SWR1 3vor8

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20AUG2023
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Wie soll es weitergehen? Wie schaffen wir ein „Miteinander“, statt immer weiter auseinander zu driften?

Eine einfache Antwort wird sich darauf nicht finden lassen, aber die Frage beschäftigt mich. Nicht nur, wenn ich auf unsere Gesellschaft schaue und leider feststellen muss, dass die extremen Positionen zunehmen. Auch mit Blick auf meine Kirche frage ich mich, wie es bei aller Unterschiedlichkeit miteinander weitergehen soll.

Der biblische Text des Propheten Jesaja, der heute in katholischen Gottesdiensten zu hören ist, zeigt eine Richtung.

Jesaja spricht da zu seinem Volk, das nach langer Zeit aus der Fremde nach Jerusalem zurückgekehrt ist. Er möchte den Menschen Mut machen, dass die schweren Zeiten vorbeigehen werden. Denn Vieles ist nicht mehr so, wie es vor dem Exil war. Da wohnen mittlerweile Fremde in Jerusalem, die Gesellschaft hat sich verändert. Auch die Glaubensgemeinschaft ist eine ganz andere. Ich denke, damals haben sich die Menschen wahrscheinlich auch gefragt: Wie soll es weitergehen? Worauf kommt es jetzt an?

Jesaja gibt eine klare Antwort: „Wahrt das Recht und übt Gerechtigkeit!“ (56,1) Jesaja rät also, in dieser Situation auf jeden Fall gerecht zu bleiben. Doch ich frage mich: was ist gerecht? Oder vielmehr: Wann werde ich anderen gerecht? Sicherlich nicht, wenn ich alle gleichbehandle. Was für den einen gut ist, ist für jemand anderen genau das Falsche. Ich glaube, wir werden einander gerecht, wenn wir füreinander da sind. Wenn ich nicht nur nach mir schaue, sondern wenn ich immer wieder mein Herz öffne, um mich in andere einzufühlen. Und wenn ich dabei auch die beachte, deren Leben sich an den Rändern abspielt oder deren Lebensentwurf mir fremd ist.

Und noch etwas ist Jesaja wichtig, deshalb fährt er fort: „Glücklich ist der Mensch, der so handelt und daran festhält! Er hält den Sabbat ein und (…) hütet sich, irgendein Unrecht zu tun.“ (Jes 56,2).

Hier kommt der Sabbat neu ins Spiel – der Ruhetag der Juden. Vielleicht pocht Jesaja deshalb so darauf ihn einzuhalten, weil er für die Menschen eine wichtige Funktion hat. Am Ruhetag habe ich Zeit über das Leben und über das Zusammenleben nachzudenken. Ich kann meine Freundschaften pflegen, ich kann mich um andere und um mich selbst kümmern. Und ich kann mir bewusstwerden, dass es etwas gibt, das größer ist als ich.

Für das Zusammenleben rät Jesaja also: Sich um Gerechtigkeit bemühen, nichts Böses tun und sich einen Tag in der Woche eine Auszeit nehmen. Vermutlich braucht es für ein gelingendes Miteinander noch etwas mehr, doch ich finde, das ist eine sehr gute Basis.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38205
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