SWR3 Gedanken

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01JUL2023
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Franka und Olivia tanzen in der Kirche ihren Freedom-dance. Sie haben ihn einstudiert auf unserer Konfifreizeit. Kraftvoll und konzentriert, sie springen, wirbeln herum in kurzen Hosen, brüllen ‚freedom!‘ Sie tanzen im Altarraum, unter dem Kreuz und inmitten von Bildern, die von Künstlerinnen, von Kindern und Jugendlichen im Iran gemalt wurden.

Ein ganzes Wochenende haben wir mit den Jugendlichen darüber geredet, wie es den Menschen im Iran geht. Von den Protesten, die im Herbst angefangen haben, als Jina Mahsa Amini erschlagen, ermordet wurde, weil ihr Kopftuch die Haare nicht richtig bedeckte. Von Kindern, die an den Schulen vergiftet werden, weil sie gegen die Macht der Mullahs demonstrieren. Von Frauen, die vergewaltigt und weggesperrt werden, weil sie ihre Meinung sagen. Alle sechs Minuten wird jemand hingerichtet im Iran. Dennoch: die Proteste gehen weiter. Frauen tragen keine Kopftücher mehr. Menschen tanzen auf den Straßen. Paare küssen einander. Alles verboten. Und wir, wir schauen nicht mehr hin.

Die Konfis sind sehr beeindruckt von diesem Kampf der Iraner*innen um Freiheit. Sie haben Gebete geschrieben, Theaterszenen, Bildbetrachtungen und dann dieser Tanz. Nach dem Gottesdienst geht Anahita auf die Jugendlichen zu. Sie dankt ihnen. Anahita selbst musste fliehen als Kind mit der Familie aus dem Iran. Sie erklärt den Jugendlichen, wie viel es für sie bedeutet, dass die an die Menschen in ihrem Land denken. Dann erzählt sie ihnen noch: Im Iran ist ein Paar verurteilt worden für einen Tanz. 30 Sekunden auf der Straße, ohne Kopftuch, ohne Furcht. Einfach so tanzen, so viel Mut gehört da dazu. 10 Jahre Gefängnis ist die Strafe dafür.

So viel Freiheit genießen wir hier. Freiheit beinhaltet auch Verantwortung, für andere auf- und einzustehen. Zuhören. Hinsehen. Für sie beten oder tanzen wie Franka und Olivia – einfach weil wir es können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37910
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