SWR3 Gedanken

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09DEZ2023
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Meine Oma ist 93 – sie ist Künstlerin und wenn ich sie treffe, denke ich mir immer: Diese Frau lebt ihr Leben in vollen Zügen. Großartig!

Letztens ruft sie mich an, weil ich krank bin. Sie will wissen, wie es mir geht. Ich jammer ihr ganz schön was vor: Wie schlapp ich mich fühle; dass die Kids schon wieder Radau machen, zu viel Arbeit auf meinem Schreibtisch liegt und die Wohnung echt übel aussieht...

Sie lacht am Telefon und sagt: Das geht vorbei. Das wird alles gut.

Ich antworte ihr mies gelaunt: Na, wenn du das sagst…und bin fast beleidigt, weil ich das Gefühl habe, dass sie mich gar nicht ernst nimmt.

Dann reagiert sie mit Verständnis und erzählt mir von ihren Erfahrungen als Mutter mit zwei kleinen Töchtern. Zwar unter ganz anderen Umständen vor 65 Jahren, aber letztlich hat sie sich das Gleiche gefragt wie ich heute: Schaffe ich das mit meinen Töchtern überhaupt? Bekomme ich all die Arbeit auf die Reihe?  Oder kracht das alles bald über mir zusammen?

Jetzt geht’s mir besser, weil ich mich verstanden fühle und spüre: Ich bin nicht allein mit meinen Problemen.
Am Ende sagt sie: „Weißt du, Katharina, du darfst in dein Leben vertrauen! Ich bin 93. Ich werde bald sterben. Und ich habe keine Angst, denn ich vertraue auf Gott – das wird gut!“

Das hat mich wahnsinnig berührt: Weil meine Oma so mutig ist, ihren Tod einfach laut auszusprechen. Und so mutig auf Gott vertraut. Ich weiß, meine Oma ist eine mutige Frau – aber manchmal eben auch eine verrückte Künstlerin. Aber wenn sie so sehr vertrauen kann, dann will ich es auch und sage ihr: Ja, du hast recht, das wird alles gut.

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