SWR2 Wort zum Tag

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29MRZ2023
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Eine kurze Geschichte zu Beginn: Zwei junge Fische schwimmen im Meer zusammen in eine Richtung. Da treffen sie zufällig einen älteren Fisch, der ihnen zunickt und sie fragt: „Na Jungs, wie ist das Wasser?“ Die beiden jungen Fische reagieren nicht darauf und schwimmen weiter. Nach einer Weile fragt der eine den anderen: „Was um alles in der Welt ist Wasser?“

Soweit die Fabel des amerikanischen Schriftstellers David Foster Wallace. Sie spricht etwas typisch Menschliches an.

Da sind die beiden jungen Fische. Sie stehen für die Menschen als Gewohnheitstiere. Jeder hat seine eigene Welt, seine gewohnte Umgebung. Und da gibt es vieles, was unseren Alltag erst möglich macht. Wenn ich so eine gewisse Naivität mitbringe, dann nehme ich das einfach ganz selbstverständlich hin. Und wenn nicht ein älterer Fisch mit viel Lebenserfahrung kommt und einen Hinweis gibt, dann bemerke ich das ganze Wasser um mich herum vielleicht nie.

Ja, das kenne ich. Ich denke nicht immer daran, wie entscheidend es ist, dass ich ein Dach über dem Kopf habe, dass ich eine Arbeit habe, die zum Leben reicht, und dass ich Menschen habe, die mir wichtig sind. Da bin ich schon wie der Fisch, der nicht das Wasser kennt, das ihn am Leben hält und es überhaupt ermöglicht. Aber das Wasser ist eben doch da.

Deshalb rede ich gern mit Menschen mit viel Lebenserfahrung wie meine Großmutter oder ältere Menschen, die ich in meiner Arbeit in der Pfarrei treffe. Was sie zu sagen haben, weitet meine Perspektive. Ich kann dann manchmal wieder besser wahrnehmen, was um mich herum ist und was mein Leben so möglich macht, wie es ist: unsere Demokratie zum Beispiel und das freie Leben, das ich in Deutschland leben kann. Die ganze Gesellschaft, die mich trägt, auch wenn sie an manchem gebrochen ist, meine Gesundheit, meine Freundschaften, mein Glaube. All das ist das Wasser, in dem ich schwimme.

Wenn mir ein älterer Fisch entgegengeschwommen kommt und eine weise Bemerkung für mich übrig hat, kann ich meistens davon profitieren. Das kann aufrütteln und wieder neu aufmerksam machen.

Ab und zu treffe ich meinen Freund Martin. Ich weiß gar nicht, ob er die Fabel von den drei Fischen kennt, aber sie passt gut zu ihm. Wenn ich ihn treffe, frage ich ihn immer zuerst: „Wie geht es dir?“ Dann lächelt Martin mich an und antwortet: „Ich bin zufrieden wie ein Fisch im Wasser.“

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