SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

17DEZ2023
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Und unser lieben Frauen
der traumet, traumet ihr ein Traum:
wie unter ihrem Herzen gewachsen wär,
gewachsen ein Baum.             

Und wie der Baum ein Schatten gäb
wohl über alle, alle Land:
Herr Jesus Christ der Heiland also ist er,
ist er genannt.                         

Herr Jesus Christ der Heiland ist
unser Heil und Trost,
mit seiner bittern Marter
hat er uns all erlöst.                

Und unser lieben Frauen
der traumet, traumet ihr ein Traum:
wie unter ihrem Herzen gewachsen wär,
gewachsen ein Baum.   

Der Baum ist ein uraltes Symbol. Er ist in der Erde verwurzelt und ragt zugleich in den Himmel. Er verbindet also Himmel und Erde, Gott und den Menschen. Der Baum erinnert an den Baum des Lebens im Paradies. Er ist seit jeher ein Bild dafür, dass das Leben beschützt und gesegnet ist, solange die Menschen mit Gott verbunden sind.

Die Sehnsucht nach solch einem beschützten Leben ist bei vielen groß. Aber die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Menschen haben Angst vor dem, was kommt. Viele fühlen sich einsam. Jeder muss selber zusehen, wo er bleibt.

Das war schon zur Zeit Marias so, denn ihr Volk wurde politisch von den Römern unterdrückt. In diese heillose, hartherzige Welt ist Jesus von Nazareth gekommen. Maria war überzeugt: er ist der Heiland. Er kann Menschen heilen und aufrichten. Durch ihn werden sie spüren, dass Gott immer mit ihnen in Verbindung sein möchte.  

Und wie der Baum ein Schatten gäb
wohl über alle, alle Land :
Herr Jesus Christ der Heiland also ist er,
ist er genannt.

Bis hierhin hüllt mich das Lied wie in einen schönen Traum ein.

Doch mit der 3. Strophe ändert sich der Charakter. Da heißt es: Herr Jesus Christ der Heiland ist unser Heil und Trost, mit seiner bittern Marter hat er uns all erlöst.

Jesus wollte den Menschen zeigen, dass Gott ihnen nahe ist, aber er wurde nicht verstanden und am Ende gekreuzigt. Aus dem Lebensbaum im Traum ist ein Kreuzesbaum geworden.

Max Reger weicht hier von der schlichten Melodie seiner Liedvorlage ab. In hoch expressiven Harmonien drückt er aus, was letztlich unfassbar ist. Dass Jesus durch seine Marter hindurch die Menschen erlöst hat. In seiner Musik klingt seine eigene Sehnsucht nach Erlösung  an. Er hat das Lied 1912 geschrieben, nach einem schweren körperlichen Zusammenbruch. Nach seiner Genesung hat er es seinem Arzt aus Dankbarkeit gewidmet.

Reger war ein tief gläubiger Mensch, der auch mit seinem Glauben gerungen hat. Das hört man in seiner Musik. Am Ende führt er das Lied zur schlichten Harmonie des Anfangs zurück, zum Traum Marias. Dieser Schluss lädt dazu ein,  mich  von diesem Traumbild berühren zu lassen.

Herr Jesus Christ der Heiland ist
Unser Heil und Trost,
mit seiner bittern Marter
hat er uns all erlöst.               

Einspielung : Chormusik zu Advent und Weihnachten, Orpheus-Vokalensemble, Ltg. Michael  Alber, CarusVerlag,

Reger, Max; Zellner, Hans, Und unser lieben Frauen Traum. Bearbeitet für Blechbläser, Harmonic Brass M0315067-014,

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38997
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