Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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30OKT2023
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Spätestens seit es gestern Abend doch erheblich früher dunkel geworden ist als bisher, ist klar: Die Sommerzeit ist endgültig vorbei. Und so schön diese vermeintliche Stunde länger schlafen gestern Morgen war – heute tickt die Uhr wieder normal im Alltagsmodus.

Die Uhr um eine Stunde zurückdrehen, das fasziniert mich irgendwie jeden Herbst aufs Neue. Vielleicht weil da eine gewisse Sehnsucht mitschwingt.

Wie gerne würde ich manchmal die Zeit zurückdrehen - nicht nur eine Stunde. Jetzt gerade würde ich gerne den Sommer festhalten, die langen, leuchtenden Tage und die Wärme, wohl wissend, dass das nicht geht.

Genau so geht es mir mit den Jahreszeiten des Lebens.

Gefühlt bin ich im Spätsommer meines Lebens angekommen. Da geht es mir manchmal auch so, dass ich die Zeit gerne ein wenig zurückdrehen wollte… oder wenigstens anhalten. Ich möchte zwar nicht mehr 20 sein, aber so ein wenig von der Kraft und dem Elan von damals haben. Das wäre fein.

Gleichzeitig verspüre ich eine große Dankbarkeit, für Vieles was immer noch möglich ist. Als meine Oma früher oftmals gesagt hat: „Wenn ich nur jeden Morgen aufstehen kann …“ dachte ich: was sie nur immer hat … Inzwischen ist mir bewusst, dass es alles andere als selbstverständlich ist, Morgen für Morgen aus dem Bett zu kommen und meinen Alltag zu meistern, gut zu Fuß zu sein und noch vieles unternehmen zu können.

Ich bin dankbar für die bereits gelebten Jahreszeiten. Für das, was mir im Frühling, als ich Kind und Jugendliche war, an Geborgenheit und Zutrauen geschenkt wurde. Und vor allem für den großen Sommer meines Lebens: die unbeschwerte Studienzeit, das Glück eine Familie zu gründen und Mutter zu sein, seit 30 Jahren an einem Ort leben und arbeiten zu dürfen, an dem ich mich wohl und heimisch fühle.

Von daher will ich die Uhr auch nicht unbedingt zurückdrehen. Aber Innehalten, dankbar auf all das schauen, was ich Schönes und Gutes erlebt habe. Wieviel liebenswerten und herzensguten Menschen ich begegnen durfte. Was für ein Schatz es ist, dass ich mich ein Leben lang getragen weiß von Menschen, die mir wohlgesonnen sind; und dafür, dass ich vertrauen kann, dass da Einer ist - Gott - der mich auch im Winter nicht fallen lässt, sondern in einen neuen, anderen Frühling begleitet. Das alles gibt mir die Kraft, mutig auf den Herbst und den Winter zuzugehen. Im Jahresverlauf ebenso wie in meinem Leben.

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