SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

19JAN2024
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Mit meinen beiden Hunden bin ich morgens und abends draußen unterwegs. Und natürlich habe ich da meine üblichen Runden, die ich gehe. Ich wechsle schon ab, aber unbegrenzt ist die Auswahl nicht. Meistens ist da also nichts Spektakuläres. Nur eine Sache, die finde ich immer wieder bemerkenswert, ja regelrecht spannend: Es macht einen Unterschied, ob ich rechts rum oder links rum gehe, also welche Richtung ich beim Loslaufen einschlage. Je nachdem sieht die Landschaft anders aus. Mir fallen Einzelheiten auf, die ich so nur sehe, wenn ich in einer der beiden Richtungen gehe: ein alter Baum, der ums Überleben kämpft oder das Wasser des Bachs, der einmal mir entgegen, mal in die gleiche Richtung fließt, die ich eingeschlagen habe. Und auch das Heimkommen ist anders. Mal der Sonne entgegen, mal ihr Licht im Rücken.

Ich finde, das ist eine Beobachtung, von der ich und nicht nur ich etwas lernen kann. Denn bei vielem, das wir tun, ist es genauso. Es macht einen Unterschied, wie ich beginne, wie ich an eine Sache herangehe. Da gibt es meistens zwei, wenn nicht sogar mehr Alternativen. Und je nachdem, welche Möglichkeit ich für den Anfang wähle, sieht auch der Weg anders aus, und oft das Ergebnis. Weil ich die Dinge unterschiedlich betrachte, mir andere Menschen begegnen, Dinge sich eben nur dann ereignen, wenn ich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort bin.

Ich muss ein Gespräch führen, das ich schon lange vor mir herschiebe. Ich weiß, dass ich mehrere Möglichkeiten habe, das auf den Weg zu bringen. Ich kann die Probleme sofort und ohne Umschweife und als erstes auf den Tisch bringen und dann versuchen, eine Lösung zu suchen. Oder umgekehrt: Ich kann einen Lösungsvorschlag einbringen und dann Schritt für Schritt die alten Probleme aufarbeiten. Das macht einen Unterschied. Es hilft mir, beide Varianten in Gedanken einmal durchzuspielen. Um zu sehen, wo jeweils die Vor- und wo die Nachteile dabei liegen. Ich denke, es ist sogar am besten, das grundsätzlich so zu versuchen, wenn ein Weg nicht ganz klar ist. Weil ich mehr sehe, wenn ich die Alternativen kenne. Weil Licht und Schatten sich so ergänzen und ich mich dann besser in mein Gegenüber hineindenken kann.

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