SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

10MRZ2024
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Auferstehung, das ist für viele ein Märchen, eine Geschichte. Jedenfalls etwas ohne Bedeutung für heute. Für das eigene Leben. Geht mir manchmal ähnlich. Was kann mir Auferstehung schon sagen? Dass irgendwann der Tod an sein Ende kommt? Das scheint mir so weit weg von meinem Leben.

Das Andere Osterlied des Dichters und Pfarrers Kurt Marti denkt Auferstehung ganz anders.

Das könnte den Herren der Welt ja so passen, / wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme, / erst dann die Herrschaft der Herren, / erst dann die Knechtschaft der Knechte / vergessen wäre für immer.

Ein Lied über Auferstehung? Eher ein Lied über Macht und Ohnmacht. Und das hat mit dem Tod zu tun. Der Tod ist eine fremde Macht, kommt und nimmt mir das Leben. Ich kann zwar gegen den Tod ankämpfen. Aber am Schluss werde ich sicher verlieren. Kurt Marti überträgt diese Erfahrung auf eine politische Ebene. Dass Menschen Tag für Tag ohnmächtig gemacht werden. Und dass oft genug niemand die Herren der Welt dafür zur Rechenschaft zieht. Kriegstreiber wie Putin, Konzerne, die sich auf Kosten der Armen bereichern, Länder, die andere ausbluten.

Das könnte den Herren der Welt ja so passen, / wenn hier auf der Erde stets alles so bliebe, / wenn hier die Herrschaft der Herren, / wenn hier die Knechtschaft der Knechte / so weiterginge wie immer.

Es scheint doch so: Alles bleibt, wie es ist. Macht ist verteilt – Ohnmacht auch. Dagegen singt das Andere Osterlied an. Peter Janssens hat es komponiert. Und verknüpft mit seiner Melodie ganz raffiniert heutigen Protest und den ältesten deutschsprachigen Osterhymnus Christ ist erstanden.

Christ ist erstanden von der Marter alle. Des solln wir alle froh sein; Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

Der alte Choral verknüpft Marter und Auferstehung, Trauer und Trost. Auch Kurt Marti weiß um diese enge Verbindung. Und protestiert gegen den Tod. Gegen die Bosse, die von tödlicher Ausbeutung profitieren, gegen eine Kirche, die bloß salbungsvolle Worte für Hinterbliebene kennt, gegen all die, die den Tod einfach so hinnehmen. Gegen alle die, für die Auferstehung ganz weit weg ist.

Doch ist der Befreier vom Tod auferstanden, / ist schon auferstanden und ruft uns nun alle / zur Auferstehung auf Erden, / zum Aufstand gegen die Herren, / die mit dem Tod uns regieren.

Auferstehung und Aufstand werden in dem Lied auf ziemlich unerhörte Weise verknüpft. Marti und Janssens holen Auferstehung so aus einer fernen Zukunft in die Gegenwart. Auferstehung heißt dann: Aufstand gegen all das, was tot macht. Die Ohnmacht abschütteln. Nicht andere über das eigene Leben bestimmen lassen. Aus dem Kreislauf von Demütigung und Diskriminierung ausbrechen.

Das Andere Osterlied beharrt darauf: Auferstehung ist eine Chiffre für die Welt heute. Die Hoffnung auf Auferstehung ist vor allem für die gedacht, die Tag für Tag schon fast tot sind, die keine Hoffnung haben, die trostlos leben. Die Spur der Auferstehung führt so mitten ins Leben hinein.

Marti bringt das in seinem Gedicht Ihr fragt nach der Auferstehung der Toten auf den Punkt: ihr fragt wie ist / die auferstehung der toten? / ich weiß es nicht // ich weiß nur / wozu Er uns ruft: / zur auferstehung heute und jetzt

 

Musikquellen

1

Anderes Osterlied

Text: Kurt Marti / Musik: Peter Janssens 1970

© Peter Janssens Musik Verlag, Telgte

Das Gesangsorchester Peter Janssens

In: Meine Lieder. Peter Janssens

LC 4679 / CD1074 / Track 08 (1:40)

 

2

Christ ist erstanden

Aus: Aus meines Herzens Grunde. Die schönsten alten Kirchenlieder

CD 2, Track 05, 1:35

Klaus Mertens (Gesang), Kay Johannsen (Orgel)

Carus 83.015 / LC 3989

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39484
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