SWR3 Gedanken

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03MAI2024
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„Wir haben eine Urne gewählt. Ist ja sehr viel billiger.“ „Ja“, fügt seine Frau hinzu, „die kommt in eine Stele, dann brauchen wir uns auch nicht ums Grab kümmern.“ Die beiden sitzen vor mir, damit wir, ich, die Pfarrerin, er, der Sohn plus seine Frau, die Beerdigung der Mutter organisieren. Die Mutter hatte sich eine evangelische Beerdigung gewünscht. „Und wir brauchen keine Musik“, sagt der Sohn. Ich frage: „Auch keine abgespielte?“ „Nein, sowas brauchen wir nicht“, er beugt sich vor: „Und bitte alles kurz halten, ja!“

„Die Bestattungskultur ist immer ein Spiegelbild der jeweiligen Gesellschaft“ – das habe ich in meiner Ausbildung zur Pfarrerin gelernt. Und ich habe den Eindruck, das stimmt. Der Wunsch wird immer häufiger, die Beerdigung soll möglichst billig sein, mit möglichst wenig Leuten, Hauptsache keine aufwendige Grabpflege.

Was sagt das über uns, über unsere Gesellschaft aus? Ich habe den Eindruck, Menschen tun sich immer schwerer damit, Sterben, Trauer und Tod Platz im Leben einzuräumen. Weil das unbequem ist – und auch dazu herausfordert, sich mit manchen tieferen Fragen zu beschäftigen?    

Da wo Menschen es wagen, sich ein wenig mit diesen Themen auseinandersetzen, wird es schnell bewegend:

Wenn ich als Pfarrerin Kinder und vor allen Dingen Enkel und Urenkel bitte, mir ein, zwei Sätze zu schreiben über verstorbene Opas und Omas: eine Erinnerung, ein Dank, letzte Worte… dann erlebe ich so viel! Wenn ich diese Worte dann auf der Beerdigung vorlese, kommen mir manchmal selbst die Tränen.

Ich glaube es lohnt sich, dem Tod wieder mehr Raum im Leben zu geben: Zeit und Erinnerungen, Musik und Tränen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39786
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