SWR3 Gedanken

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17SEP2023
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Ein Mädchen kommt ins Kloster. Das Kind ist acht Jahre alt. Da hatte sie schon Visionen. Heute meinen manche, sie habe unter Migräne gelitten, wegen des Lichts das sie beschreibt: „Ein so großes Licht, dass meine Seele erbebte, doch wegen meiner Kindheit konnte ich mich nicht darüber äußern.“

Vielen ist sie bekannt: Hildegard von Bingen ist heute ‚in‘, vor allem wegen ihrer Kräuterkunde und Rezepte, als Ratgeberin für gesunde und maßvolle Ernährung. Was mich an Hildegard beeindruckt ist, dass sie als erste Frau vom Papst ausdrücklich beauftragt wurde zu predigen.

Später wurde sie heiliggesprochen und zur Kirchenlehrerin erhoben. Sie war Ratgeberin in politischen und öffentlichen Fragen. Eine Frau wie sie, wurde im 12. Jahrhundert nicht selbstverständlich verehrt. Sie selbst begegnete ihren Erfahrungen lange mit Skepsis. Krankheiten, die sie erlebt und eine Stimme, die sie hört, erkennt sie dann doch als Aufforderung, aufzuschreiben was sie in ihren Visionen wahrnimmt.

„Ich sehe diese Dinge nicht mit äußeren Augen
… ich sehe sie vielmehr einzig in meiner Seele,
mit offenen leiblichen Augen,
wachend schaue ich dies, bei Tag und Nacht.“

Sie erleidet also keine Anfälle, sie träumt auch nicht. Die Erscheinungen überwältigen sie und lassen sie zugleich verstehen und erkennen, wie die biblischen Schriften gemeint sind. Heute ist der Todestag der Hildegard von Bingen. Eine Mystikerin mit Herz und Verstand, die das Leben als Ganzes erkennt.

Zitate aus:Christliche mystiker. Von Paulus und Johannes bis Simone Weil und Dag Hammerskjöld, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008, S.67ff

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38414
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