Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

21JAN2024
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Ein ganzes Buch aus der Bibel lesen. Wäre das nicht was für einen Sonntag im Winter? Auf der Couch oder im Sessel, mit einer Kerze auf dem Tisch daneben? Ich empfehle für heute das Buch Jona im Alten Testament. Zum einen, weil es kurz ist; in einer Viertelstunde ist man durch. Aber auch deshalb, weil das kleine Buch viele Fragen aufwirft, zum Weiterdenken anregt und am Ende eine schöne Perspektive parat hat. Sie heißt in etwa: Egal, was auf dieser Welt geschieht, Gott wird ganz zum Schluss immer barmherzig sein. Was in der Zwischenzeit alles passierten kann und wie leicht man sich vertun kann, wenn man scheinbar ganz genau weiß, wie Gott denkt und handelt, davon erzählt das Buch um den Propheten Jona in seinen vier Kapiteln.

Es ist ja nicht so, dass einem die Barmherzigkeit Gottes nachgeworfen wird. Wer anderen Böses antut, wer auf Kosten des Nachbarn lebt oder sonst Schuld auf sich lädt, muss damit rechnen, dass Gott ihn irgendwann zur Rechenschaft zieht. In der Stadt Ninive scheint es eine enorme Zahl schlechter Menschen zu geben. Deshalb schickt Gott Jona dorthin, um ihnen mit Strafe zu drohen. Jona will aber nicht so Recht. Entweder hat er früher schon mal schlechte Erfahrungen damit gemacht, anderen im Namen Gottes zu drohen. Oder er hat von Anfang an die Ahnung, dass es Gott schließlich doch leid tun wird, und er dann für die Katz Mühe und Risiken auf sich genommen hat.

Jona kann sich aber auch nicht so mir nichts dir nichts aus der Affäre ziehen. Gott kann offenbar hartnäckig sein, wenn er etwas von einem will. Weglaufen nützt nichts. Als Jona dann tatsächlich nach Ninive geht und das Strafgericht Gottes androht, läuft es anders, als gedacht. Am Ende – und das ist die eine Pointe des Buchs – am Ende will Gott barmherzig sein. Weil das am meisten seinem Wesen entspricht. Hier jedenfalls, weil es den sündigen Menschen in Ninive leidtut und sie Besserung geloben. Allerdings steht auch am Ende ein verdatterter Prophet. Hin und hergerissen von den widersprüchlichen Botschaften, die er von Gott vernimmt, weiß er jedenfalls nicht mehr, woran er bei dem Gott ist, an der er bisher geglaubt hat. Und das, genau das, ist gut so. Weil es dem Respekt entspricht, dem man vor Gott stets haben sollte.

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