Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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02NOV2023
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Heute feiern wir in der katholischen Kirche das Fest Allerseelen. Während Allerheiligen am ersten November in vielen Bundesländern noch ein offizieller Feiertag ist, ist das Allerseelenfest eher in Vergessenheit geraten. Schade eigentlich. Für mich geht es bei diesem Fest darum, die Gemeinschaft der Lebenden mit den Toten zu feiern. Denn da gibt es eine Verbindung, die über den Tod hinausgeht. Weil der Tod zwar ein Leben beendet, nicht aber die Beziehungen.

So fühle ich mich auch heute noch mit meinem Vater verbunden, der vor über zwanzig Jahren gestorben ist.

Ich erinnere mich an Gesten, höre sein Lachen und ertappe mich manchmal, wie ich immer noch mit ihm spreche, ihm etwas erzähle oder frage: „Wie würdest Du das jetzt wohl machen, Papa?“.

Und so geht es mir auch mit anderen lieben Verstorbenen, Menschen, die mir nahe waren oder ich müsste besser sagen: sind. Sie haben ihren Platz in meinem Alltag und in meiner Geschichte, mal mehr, mal weniger, aber sie gehören dazu. Dass sie zu uns gehören, unsere Toten, dass wir sie nicht vergessen haben, das feiern wir in der katholischen Kirche heute am Fest „Allerseelen“.

Diesen Gedenktag gibt es schon mehr als tausend Jahre und es haben sich viele Bräuche entwickelt. Ich finde zum Beispiel den gemeinsamen Gräberbesuch schön, den es in vielen Gemeinden noch gibt und der inzwischen meist am Nachmittag von Allerheiligen stattfindet. Dabei werden die Gräber mit Weihwasser besprengt, einem Symbol für das Leben. Am Allerseelengottesdienst berührt mich besonders, dass alle, die aus der Gemeinde im vergangenen Jahr verstorben sind, noch einmal beim Namen genannt werden. Für jeden einzelnen Verstorbenen wird ein Teelicht an der Osterkerze entzündet und vor den Altar gestellt. In manchem Jahr bin ich erschrocken darüber, wie viele es sind und bei manchen Namen zucke ich zusammen, weil ich diesen Menschen gut kannte. Manche Erinnerung an ihn holt mich dann ein. Diese Feierstunde ist für mich tröstlich und traurig zugleich. Tröstlich, weil ich mich in dieser Stunde in eine Gemeinschaft eingebunden weiß und spüre, dass da von anderen etwas mitgetragen und geteilt wird. Auch sie kennen Verlust und Trauer.

Vielleicht müsste deshalb dieses Fest auch eher Aller-Leben heißen, weil wir, die wir hier leben, uns an alle erinnern, die mit uns gelebt haben.

Sie - so hoffen und glauben Christen - sind nach dem Tod geborgen und lebendig in Gott. Und das für immer.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38672
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