SWR2 Wort zum Tag

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16JAN2024
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„Jeden Morgen soll die Schale unseres Lebens hingehalten werden, um aufzunehmen“ - so notierte sich Dag Hammarskjöld in sein Tagebuch, diese Schatzkiste mutiger Einsichten (57). Der großartige UNO-Generalsekretär wollte jeden Tag möglichst hellwach beginnen, bereit nicht nur für den Terminkalender und die riesigen Aufgaben der Weltpolitik; also nicht nur irgendwie wach, sondern überraschungsbereit und empfänglich für alles, was kommt und ansteht. Gern spricht er auch von reiner Hingabe, von absichtsloser Präsenz. „So wird die Welt jeden Morgen neu geschaffen, verziehen – in dir, von dir“, so lautet eine andere Notiz, nein ein Gebet. (179). Jeder Tagesanfang ein Schöpfungsmorgen, jeder Tag voller Chancen zum Verzeihen und Vergeben.  Der Weltfrieden fing für den großen UNO- Diplomaten immer mit dem Seelenfrieden an. Jeder Tagesbeginn – ein Schöpfungsmorgen, und er selbst ständig der Vergebung bedürftig und bereit dafür.

Die Morgenstunde hat ja in der Tat etwas Reines noch.  Als wäre da noch alles im Lot, der Tag noch wie ein weißes Blatt Papier, noch nicht vollgeschrieben oder verknüllt wie am Abend. Leer noch wie eine Schale, die man hinhält in der Hoffnung auf Füllung und Erfüllung.  In der Bibel ist deshalb die Morgenstunde die richtige Zeit zur Rechtsprechung, da tagt das Gericht im Dorf oder der Kleinstadt, da wird alles klargestellt. Es ist kein Zufall, dass Hammarskjöld von Verzeihen und Vergebung gerade zum Morgen spricht. Mit dem Aufgang der Sonne rückt alles ins Licht. „Haltet des Morgens gerechtes Gericht“, rät z.B. der Prophet Jeremia (21,12). Früh morgens, bevor der neue Tag richtig losgeht, soll alles klar werden und bereinigt sein. Dann wird der neue Tag gut, sehr gut.

So mit frommen Menschen von heute und damals den neuen Tag zu beginnen und die Sonne der Gerechtigkeit zu begrüssen, ist ein schöner Brauch.  Andere um Vergebung zu bitten und selbst zu vergeben, ganz offen zu sein für das, was kommt ist eine gute Perspektive. Immer ist dabei die Überzeugung im Spiel, dass mit dem Sonnenaufgang das größte Wunder schon geschafft ist.  Einen guten Morgen also und einen erfüllten Tag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39157
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