SWR4 Abendgedanken

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14MRZ2024
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„Do ut des“. Das klingt wie eine Zauberformel, ist aber Latein und heißt übersetzt: „Ich gebe, damit du gibst“. Nach diesem Grundsatz sind die Menschen in der Antike mit ihren Göttern umgegangen. Wer etwas von den Göttern wollte, der musste ihnen etwas opfern. Ein faires Tauschgeschäft sozusagen.

Das hört sich vielleicht erstmal veraltet oder naiv an, dieses „do ut des“, aber ehrlich gesagt, erwische ich mich manchmal selbst dabei. Und zwar, wenn ich zu Gott bete. Oft bitte ich Gott dann um etwas. Etwa um die Kraft, bei einem schwierigen Gespräch ruhig und verständnisvoll zu bleiben.

Dabei ist mir aufgefallen: Ich bete oft so, als könnte ich Gott überreden. Wenn ich nur genug bete oder Gott einen guten Deal vorschlage, dann wird er sich schon breitschlagen lassen. Wenn mein Gebet aber nicht erhört wird, muss ich wohl etwas falsch gemacht haben. Dann habe ich nicht genug geleistet.

Psychologen und Pädagogen haben herausgefunden, dass sich der Glaube in Stufen entwickelt. Das „Do-ut-des“ ist dabei typisch für eine der Anfangsstufen, in der man sich Gott wie eine Art Handelspartner vorstellt. Viele Menschen glauben: Ich kann Gott beeinflussen und für meine Wünsche in Anspruch nehmen. Dafür bin ich aber auch auf Gott angewiesen und muss ihn zufriedenstellen.

Dahinter steckt ein großer Sinn für Gerechtigkeit und das Vertrauen in ein Prinzip, das in unserem Leben grundsätzlich gilt: Wer gibt, soll auch bekommen und umgekehrt. Trotzdem ist es ein Glaube, der noch nicht erwachsen geworden ist. Weil er sowohl Gott als auch den Menschen klein hält. Aber Gott will mich nicht klein und abhängig halten. Er berechnet nicht. Gott kann viel mehr. Und ich auch. Davon bin ich überzeugt.

Ab und zu rutsche ich beim Beten trotzdem in mein altes Muster zurück. Dann denke ich, ich müsste für Gott etwas tun. Und erst dann bin ich etwas wert. Aber ich brauche Gott nichts zu geben, damit er mich belohnt. Er verlangt von mir keine Gegenleistung. Gott liebt mich bedingungslos. Und vielleicht kann ich so auch mein Beten besser verstehen: dass auch ich mich Gott zuwende, ganz ohne Bedingungen.

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