Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

29OKT2023
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Mein Freund Valentin ist ein ausgesprochener Liebhaber der französischen Lebensart. Er liebt das savoir-vivre: die französische Lebenskunst. Und hier in Trier sind wir ja schon ganz nah dran. Besonders gut schmeckt ihm der wunderbare Café gourmand. Ein Nachtisch, bei dem ein Espresso mit verschiedenen Köstlichkeiten serviert wird: Ein Bällchen Eis, ein kleines Stück Tarte, eine Miniportion Crème Brûlée, ein Macaron oder ähnliche zauberhafte Kleinigkeiten.

Ich ziehe die Augenbraue hoch. „Kaffee und Eis zusammen? Das geht auf keinen Fall.“ „Wieso nicht?,“ fragt er. „Na, weil dann entweder das Eis schmilzt oder der Kaffee nicht mehr warm genug ist.“

Er lacht mich an: „Und ich finde es toll, mir mal einfach nicht so viele Gedanken zu machen, sondern die Fülle zu genießen.“ Das klingt so schön: „Die Fülle genießen.“ Aber wie mache ich das?

Valentin meint: „Ich freue mich einfach über den wunderbaren Anblick vor mir auf dem Teller, den jemand so herzallerliebst für mich hergerichtet hat. Ich denke nicht nach, sondern lege einfach los: ein Löffel hier, ein Schluck da. Ich nehme die unterschiedlichen Geschmacksnoten, Düfte und Aromen wahr und finde sie wunderbar.“

Gut, ausprobieren könnte ich es mal: Kopf ausschalten, nicht nachdenken, einfach genießen. Wenn das Eis schmilzt: Na und? Vermutlich ist es trotzdem lecker.

Und ein Sonntag drängt sich für ein solches Experiment ja förmlich auf. Sonntag – ein Tag, an dem ich einfach mal „sein darf. Ich muss nichts, sondern ich bin einfach mal da. Schließlich könnte die Vorlage nicht größer sein: nach der biblischen bildhaften Vorstellung wie Gott die Welt geschaffen hat, ruhte er am siebten Tag. Ich bin also am Sonntag in idealer Gesellschaft beim Sein und Genießen– Füße hoch, einfach in der Gegend rumgucken und womöglich einen Café gourmand genießen.

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