Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Von Gott soll man kein Bild machen glauben die Muslime. Und auch nicht von dem, was er geschaffen hat, von Menschen, Tieren und Pflanzen. Denn spiegelt sich Gott nicht in seiner Schöpfung? Deshalb gibt es z.B. in den Moscheen nur die wunderbar kunstvollen Schriftzeichen und Muster.
In der Bibel der Christen gibt es auch dieses Gebot: „Du sollst dir kein Bild von Gott machen“ – und in der Regel wird auch das eingehalten. Manche Künstler allerdings haben sich darüber hinweg gesetzt. Michelangelo zum Beispiel. Der hat im Vatikan in Rom in der sixtinischen Kapelle ein Bild von der Schöpfung des Menschen gemalt. Auf dem Bild ist Gott zu sehen, so, wie Michelangelo ihn sich vorgestellt hat: ein kraftvoller, lebendiger alter Mann, mit blitzenden Augen und wehendem weißem Haar. Seither stellen sich viele Gott so vor: einen alten Mann mit Bart und funkelnden Augen. Und manche sagen: das kann es doch gar nicht geben, so einen Gott. Wenn man ein Bild hat von Gott, dann braucht man nicht mehr viel über ihn nachzudenken. Dann ist er irgendwie erledigt.
Ich finde, dieses Beispiel zeigt, warum es gut ist, dass wir uns kein Bild von Gott machen. Aber ich finde, man müsste das Gebot eigentlich noch genauer nehmen. Man sollte nicht nur kein Bild von Gott malen oder in Holz schnitzen oder in Stein hauen. Man sollte auch nicht mit Worten und Sätzen sagen: so ist Gott! Wir machen das aber: allmächtig, sagen wir. Dann fragt einer: aber warum lässt er dann so viel Unglück zu? Vater, sagt ein anderer. Da sagen manche: wenn Gott wie ein Vater ist, dann kann ich nicht an ihn glauben. Mein Vater hat mich geschlagen. Und wieder andere sagen: Gott ist ohnmächtig. Schaut euch doch Jesus an, da könnt ihr es sehen. Was soll ich mit so einem ohnmächtigen Gott anfangen?
Auch wenn man mit Worten von Gott redet, macht man ein Bild von ihm. Soll man also gar nicht von Gott reden und von dem, was man glaubt? Damit es keine Missverständnisse gibt?
Jesus hat Geschichten erzählt. Geschichten, in denen sich gezeigt hat, wie Gott ist. Geschichten, in denen er beschrieben hat, wie Menschen Gott erleben können. Er ist wie ein Vater, hat er gesagt, der seinem Sohn einen neuen Anfang möglich macht, als der alles vergeigt hat. Er ist wie ein Hirte, der das Schaf sucht, das den Anschluss verloren hat. Er ist wie ein Unternehmer, der dafür sorgt, dass alle Arbeit haben und einen Lohn, von dem sie leben können.
Solche Geschichten zeigen, wie man Gott erleben kann. Sie bringen das Denken über Gott in Bewegung, finde ich. Und wenn man über sie nachdenkt oder mit anderen darüber redet, dann kommt was in Bewegung. Probieren sie es mal aus!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6301
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