Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Mama, wie fängt Krieg an?“ hat meine Tochter kürzlich gefragt.
Ehrlich gesagt, hat sie mich damit ganz schön in Verlegenheit gebracht.
Was soll ich einem vierjährigen Mädchen erzählen? Von Politikern und ihren Entscheidungen, von Machtgier und Profitstreben? Von Soldaten die gehorchen müssen und dann gegen andere kämpfen?

Wir haben dann zusammen überlegt, dass Krieg mit „kriegen“ zu tun haben könnte: nämlich nicht genug kriegen und immer mehr haben wollen.
Und plötzlich war das Thema Krieg ganz nah bei uns selber.
Sozusagen als Klein-Krieg:
Das fängt schon mit den anderen Kindern im Sandkasten an, wenn die Schaufeln knapp sind. Und es geht weiter mit den Nachbarn, die bis an den Zaun bauen; oder mit dem Bruder, der das Erbe nicht auszahlt.
Da kommt es leicht zum Streit.
Kinder schlagen dann mal schnell zu und regeln die Sache so. Wir Erwachsenen haben andere Wege. Aber auch
da spielt Gewalt mit. Das merkt man ja an der ungeheuren Wut, die man auf den anderen haben kann. Weil man sich so ungerecht behandelt fühlt.
Da wieder raus zu kommen und den Klein-Krieg zu beenden, ist gar nicht so leicht.

Jesus hat dazu einmal gesagt: „Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dann halte ihm auch die linke hin.“ (Mt 5,39)
Schön blöd, denken Sie vielleicht. Dann schlägt der andere doch noch mal zu.
Wenn ich den Nachbarn zugestehe, dass sie bis an den Zaun bauen, dann pflanzen sie bald die Bäume auf die Grenze. Und wenn ich dem Bruder das Erbe lasse, dann freut er sich doch nur, und will wohlmöglich noch mehr
von mir.

Jesus stellt sich das anders vor. Wer dem anderen genau das gibt, was der will, der verblüfft ihn erst mal. Damit
hat der schließlich nicht gerechnet.
Und das ist die Chance des Friedens. Jetzt können sich die beiden Streithähne unterhalten. Können darüber reden, dass ja nur ein kleines Stück in Richtung Zaun gebaut werden soll und dass es klar ist, dass da dann nicht noch Bäume wachsen. Oder der Bruder kann sagen, dass er echt in Geldnot ist und das Erbe gerade nicht zahlen kann, beim besten Willen nicht.
Und plötzlich wird aus dem „nicht genug kriegen“ ein „geben“ und „nehmen“, so dass beide zufrieden sein können.
Im Sandkasten zeigt es sich am schnellsten. Wenn die Schaufeln geteilt werden, reden die Kinder viel mehr miteinander und vielleicht bauen sie sogar eine gemeinsame Burg.

Heute, am Antikriegstag wünsche ich mir, dass auch wir Erwachsenen solche Sandkastenerfahrungen machen:
nicht immer mehr kriegen, sondern mal geben, was andere brauchen. Das macht nämlich zufrieden und bringt Frieden. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4329
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