SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

11MRZ2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ich hätte schwören können, in der Bibel kommt ein Apfelbaum vor. Nämlich der in der Mitte des Garten Edens, von dem Adam und Eva nicht essen sollen. Ist aber gar nicht so, von Apfelbaum ist nie die Rede. Der Baum trägt zwar Früchte, aber welche - das wird nicht genauer beschrieben.

In der Bibel wird er „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ genannt. Und was rund um diesen Baum erzählt wird, gleicht wirklich einer Theatervorstellung: Schlange überredet Eva, Eva überredet Adam, und dann wird tatsächlich gemeinsam gegessen. Ob es Granatäpfel, Orangen oder Äpfel sind, spielt keine Rolle. Es geht darum, dass die Menschen die ihnen gesetzten Grenzen nicht hinnehmen.

Gott weiß alles, er überblickt alles, er kann hinter die Kulissen schauen und erkennt die Zusammenhänge. Und die Menschen möchten das auch. Und darum essen sie diese Frucht vom „Baum der Erkenntnis“. Das haben die Verfasser des Alten Testaments schon erkannt. Und sie haben wohl auch erkannt, dass damit viele Probleme beginnen.

Überall dort, wo Menschen Gott nachahmen möchten, kann es kritisch werden. Zum Beispiel, wenn Menschen über Leben und Tod entscheiden wollen. Wenn sie Lebensanfang und Lebensende bestimmen, oder wenn sie festlegen, was lebenswert ist und was nicht. Oder wenn Menschen sich zu Besitzern von Land oder Rohstoffen erklären. Wenn sie die Umwelt ausbeuten, wenn sie das für sich beanspruchen, wovon alle leben müssen.

Gott hat den Menschen wirklich tolle Fähigkeiten gegeben: Wir können Krankheiten heilen, Dinge entwickeln, die das Leben leichter machen. Wir können die Energie der Erde nutzen oder über weite Strecken mühelos miteinander kommunizieren. Immer mehr ist uns möglich, und damit wird es auch immer schwieriger zu beurteilen, was unter welchen Bedingungen ethisch noch vertretbar ist und was nicht.

All unsere Talente und Möglichkeiten gehören zum Menschsein dazu. Das behauptet die Geschichte vom Paradies auch nicht anders. Aber genauso gehört dazu, dass wir sorgsam mit dieser Verantwortung umgehen, dass wir das akzeptieren, was nicht in unserer Macht steht. Und vor allem, dass wir wissen, wo Schluss ist. Wo wir – im Bild gesprochen – von dem Baum essen, der uns gefährlich werden könnte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39471
weiterlesen...