SWR2 Wort zum Tag

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26MRZ2024
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Was ist derzeit das Problem Nummer eins, was der schlimmste der vielen Brennpunkte in der Welt und auch im eigenen Leben? Wenn ich auf diese Gretchenfrage antworten müsste, würde ich sagen: Hass und Gewalt. Natürlich die Kriege im Großen und Kleinen, in Handel und Wandel. Aber ganz konkret: Gewalt zwischen den Geschlechtern und Generationen, Gewalt gegen Kinder und gegen Alte, Gewalt und Vergewaltigung der Mutter Erde, der Tiere, der Kreatur – und so oft diese Feindbilder. Wie schnell man sich abstempelt und fertigmacht, diese Ungeduld miteinander und Rechthaberei.  Ich will auf keinen Fall dramatisieren und schwarzmalen. Aber Gewalt ist das Schattenthema im Fortschritt seit Kain und Abel: zwar geht vieles glücklich voran, aber verbessert werden eben leider auch Foltermethoden, Aufrüstung und Kriegführung, und immer wieder ist es die Angst, zu kurz zu kommen, und deshalb das egoistische Verhalten. Nimmt womöglich der Gewaltpegel im Alltag sogar zu, die Reizbarkeit, der Neid und das Ausnützen anderer?

Jedenfalls finde ich: Die Bibel hat doch recht. Seit Kain und Abel ist das eine Mordsgeschichte zwischen uns Brüdern und Schwestern. Die Angst, zu kurz zu kommen, schlägt fast automatisch um in Futterneid, Rivalisieren, Kriegen und Ausbeuten. Wie aus diesem Dilemma herauskommen, wie den Weg hindurchfinden? Nach christlicher Überzeugung gibt es nur einen Weg, und der wird an Jesus sichtbar: gewalt- und selbstlos, mit anderen vorangehen, mit anderen und für andere. Seine Botschaft von der Feindesliebe ist die realistische Alternative: also groß denken vom anderen Menschen, der Menschenwürde Raum schaffen und von den Ego-Interessen absehen zugunsten des Gemeinwohls. Jesus war überzeugt, dass Gottes Gerechtigkeit überall siegreich sein wird. Gottes Reich soll kommen, und er macht davon Gebrauch. Damit freilich deckt er auch auf, wie gewalttätig es noch zugeht seit Kain und Abel. Jesus kostet diese Aufklärungsarbeit sogar das Leben, aber er willigt schließlich ein, ganz voller Gottvertrauen und Versöhnungskraft. „Gesetzt den Fall, Sie haben noch keinen umgebracht, wie erklären Sie sich das?“, fragte realistisch Max Frisch. Was ist mit Bruder Kain, dem Aggressor, in mir? Diese Kar- und Osterwoche lädt dazu ein, sich mit dem Gewalt-Thema zu konfrontieren – und mit dieser göttlichen Alternative, stets dann doch die Hand zu reichen und den ersten Schritt zu tun.

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