unterschiedlich dosieren, ohne Dinge gleich ungenießbar zu machen. Manchmal darf etwas kräftig gesalzen sein und man darf es ordentlich herausschmecken, wenn ich kritisch Position beziehe, vielleicht sogar jemanden zurechtweise. Manchmal reicht aber auch eine Prise Salz, damit eine Speise gut schmeckt; wenn ich etwas ganz gewöhnliches tue, bei dem man vielleicht gar nicht merkt, dass ich das als Christ tue, wenn ich beispielsweise einem Menschen eine Freude mache, jemanden besuche. Das Bild vom Salz der Erde entlastet mich, einerseits jedenfalls. Wenn ich als Christ für Jesus Salz der Erde sein will, dann muss ich nur einen kleinen Teil beitragen, die anderen Zutaten kommen von wo anders her: Menschen, die auf schwierige Situationen aufmerksam machen, andere, die sich für bessere Lebensbedingungen engagieren, wieder andere, die ein gutes Miteinander anstreben. Selbst wenn ich der einzige Christ unter ihnen sein sollte, kann ich mit ihnen zusammen Gutes bewirken und Jesu Auftrag gerecht werden.
Andererseits aber steckt in dem Bild eine starke Aufforderung: ich muss Salz der Erde sein. Wenn ich mich nicht einbringe, dann werde ich schal und unnütz. Wenn mein Christsein keine Folgen hat in der Welt, dann wird es nutzlos.
Und es bringt gar nichts, wenn ich abwarte, bis ich fester im Glauben stehe oder mehr über Bibel und Kirche weiß. Jesus hat seinen Zuhörern nicht gesagt: Wenn ihr mir fertig zugehört habt, dann sollt ihr in der Welt möglichst wie Salz wirken. Er hat gesagt: Ihr seid das Salz der Erde.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6954
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