Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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29JAN2024
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Manche Menschen sitzen zwischen allen Stühlen. Auch dann, wenn andere streiten und finden, man müsste für sie Partei ergreifen.

Jonathan war so ein Mensch. In der Bibel wird von ihm erzählt. Auf der einen Seite des Konfliktes: Jonathans Vater. Das war Saul, der König von Israel. Auf der anderen Seite Jonathans bester Freund: David, ein junger, erfolgreicher Feldherr. Und dazwischen Jonathan. Zwischen allen Stühlen.

König Saul ist neidisch gewesen auf den erfolgreichen, belieben David. Und er hat Angst gehabt, dass David ihn vom Thron stürzen könnte. Darum wollte er David umbringen lassen. Für Saul ist selbstverständlich gewesen: „Natürlich steht Jonathan auf meiner Seite. Kann man von seinem Sohn ja wohl erwarten.“

Für Jonathan ist das aber nicht so klar gewesen. Einerseits hat er sich seinem Vater verpflichtet gefühlt. Andererseits hat er gewusst, dass die Vorwürfe gegen David nicht gestimmt haben. Und David: der hat längst geahnt, was los ist, und hat Jonathan sein Herz ausgeschüttet.

Vielleicht wäre Jonathan am liebsten zwischen den Stühlen sitzen geblieben. Aber er hat sich entschieden, einzugreifen und etwas zu tun. Er hat versucht, zu vermitteln. Zuerst hat er mit David geredet und ihm seine Freundschaft zugesagt. Dann ist er zu seinem Vater gegangen. Er hat ihm sachliche Argumente geliefert, um ihn zu überzeugen, dass David loyal ist und zu Unrecht beschuldigt wird. Doch Saul hat nicht auf ihn gehört. Er wollte David nach wie vor umbringen und hat von seinem Sohn erwartet, dass der auf seiner Seite steht.

Da geht Jonathan einen mutigen Schritt: Er entscheidet sich, die Erwartung seines Vaters zu enttäuschen. Er folgt seinem Gewissen, beschützt den Freund und verhilft ihm heimlich zur Flucht. Das war sicher schwer für ihn, sich gegen den eigenen Vater zu stellen. Zugleich verhindert er so aber, dass sein Vater zum Mörder wird. Das ist seine Art, zu seinem Vater zu stehen. Jonathan, der Mann zwischen allen Stühlen, entscheidet sich, seinen eigenen Weg zu gehen. Auch wenn er andere damit enttäuscht. Das wird ihn einige schlaflose Nächte gekostet haben. Aber nur so konnte er tun, was aus seiner Sicht richtig war. Und darum war er am Ende mit sich im Reinen.

Bibelstelle: 1. Samuel 18ff

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