Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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06MRZ2024
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Manchmal reicht es einfach nicht.

Zu wenig Kraft für all die To-do-Listen, die auf meinem Schreibtisch liegen. Zu wenig Hoffnung für all die Krankheitsmeldungen und Todesnachrichten um mich herum. Zu wenig stärkende Worte, um andere zu ermutigen. Zu wenig Zuversicht, dass es gut werden wird. Manchmal reicht es einfach nicht.

Das Gefühl hatte vermutlich auch die Frau, von der eine Geschichte aus der Bibel erzählt. Ihr Mann ist gestorben. Und nun sollen ihre beiden Söhne als Sklaven arbeiten, um die Schulden, die sich angesammelt haben, zu begleichen. Die Frau hat das Gefühl: Es reicht nicht. Die Lebensgrundlage ist weg, und nun soll ihr mit den Söhnen auch noch die Zukunft genommen werden.

Laut schreiend sucht sie bei dem Propheten Elischa Hilfe. Und er fragt sie: „Sag mir, was hast Du im Haus?“ (2 Kön 4,2) Ich stelle mir vor, wie die Frau Elischa erst einmal verdutzt anschaut. Was soll sie schon im Haus haben? Alles, was irgendwie einen Wert besitzt, hätte sie längst genutzt, um ihre Schulden zu begleichen. Doch dann fällt ihr ein: Ein Krug Öl gehört ihr noch. Elischa sagt zu der Frau: „Geh und erbitte Dir von allen Deinen Nachbarn leere Gefäße, aber nicht zu wenige! Dann geh heim, verschließ die Tür hinter Dir (…), gieß Öl in alle diese Gefäße und stell die gefüllten beiseite!“

Ein seltsamer Rat findet die Frau. Aber trotzdem macht sie sich auf und bittet ihre Nachbarinnen um leere Gefäße. Zuhause füllt sie aus ihrem verbliebenen Ölkrug ein Gefäß nach dem anderen. Und das Öl hört nicht auf zu fließen. Es ist mehr da, als in alle ausgeliehenen Gefäße passt. Es ist sogar so viel, dass sie einen Teil verkaufen und damit die Schulden begleichen kann. „Und vom Übrigen“, so sagt der Prophet zu ihr, „wirst Du mit Deinen Söhnen überleben können.“

„Sag mir, was hast Du im Haus?“ – Die Frage des Propheten Elischa möchte ich mir merken. Und in Zeiten, in denen ich denke, dass es zu wenig ist, was ich habe, möchte ich wie die Frau auf die Suche gehen: Was ist noch da? Was habe ich an Ressourcen? Immer ist doch noch irgendetwas da – die Erinnerung an das, was mir bereits gelungen ist. Oder ich lese ein paar liebevolle Worte in alten Geburtstagskarten. Vielleicht kann ich auch aus mir heraus gehen, nach draußen, andere bitten, mir zu helfen. Und hoffentlich kann dann aus dem Wenigen für mich und für andere mehr werden: mehr Kraft, mehr Hoffnung und mehr Zuversicht.

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