Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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05MRZ2024
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Vermutlich gehört es in die Kategorie Nerdwissen, also zu den Dingen, die außer ein paar Spezialisten nur wenige Menschen interessieren. Aber mich hat es nicht mehr losgelassen, und ich muss Ihnen davon erzählen.

Das Wort „Arche“ – also der große schwimmende Kasten von Noah, der seine Familie und die vielen Tiere gerettet hat – heißt im Hebräischen „tevah“.

Genau dieses Wort „tevah“ kommt auch bei der Geschichte von Mose vor. Da ist es das Schilfkästchen, in dem Mose gerettet wird. Man könnte sagen: Beide Kästen sind safe spaces, also Schutzräume gegen das Wasser. Kästen, die Leben retten.

Und spätestens jetzt kommt das Nerdwissen: Seltsamerweise heißt „tevah“ im Hebräischen nicht nur Kasten, sondern auch „Wort“. Also ein Begriff, der beides meint: Kasten und Wort. Das heißt doch: Nicht nur ein aus Brettern gebauter Kasten oder ein Schilfkästchen, sondern auch Worte können tragen. Können mich halten, wenn Alltagsstürme über mich hinwegbrausen. Wenn die Wellen des Lebens riesengroß und bedrohlich werden, und das Wasser mir bis zum Hals steht.

Ich habe mich auf die Suche nach solchen Halte- oder Trage-Worten gemacht.

Als Theologin sind mir zuerst biblische Verse eingefallen. Sätze, von denen ich weiß, dass sie auch anderen Menschen viel bedeuten. Wie: „Fürchte dich nicht. Ich bin bei dir.“ Oder die Segensworte „Der HERR segne und behüte dich…“. Auch alte Gebete können wie Kästen sein, in die ich hineinschlüpfen kann und die mich bergen. Wie das „Vater unser“ oder der Psalm 23, den viele Menschen in der Schule auswendig gelernt haben: „Der Herr ist mein Hirte. Nichts wird mir fehlen…“.

Und auch Liedzeilen gehören dazu. Dietrich Bonhoeffers Zeilen „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ berühren mich jedes Mal, wenn ich sie singe. Aber auch die Sportfreunde Stiller gehören dazu, wenn es in ihrem Song heißt: „Ich wollte dir nur mal eben sagen, dass du das Größte für mich bist.“

Bibelworte und Gebete, Liedzeilen, Gedichte und Buchtitel… welch ein Schatz, dass es all diese Worte gibt. Und nicht zu unterschätzen, all die Worte, die nur mir gelten. Die andere mir ganz persönlich gesagt oder in Mails und Briefen geschrieben haben. Lob für gute Arbeit, Dank für gemeinsame Zeiten und zärtliche Worte voller Liebe und Zuneigung.

Worte können wie Kästen sein, die mich davor bewahren unterzugehen, und die mich eine Zeit lang halten und mich über die Wellen des Lebens tragen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39449
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