Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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24JAN2024
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„Ich war heute Morgen wieder in meiner Eistonne!“ Meine Freundin Jutta strahlt übers ganze Gesicht. Seit Kurzem hat sie in ihrem Garten ein Plastikfass mit Wasser stehen. Im Badeanzug stellt sie sich morgens ins Fass. „Es ist eiskalt, aber ich bin dann energiegeladen und heiter!“ Das Wort habe ich schon ewig nicht mehr gehört: heiter. Eigentlich taucht es nur noch im Wetterbericht auf: „heiter bis wolkig“.

Dabei bin ich gerne heiter. Ich fühle mich gut, wenn ich heiter bin.

Aber wie soll ich angesichts der weltpolitischen Lage und auch persönlicher Krisen und Verluste „heiter“ sein?

Eine Idee, dass es trotzdem gehen kann, bekomme ich beim Blick auf das Pressefoto des Jahres 2023 von UNICEF. Ein fünfjähriges Mädchen lernt mit ihren beiden Freundinnen Fahrrad fahren. Das Foto zeigt die drei Mädchen auf einer bunten Blumenwiese. Im Hintergrund steigt schwarzer Rauch von einem nächtlichen Drohnenangriff in der Westukraine auf. Die Kinder lassen sich davon nicht stören. Sicherlich haben sie auch Angst, fühlen sich unsicher und bedroht vom Krieg, aber sie lassen sich nicht lähmen. Sie tun Dinge, die man als Kind typischerweise tut: Sie spielen draußen, rennen und toben, lachen.

Für mich sind diese Kinder auch ein Vorbild. Wenn sie es im Kriegsgebiet schaffen, heitere Augenblicke zu erleben, dann kann ich mich nicht wehmütig in die Ecke stellen und nur noch klagen wie schlimm doch alles ist. Ich brauche Heiterkeit, um handlungsfähig zu bleiben oder auch zu werden. Dabei meint Heiterkeit keine Oberflächlichkeit.

Denn die schweren Themen bleiben trotzdem und sie müssen bestanden werden. So gilt es zum Beispiel hierzulande sich mit aller Energie gegen rechte Tendenzen in der Politik einzusetzen, damit unsere Demokratie keinen Schaden nimmt.

Das kostet Kraft und erfordert Mut. Damit ich das schaffe, brauche ich im Leben auch immer Momente, die leichter sind und mich heiter sein lassen.

Ich möchte mir die Fähigkeit bewahren, zu sehen: Es gibt mehr im Leben als die Dinge, die mir Angst machen und mich beunruhigen. Ich möchte das Leben in seiner ganzen Vielfalt sehen. Und da gibt es immer auch interessante, lustige kleine Anekdoten und auch drollige Mutproben und sei es das Eisbaden im Wasserfass.

Das Leben ist immer die Summe aus all dem. Zusammengefasst eigentlich wie im Wetterbericht: „heiter bis wolkig“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39182
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