Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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03JAN2024
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Langsam gewöhne ich mich an das neue Datum – , und das alte Jahr rückt in den Hintergrund. Allerdings – ein paar Eindrücke aus dem letzten Jahr möchte ich ganz bewusst hinüberretten ins Neue. Es sind nur Kleinigkeiten - nichts Spektakuläres, aber trotzdem erhellend.

Im Advent zum Beispiel, da habe ich beobachtet, wie zwei Eheleute sich in der Einkaufszone voneinander verabschiedet haben. Er hatte den Kinderwagen dabei, sie musste schnell noch in irgendein Geschäft. Man sah beiden den Weihnachtsstress an. Aber trotzdem - fast schon im Loslaufen - strecken sie noch einmal den Arm nacheinander aus, und flüchtig berührte eine Hand die andere. Eine kleine, liebevolle Geste - und für einen Moment entspannten sich die Gesichter der zwei und waren Hektik und Zeitdruck vergessen.

Oder der Tag, an dem ich meinen Zug verpasst habe – und der nächste Zug nicht kam. Und deshalb mehr als dreimal so viele Leute in den übernächsten Zug reinwollten – was natürlich völlig unmöglich war. Auch hier waren alle gestresst. Ein Teil der Leute musste auf dem Bahnsteig zurückbleiben. Wir übrigen standen so dicht gedrängt im Zug, dass man kaum atmen konnte. Um mich herum mürrische Gesichter und leises Fluchen. Und dann, an der nächsten Station, musste ein junger Mann von ganz hinten irgendwie seinen riesigen Koffer aus dem Zug bekommen – und alle haben geholfen, das in der Enge zu bewerkstelligen.

Diese Momente möchte ich mitnehmen ins neue Jahr. Es waren nur Kleinigkeiten am Rande, aber sie zeigen, was wirklich wichtig ist und wofür es sich überhaupt lohnt, Stress und Hektik zu bewältigen. Nämlich einander zu sehen. Die Leute im Zug haben den jungen Mann mit seinem Riesenkoffer gesehen und ihren Ärger vergessen. Und die Eheleute haben ihre Liebe zueinander gesehen, und die war stärker als der Stress der Weihnachtsvorbereitungen. Das hätte auch anders sein können und ist alles andere als selbstverständlich!

Erhellend, diese kleinen Erlebnisse, die ich ins neue Jahr mitnehmen möchte: Einander nicht aus den Augen zu verlieren scheint ein gutes Mittel gegen den Stress und die Hektik zu sein, die auch 2024 garantiert auf uns warten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39092
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