SWR2 Wort zum Tag

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12JUN2023
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Im ersten Buch Mose wird das Paradies beschrieben. Sie kennen das: Gott legt einen Garten an, bepflanzt ihn liebevoll, und setzt da die ersten Menschen hinein, dazu alle Tiere. Eine heile Welt.

Auf eine wenig beachtete Kleinigkeit will ich heute Ihren Blick lenken. Da heißt es nämlich auch: Ein Strom geht vom Garten Eden aus. Der teilt sich in vier Flüsse: in den Pischon, den Gihon, den Euphrat und den Tigris. (1.Mose 2,10-13)

Die letzten zwei kennen wir als große Ströme, die durch die Türkei, Syrien und den Irak fließen. Der Gihon ist ein kleiner Bach in Jerusalem. Der Legende nach soll er ein Reich in Nordafrika umfließen. Und über den Pischon gibt es seit jeher alle möglichen Ansichten: die einen hielten ihn für den Ganges (Josephus), andere für den Nil (Raschi), wieder andere für den Aras im Kaukasus oder für einen Wadi bei Medina.
Wenn ich mir diese Flussverläufe auf einer Landkarte vorstelle, gibt das eine völlig verrückte Anordnung und überhaupt keinen Sinn. 
Wenn ich sie aber nicht geographisch verstehe, bekommt das eine tiefe Bedeutung.
Und zwar diese: Da und dort – kann sein – erreichen Ströme aus dem Garten Eden die Menschen. Genaues kann man nicht sagen!

Freilich: In der Bibel geht es nicht nur um eine heile Welt, sondern auch um Bedrohungen und Verwüstungen. Doch immer wieder stellt sie sich quer zu der Grundstimmung, die Erde sei ein verlorener Ort und bald unbewohnbar.
Am Anfang und am Ende der Zeiten steht in der Bibel eine Welt, in der Menschen und alle Geschöpfe in Frieden beieinander leben können.

Heute scheint die Vorstellung vom Garten Eden in weite Ferne gerückt. Unerreichbar. Aber kann es nicht sein, dass das Paradies doch bis zu uns reicht – in unsere Tage?  Für mich steht dafür der vierte Fluss, der Pischon, der sich so gar nicht lokalisieren lässt. Vielleicht fließt er durch dein Land, in deiner Nähe, vor deiner Tür...

Vor kurzem habe ich an einer Studienreise durch das konfliktreiche Bosnien-Herzegowina teilgenommen. Unsere Gesprächspartner-innen sagten immer wieder: „Erzählt, wenn ihr heimkommt, nicht nur von den Spannungen, sondern auch von der Schönheit unseres Landes.“ Und genau das will ich auch vom eigenen Land tun:
Ich will davon erzählen, was für großartige Menschen hier wie dort friedlich zusammenleben. Niemand muss hungern – dort und hier nicht. Wie prächtig stehen Bäume und Büsche in frischem Grün. Wie leuchten die Augen der kleinen Kinder.

Für mich sind die vier Flüsse aus dem Garten Eden ein Hingucker: Lass dir die Welt nicht schwarzmalen! Sieh auch auf ihren wunderbaren himmlischen Glanz!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37825
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