SWR2 Wort zum Tag

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09JAN2024
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Gerne mag ich regelmäßig vor dem Essen innehalten und beten. Ich wünsche mir für mich und für alle, die am Tisch versammelt sind, den guten Geist Gottes. Doch wenn die Enkel mit am Tisch sind, zögere ich. Ein Gebet mit kleinen Kindern? Wollen das die Eltern auch? Das ist nicht so einfach.

Mir ist eine Minimalversion eingefallen. Und für die ist dann oft auch Zeit. Ich bete in einem einzigen Satz um Gottes Geist, um „Frieden, Liebe und Ruhe. Amen.“

Doch unlängst bin ich gar nicht bis zum Amen gekommen. Mein Enkel hat dazwischen gerufen: „und Böses Opa!“.

Ich habe versucht, so gut es ging, davon keine Notiz zu nehmen. Aber es ist wie ein Stachel, der mich piekst. Wo mir Liebe und Frieden und Ruhe doch so am Herzen liegen. Und so zentral sind - so von Gott für alle Geschöpfe ersonnen und erdacht. Wenn man so will, ist mein kurzes Gebet wie die Bitte um Frieden im Alltag – jetzt beim Essen – wie für jedes Miteinander. Und da platzt dann das rein: „und Böses, Opa!“.

Ich weiß nicht genau, was meinen Enkel so gereizt hat auf das Böse hinzuweisen. Ich will auch gar nicht nachfragen, was das soll. Es hat mich nachdenklich gemacht - über mich selber. Bin ich vielleicht zu Harmonie bedürftig? Oder mehr noch als das: Harmonie süchtig?

Will ich mich dem Bösen nicht aussetzen? Will ich es verschweigen? Ja, verdränge ich das Böse zu sehr?  Vielleicht merkt der Knabe das. Und will genau das stören.
Könnte sein.

Jedenfalls bringt er mich damit zum Nachdenken: Wie ist das mit dem Bösen? Es ist doch da. Mach dir nichts vor. Es ist Teil dieser Welt, in der du lebst. Von Adam und Eva im Paradies heißt es ja auch schon: Nachdem sie vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, konnten sie gut und böse unterscheiden (1.Mose 3,22). Sie mussten und sollten es dann auch unterscheiden: um böses Tun zu vermeiden.
Also war und ist es da - das Gute und das Böse. Und zwar beides!
Und wie massiv und heftig manchmal! Hier und Heute. Und deshalb gehört es wohl auch in unser Tischgebet.

Vielleicht sollte ich besser die eine Bitte aus dem das Vaterunser anfügen, wo es heißt „und erlöse uns von dem Bösen!“ Also: Befreie uns von dem, was uns bedrückt und zerstört. Halt es uns vom Hals.

Ich versuche, das einmal. Und bin gespannt, was passiert: Ob der Zwischenrufer wohl verstummt?

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