Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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23JAN2024
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Dass man es mit der eigenen Verwandtschaft oftmals schwer hat, ist bereits biblisch gut belegt. Von Jesus wird berichtet, dass er sie harsch abblitzen ließ, als seine Mutter und seine Geschwister ihn zur Räson bringen wollen[1]. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn und seinem barmherzigen Vater geht es gleich um zwei Konfliktsituationen, die innerhalb von Familien an der Tagesordnung sind. Es wird erzählt, wie heftig und hässlich Verwandte oft zueinander sind, wenn es ums Erben geht. Zum anderen wie neidisch und eifersüchtig Geschwister aufeinander schauen, wenn sie um die Gunst der Eltern wetteifern.

Leider kenne ich mehr als genug Beispiele aus dem Kreis meiner Freunde und Bekannten, wo es gerade so zugeht. Auch in meiner Verwandtschaft ist es nicht anders gewesen, seit ich Kind war. Und was erfahre ich viel häufiger, als man denkt, wenn ich Menschen bei einer Beerdigung begleite? Dass die eine Tante gar nicht erst über den Tod des Cousins informiert wird, weil sie im „Familienbann“ ist. Dass Schwester und Bruder nur darauf warten, bis die Beerdigung vorbei ist, um wegen des Erbes aufeinander loszugehen. Dass der verstorbene Vater in Ungnade gefallen ist und man deshalb nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Als ob es ein Naturgesetz wäre, dass Verwandtschaftsverhältnisse schwierig sein müssen und nicht selten so verkorkst sind, dass es zum Davonlaufen ist.

Warum ist das so, und was kann man tun, dass es nicht passiert? Sich mit anderen zu vergleichen, ist offenbar eine menschliche Eigenschaft, die nicht auszurotten ist. Dabei schafft das Vergleichen nur Probleme. „Die ist beliebter als ich, der hat mehr, und ich komme sowieso immer zu kurz.“ Wer so auf sein Leben schaut, muss auf andere wütend werden. Je näher einem jemand steht, desto niedriger ist die Hemmschwelle, den anderen das spüren zu lassen. Unter Geschwistern fallen schnell böse Worte. Und weil man sich seine Verwandtschaft ja nicht aussuchen kann, kann man sie genauso gleich ablehnen und sich Freunde suchen, die man mag. Klug ist das nicht, weil einen die verkorksten Verhältnisse verfolgen, nachts nicht schlafen und schließlich verbittert werden lassen. Verwandte habe ich, egal wie sie sind. Meistens anders, als ich es gern hätte. Sie müssen nicht meine besten Freunde sein. Aber sich mit ihnen zu überwerfen, das schafft nur immer größere Probleme.

                                            

 

 

[1] Markus 3,31-35

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39185
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