SWR4 Abendgedanken

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16FEB2024
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Wenn man endlich mal wieder mit alten Freunden telefoniert, kann man überrascht werden.

Mit meiner alten Freundin Anna war das so. Wir telefonieren endlich mal wieder miteinander und sie erzählt mir von einer eher traurigen Überraschung. Sie sagt: „Das Jahr hat für uns nicht so gut begonnen.“

Und dann erzählt sie, dass Ihr Mann Marco wegen Nierensteinen ins Krankenhaus musste und mit einer Tumordiagnose wieder nachhause gekommen ist. Tennisballgroß. Am Zwerchfell.

Schon ein paar Tage nach dem Telefonat stand die Operation an.

Am gleichen Abend noch schickt mir Anna dann eine Sprachnachricht, dass alles gutgegangen ist. Dass sie nun die Untersuchung abwarten müssen, aber total glücklich sind, dass es so weit gut verlaufen ist. Sie klingt erleichtert und sagt: „Marco möchte, sobald es geht, eine Wallfahrt machen. Er hat gleich heute Abend davon gesprochen. Wir möchten nach Assisi fahren, denn wir sind so dankbar.“

Ich bin mir nicht sicher, wann ich das schonmal gehört habe.  Dass jemand aus Dankbarkeit für etwas eine Wallfahrt machen möchte.

Ehrlich gesagt hört sich das für mich erstmal irgendwie altbacken an.

Die beiden sind in meinem Alter, also Mitte vierzig. Und ok, Anna kommt aus Oberschwaben und Marco aus Italien. Die beiden sind also schon katholisch geprägt, aber sie sind nicht ungewöhnlich fromm.

Eine Wallfahrt machen, das heißt in meiner Fantasie, dass Menschen mit Gott einen Kuhhandel machen und ihn damit ein wenig bestechen wollen, damit er ihnen wohlgesonnen ist. So nach dem Prinzip: Ich tu was für Dich und Du dann auch bitte für mich. So stelle ich es mir vor, aber ob es wirklich so ist?

Wenn ich länger darüber nachdenke, finde ich eine Wallfahrt auf Annas und Marcos Art eine echt schöne Sache. Marco sagt einfach: „Es ist nicht selbstverständlich, dass es mir wieder gut geht, deswegen möchte ich etwas tun.“

Ich selbst kenne Assisi und kann gut verstehen, warum Menschen dorthin reisen, um zu beten. Die Kirchen und Kapellen, die Olivenhaine dort und die Geschichten um Klara und Franziskus sind etwas Besonderes. 

In der Haltung, in der Anna und Marco nach Assisi fahren möchten, ist ihre Wallfahrt alles andere als ein Kuhhandel, um Gott zu bestechen. Ihre Fahrt ist einfach ein „Dankeschön.“ Das wirkt so selbstverständlich, und es spricht für eine ganz freundschaftliche Beziehung, die sie zu Gott haben.

Danke sagen kann man auf ganz unterschiedliche Weise. Ich wünsche den beiden auf jeden Fall eine gute Reise für und mit dem lieben Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39345
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