Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

12APR2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Und ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag. Vielleicht haben Sie heute viel vor. Und vielleicht auch schon Pläne für heute Abend – oder sogar heute Nacht. Ich selbst verziehe mich nach Feierabend aufs Sofa. Aber manchmal, da hat der Tag auch einfach nicht genug Stunden. Und es gibt Leute, die können gar nicht genug unternehmen und sind von früh bis spät auf Achse.

Je älter ich werde merke ich, dass es kein Fehler ist, nach einem langen Tag ein bisschen früher ins Bett zu gehen, um mich richtig zu erholen. Der Start in den kommenden Tag fällt dann viel leichter – und deshalb nehme ich mir das auch immer wieder vor. Allerdings klappt das fast nie. Abends überkommt mich nämlich doch wieder das Gefühl, ich könnte irgendetwas verpassen. Oder ich habe tagsüber etwas vor mir hergeschoben, dass ich abends dann noch erledigen muss. Wäre es nicht doch besser, noch eine Weile am Schreibtisch zu sitzen und eine Aufgabe abzuschließen? Schon heute Morgen fürchte ich, dass mir das wieder passieren wird – und ich abends wieder da sitzen werde – vor dem Computer oder vor dem Fernseher – und es später und später wird und der Mond scheint zum Fenster herein.

Der Mond erinnert mich dann hoffentlich an eins meiner Lieblingslieder: Das berühmte Abendlied von Matthias Claudius: Der Mond ist aufgegangen. Da heißt es in einer Strophe:

„Wie ist die Welt so stille und in der Dämm‘rung Hülle so traulich und so hold / als eine Stille Kammer, wo ihr des Tages Jammer verschlafen und vergessen sollt.“

Matthias Claudius vergleicht die Nacht und ihre Dunkelheit mit einer stillen Kammer, einem ruhigen Zimmer. Da drinnen ist es ruhig und friedlich. Ich bin in Sicherheit und darf ganz beruhigt einschlafen. Und den ganzen Trubel der vergangenen Woche, alles, was liegen geblieben ist, das darf ich einfach einmal verschlafen und vergessen. Ich darf mich erholen.

Das sind doch eigentlich schöne Aussichten – auch jetzt schon frühmorgens, wenn der Tag noch jung ist. Er könnte wieder ziemlich voll werden. Und hoffentlich auch spannend und erfolgreich. Meine Arbeit ist mir wichtig und abends will ich auch noch etwas erleben. Aber irgendwann darf dann auch Schluss sein, auch wenn noch nicht alles erledigt ist und nicht alles erlebt habe, was die Nacht zu bieten hat. Die Nacht ist eben auch zum Schlafen da, und die Dunkelheit hüllt mich ein wie eine ruhige und sichere Kammer. Hier kann ich mich beruhigt erholen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39682
weiterlesen...