SWR2 Zum jüdischen Feiertag

SWR2 Zum jüdischen Feiertag

21MRZ2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Unser Losfest „Purim“, übermorgen Sonntag ist ein fröhlicher Feiertag. Immerhin geht es dabei um die Errettung unserer Vorfahren im alten Persien. Damals lebte die Mehrheit unseres Volkes im Herrschaftsgebiet des persischen Königs Xerxes I. Wir kennen ihn als Achaschwerosch. Sein Regierungschef Haman ist ein übler Bursche, er plant einen Komplott und die Ermordung aller Juden im Reich. Aber diese Schoah im alten Persien wird nicht stattfinden. Dank des eigenmächtigen Eingreifens und Handelns einer einzigen mutigen jüdischen Frau namens Esther und ihres Onkels Mordechai.

Den Inhalt, die Bedeutung, wie auch die Ereignisse von Purim können wir am besten aus der Lektüre dieses Festes, aus dem biblischen Esther- Buch, der Megillat Esther kennenlernen.  Die Geschichte in diesem Buch ist die einzige Erzählung der Bibel, die sich nicht im Heiligen Land abspielt.  Ihr unbekannter Verfasser lebt vor mehr als 2000 Jahren im damaligen persischen Weltreich, das aber mit dem heutigen  Iran nichts zu tun hat.  Der Geist, der dieses biblische Werk durchdringt, weicht merklich von dem der prophetischen Schriften ab.  In dieser Erzählung wird überdies der Name G-ttes kein einziges Mal erwähnt.

Im Grunde geht es an „Purim um die Überwindung des Bösen und der Dunkelheit durch das Licht des Glaubens und der Hoffnung. Unsere Purim-Geschichte ist eine Geschichte des Überlebens und des jüdischen Zusammenhalts. Im Mittelpunkt steht die Königin Esther, die mutig ihre jüdische Identität offenbart und sich für ihr Volk einsetzt.

Zu Purim gehören mehrere Bräuche und Traditionen, wie das Lesen der Megillat-Esther in der Synagoge. Wenn während der Lesung der Name des Bösewichts Haman fällt, machen die Anwesenden Krawall und Lärm. Sie rufen, sie trampeln, oder sie schwingen ihre Ratschen, die „Ra‘aschanim“. Um seinen Namen zu übertönen.

Die Purim-Geschichte will uns dazu ermutigen, dass wir unsere Stimme erheben und dass wir gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung aufstehen. Sie erinnert uns daran, dass jeder Einzelne die Macht hat, das Böse aufzuhalten und Veränderungen zum Guten herbeizuführen – selbst in den schwierigsten Zeiten.

Neben aller Ernsthaftigkeit gehört auch ausgelassene Freude zu Purim. Dabei vergessen wir die Bedürftigen nicht. Und so gehört zu Purim der Brauch des „Mana-Verschickens“, auf Hebräisch „Mischloach Manot“. Er unterstreicht die Bedeutung von Zusammenhalt, Solidarität und Mitgefühl in unserer jüdischen Gemeinschaft. Wir tauschen in der Familie, im Freundeskreis und in der Nachbarschaft Geschenke in Form von Speisen und Getränken aus. Es ist üblich, immer mindestens zwei verschiedene Arten von Lebensmitteln zu verschenken.

 

Und nun hören Sie das populäre Purimlied:  Schoschanat Jaakow.  Es singt Kantor Chajim Herschtik.  Die Übersetzung lautet: Jakobs Rose ward fröhlich als man Mordechaj in Purpur erblickte.  Hilfe für Israel bist Du in aller Ewigkeit, O Herr, Hoffnung in jedem Geschlecht.  Kundzutun, dass nicht zuschanden werden alle, die auf Dich hoffen.

(Musik.  CD.  Galton L 5865; Schaar Hanegina;19-98009; Interpret: Chajim Herschtik; Komponist: Volksweise; Take: 004; Zeit: 5:11; AMS: M0429963)

 

Eine weitere Purim-Tradition ist das Spenden an Bedürftige. Es wird als eine gute Tat gewertet, als eine Mitzwa, mindestens zwei Bedürftigen Geschenke oder Geld zukommen zu lassen.

An Purim treffen wir uns im Familienkreis oder in der Gemeinde zu einem festlichen Mahl, zu einer Purim-Seuda. Dabei erscheinen viele verkleidet und kostümiert, vor allem die Kinder. Dahinter steckt die Vorstellung, dass die Ereignisse von Purim voller versteckter Wunder waren. Und die fröhliche Stimmung und ausgelassene Atmosphäre passt wunderbar zur spielerischen Verkleidung. Kein Wunder, dass Außenstehende unser „Purim“ gerne mal mit Fasching verwechseln.

Unser Purim am kommenden Sonntag ist ein fröhlicher Feiertag, an dem wir die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes feiern und den Sieg einer bedrohten Minderheit über die schweigende Mehrheit. Ein Tag der Fröhlichkeit, der Gemeinschaft und des Teilens.

Möge uns diese Zeit der Freude, des Teilens und des Glaubens dazu anspornen, das Licht des Optimismus und der Menschlichkeit in unserem eigenen Leben zu suchen und zu finden.

(Musik Anfang:  CD. LC-Noam-CDH 623;  19-70647;  Interpret: Miami Boys Choir und Yerachmiel Begun; Komponist: Yerachmiel Begun; Take:  003;  Zeit:  3: 28; AMS: M0082330)

(Musik Abschluss:  CD. „Three Generations sing“– Kol-Star-; 19-098451; Interpret: David Werdyger und Familie; Komponist: David Werdyger; Zeit:  4: 02; Take: 006; AMS: M0128473)

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39575
weiterlesen...