SWR2 Wort zum Tag

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01SEP2023
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Wenn man als Paar miteinander alt wird, kann sich da noch etwas Neues entwickeln? Mir fällt dazu die biblische Geschichte von Abraham und Sara ein. Gott hat Abraham einst gerufen, seine Heimat zu verlassen. Da waren er und seine Frau schon nicht mehr die Jüngsten. Trotzdem sind sie aufgebrochen, weil Gott ihnen Land und viele Nachkommen verheißen hat. Das liegt nun lange zurück. Sie sind im Land angekommen, doch Sara ist kinderlos geblieben. Jetzt sind sie alt und haben sich bei den Eichen von Mamre niedergelassen. Abraham sitzt im Schatten der Bäume und Sara werkelt im Zelt. Da kommen drei unbekannte Männer vorbei, und nach guter orientalischer Manier heißt sie Abraham willkommen und bewirtet sie großzügig. Sara soll schnell ein paar Brote backen. Während sie backt, lauscht sie im Zelt, was die Fremden zu erzählen haben, denn normalerweise passiert nicht mehr viel in ihrem Leben.

Auf einmal hört sie den einen fragen: „Abraham, wo ist deine Frau Sara?“ Und er fährt fort: „In einem Jahr komme ich wieder, dann wird deine Frau Sara einen Sohn haben.“ Sara ist perplex: Wie soll sie noch ein Kind bekommen? Über dieses Alter ist sie weit hinaus. Sie lacht, aber es klingt bitter. So lange hat sie schmerzlich darauf gehofft, schwanger zu werden. Der Fremde hat an dieser alten Wunde gerührt. Eigentlich hatte sie längst damit abgeschlossen.

Mich berührt diese Szene. Als erstes die Frage an Abraham: Wo ist deine Frau Sara? Weiß er überhaupt noch, wo seine Frau innerlich ist, was in ihr vorgeht? Und dann die Verheißung: Sara wird ein Kind bekommen – trotz ihres hohen Alters. Das kann ich auch symbolisch verstehen. Es wird sich etwas ereignen, das die beiden, die einander fremd geworden sind, wieder miteinander verbindet. Dazu müssen sie sich ihren Lebenswünschen stellen. Das tut weh. Aber so kommen sie auch in Bewegung. Abraham und Sara sind bereit sich zu öffnen. Abraham heißt die Fremden willkommen und Sara lauscht.

Daraus lese ich auch eine Hoffnung für alte Paare: miteinander alt zu werden muss nicht bedeuten, dass sich nichts mehr ereignet. Wenn man offen bleibt und den Sehnsüchten Raum gibt, kann das Leben immer noch einige Überraschungen parat haben.

So wie bei Sara und Abraham. Sie bekommen tatsächlich noch ein Kind, den Isaak. In dem Namen steckt das hebräische Wort für Lachen. Mit ihrem Kind im Arm sagt Sara: „Gott ließ mich lachen und jeder, der davon hört, wird mit mir lachen.“

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