Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

06OKT2023
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1, 2, 3, 4 – und schon geht´s los. Ich bin bei einem Trommel-Workshop und sitze mit einer Gruppe Menschen, die ich kaum kenne, in einem Kreis. Wir sind mit den unterschiedlichsten Rhythmusinstrumenten ausgestattet – von der Basstrommel bis zur Rassel. In der Mitte des Kreises steht Ricarda. Sie nimmt Blickkontakt auf, zählt beschwingt auf vier, und dann fangen alle gleichzeitig an zu trommeln. Manche ganz vorsichtig, andere wild und laut. Doch ganz schnell wird aus dem chaotischen Getrommel ein gemeinsames Musizieren. Wir finden als Gruppe einen Rhythmus, der uns verbindet, werden mal lauter, mal leiser, sogar Pausen und solistische Einlagen sind möglich. Und das alles ohne Vorkenntnisse oder langes Üben. Ich bin mega erstaunt, dass das geht, und wie viel Spaß das macht.

Ricarda erzählt: „Wir alle haben Rhythmus im Körper. Das erste Geräusch, das wir hören, ist das Herzklopfen unserer Mutter. Und schon im Bauch nehmen wir ihren Atemrhythmus wahr. Es ist also tief in uns verankert, dass wir mit anderen in so eine Art Gleichklang kommen möchten – bei allen Eigenheiten und Besonderheiten, die wir mitbringen.“

Dass das funktioniert, hat Ricarda schon oft erlebt. Seit vielen Jahren trommelt sie z.B. mit demenzerkrankten Menschen im Altenheim. Oder sie wird gebucht für Teambuilding-Maßnahmen in Firmen, für Menschen in Anzug und Kostüm. Doch egal wer da sitzt, ob jemand musikalisch ist oder nicht, das wichtigste, so sagt Ricarda, ist das Vertrauen.

Zum einen das Vertrauen in die Gruppe. Dass da Menschen sind, die etwas Wunderbares schaffen können. Menschen, die den Wunsch in sich tragen, sich mit anderen zu verbinden – auch wenn sie es vielleicht nicht bewusst wissen. Menschen, die Teil der Gruppe sein möchten. Die im Zusammenspiel mit anderen, den eigenen Rhythmus finden, und die merken: ich kann Schwung in die Gruppe bringen oder mich eine Zeitlang zurückziehen und vom Rhythmus der anderen mittragen lassen. Entscheidend ist, dass ich dabei bin.

Neben dem Vertrauen in die Gruppe braucht Ricarda aber auch Vertrauen in sich selbst. In das, was sie kann. In die Begeisterung, die sie für Musik in sich trägt und in die Fähigkeit, schöne Beats aus der Gruppe aufzuspüren und zur Geltung zu bringen.

Komplexe Rhythmen kann ich nach diesem Workshop nicht trommeln, aber ich nehme viel mehr mit: nämlich wie schön Gemeinschaft sein kann. Und was mit Vertrauen alles möglich ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38512
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