Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

23OKT2023
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Als ich das erste Mal im Freundeskreis erzählt habe: „Nach Weihnachten fahre ich ein paar Tage ins Schweigen“, da haben einige gekichert, andere nur eine Augenbraue hochgezogen und gefragt: „Ausgerechnet du fährst ins Kloster, wo man den ganzen Tag nichts redet? Sicher, dass Du das durchhältst?“ Nein, ich war nicht sicher, aber ich wollte es ausprobieren. Deshalb meine Fahrt zu einer christlichen Schwesternschaft, die dazu einlädt, ein paar Tage in Stille zu leben. Ich hatte das Gefühl: Mir fehlt Stille. Ich erlebe so viel Trubel. Und die vielen Worte! Von allen Seiten. Von mir auch. Manchmal denke ich: der Lärm ist nicht nur um mich herum. Er ist auch in mir drin.

Und wenn es für einen Moment doch einmal still ist, und niemand etwas von mir will, dann finde ich das sehr eindrücklich. Es tut mir gut. Es unterbricht das Lärmen. Auch das in mir drin.

Trotzdem: als ich zu der Schwesternschaft gefahren bin, war ich gespannt, ob ich die Stille tagelang aushalten könnte. Dreimal am Tag gab es eine Andacht in einer kleinen Kapelle: Da haben wir zusammen gesungen, gebetet und zugehört, wie jemand aus der Bibel vorgelesen hat. Ich habe gemerkt: ich habe aufmerksamer zugehört, weil ich nicht so reizüberflutet war. Auch innerlich bin ich in diesen Tagen ruhiger geworden.

Das Handy sollte man übrigens die ganze Zeit über aus der Hand legen. Gar nicht so einfach. Wenn in diesen Tagen jemandem die Decke auf den Kopf gefallen ist oder er das Schweigen nicht mehr ausgehalten hat, konnte er sich für ein Gespräch mit einer der Schwestern anmelden. Es kann ja sein, dass in der Stille auf einmal schwierige Fragen in einem laut werden, die sonst im trubeligen Alltag eher verschüttet sind. Damit muss man nicht alleine bleiben.

Mir hat diese Zeit gut getan. So gut, dass ich nach dem ersten Besuch noch mehrfach hingefahren bin. Und im Alltag versuche ich inzwischen auch, solche Zeiten der Stille einzuplanen. Das kann auch einfach mal ein Spaziergang sein, ohne Kopfhörer. Oder ich setze mich in eine Kirche. So geh ich raus aus dem Lärm, schalte die geschwätzige, geschäftige Welt um mich herum ab (das Handy auch!) und fahre mich runter.

Schweigen tut gut, finde ich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38645
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