SWR2 Wort zum Tag

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27NOV2023
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Heute beginnt eine besondere Woche. Ich mag diese Tage zwischen Totensonntag und dem 1. Advent. Zwei Sonntage mit so verschiedenem Gesicht. Gestern noch Grabschmuck und nächsten Sonntag schon das erste Licht am Adventskranz. Was für eine Spannung ist das! Hier Trauer und Schmerz über den Verlust lieber Menschen. Und da die frohe Erwartung: Mit der Geburt eines Kindes beginnt neues Leben, eine neue Zeit bricht an: Gott ist in Jesus zur Welt gekommen. Ein Licht in finsteren Zeiten.

Mich fasziniert genau diese Spannung zwischen den beiden Sonntagen. Und die Tage in dieser Woche bedeuten mir viel. Totensonntag und 1. Advent verweisen nämlich aufeinander. Der eine Sonntag steht gewissermaßen im Licht des anderen. Denn die Kerzen, die ich gestern für meine liebe Verstorbene angezündet habe, sie kündigen auf eine Weise auch die Geburt des neuen Menschen an. Und die Lichter am Adventskranz sind zugleich Hoffnungslichter für Verstorbene.

Das hängt mit dem Hoffnungsträger – dem Christus aus Bethlehem – zusammen. Sein Leben war von Anfang an bedroht, von den ersten Stunden in der Krippe bis zum Kreuz. Bedroht und verfolgt von König Herodes. Der wollte das Kind als unliebsamen Konkurrenten umbringen lassen. Und schließlich gekreuzigt unter Pontius Pilatus – als Aufrührer.

Doch sein Tod war nicht das Ende. Christen glauben: Gott hat diesen Jesus auferweckt zu neuem Leben. Ein Licht für Lebende und Verstorbene. Diese Hoffnung trägt mich. Besonders in diesen Tagen.

Ich erlebe darum die Tage in dieser Woche als Brückentage - als Brückentage der Hoffnung. Ein Vers aus einem Lied von Jochen Klepper begleitet mich auf dieser Brücke:  »Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein...«
Am Totensonntag empfinden wir Leid und verstecken unsere Tränen nicht. Wir spüren Schmerzen – die eigenen und die Anderer. Doch Schmerz und Leid stehen vom Advent her im Licht ihrer Überwindung.

Umgekehrt hilft mir der Totensonntag, dass die Adventszeit nicht zur banalen zuckersüßen Heile-Welt-Inszenierung verkommt. Vielmehr steht das im Vordergrund: Wie erlösungsbedürftig ist unser Leben, wie erlösungsbedürftig sind diese Zeiten!

In einer unerlösten Welt voller Konflikte ist dies meine Hoffnung: der Christus, der von Gott her zur Welt gekommen ist, wird einst die Mächte des Todes überwinden. Diese Hoffnung steht radikal gegen alle Verzweiflung und Mutlosigkeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38837
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