SWR4 Abendgedanken

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19JUL2023
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„Ich bin doch nicht aus Zucker!“ Das sage ich, wenn mir jemand zu wenig zutraut. Dabei könnte ich als Christin eigentlich noch viel besser kontern. Und zwar mit dem Satz: „Hey, ich kann das, ich bin aus Salz.“ In der Bibel jedenfalls macht Jesus seinen Freunden dieses ungewöhnliche Kompliment. Er sagt: „Ihr seid das Salz der Erde.[1]

So wie meine Spaghetti im Topf, ist also laut Jesus auch diese Welt gesalzen – und zwar durch die Menschen.

Dieses gar nicht mal so süße Bild beschreibt für mich sehr gut, was es heißt, in dieser Welt als Christin zu leben. Denn ob die Nudeln gesalzen sind oder nicht – das sieht man ihnen erstmal nicht an. Und so sieht man auch einem Menschen nicht an, ob er glaubt oder nicht. Nur „schmeckt“ dieser Mensch vielleicht irgendwie anders. Denn ein Christ kann sich und sein Umfeld mit der Art und Weise würzen wie er oder sie lebt. Und da ist die Dosis entscheidend.

In der Sprache des biblischen Bildes wäre ein religiöser Fanatiker allerdings ein Mensch, der nur Salz löffelt. Einer, der alle Bereiche seines Lebens ausschließlich auf seine Religion reduzieren will und nichts anderes gelten lassen kann.

Umgekehrt sagt Jesus aber auch: „Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr.“[2]

Ich verstehe Jesus da so: Wenn das Salz nicht mehr nach Salz schmeckt, dann bleibt das Essen fad. Wenn ich also meinen Geschmack oder meinen Glauben verliere, dann fehlt das, was ich eigentlich von Gott her beizutragen habe. Das mag vielleicht gar nicht so viel sein. Aber das, was jeder und jede ganz persönlich von Gottes Liebe weitergibt, das kann von nirgendwo anders hergeholt werden.

Und noch etwas spricht mich in diesem Vergleich mit dem Salz an: Salz erschafft in der richtigen Dosis keinen neuen Geschmack. Salz hebt nur auf geheimnisvolle Weise den Geschmack hervor, den das Essen bereits hat.

Und so verstehe ich mein Christ-sein: Ich füge der Welt nichts Fremdes hinzu, sondern ich will das hervorheben, was schon an Gutem vorhanden ist. Das heißt für mich beispielsweise, liebevoll die Stärken in einem Menschen sehen, Verständnis zeigen und meine Mitmenschen anerkennen und fördern.

Denn das traut mir Jesus zu, wenn er sagt: „Ihr seid das Salz der Erde.“

 

[1] Mt 5, 13.

[2] Ebd.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38053
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